Straßburg/Märkischer Kreis.
Welche Auswirkungen der Stabilitätspakt und weitere Beschlüsse des Europaparlaments für Südwestfalen haben, diskutierten Zeitungsredakteure aus dem Märkischen Kreis mit Dr. Peter Liese, weiteren EVP-Abgeordneten und Energie-Kommissar Günther Oettinger in Straßburg. Dabei ging es auch um das brisante Thema Griechenland.
„Ich bin Bauer“, sagt Joseph Daul: „Wenn man da im Schlamassel steckt, zieht man die Stiefel an und sieht zu, dass man wieder rauskommt.“ Die Stiefel, mit denen die EU sich aus der Schuldenkrise befreien könnte, liegt nach Ansicht des Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP / Christdemokraten) in einer europäischen Wirtschaftsregierung.
Mit diesem Schritt könnten die Spargroschen jedes Einzelnen gesichert werden. Mit der Verschärfung des EU-Stabilitätspaktes sei Europa auf dem richtigen Weg, ist der Elsässer mit dem CDU-Europaabgeordneten für Südwestfalen, Dr. Peter Liese, einig.
„Würden wir den Schlachthof mit 160 Beschäftigten von Straßburg ein paar Kilometer weiter nach Baden-Württemberg verlagern, könnten wir 700 000 Euro im Jahr sparen“, skizziert Joseph Daul eine Schieflage, die auch Unternehmen und Beschäftigte aus Südwestfalen treffen könnte. Daul: „So etwas lässt sich nur mit einer Wirtschaftsregierung verhindern.“ Peter Liese sieht Europa am Scheideweg: „Entweder wir 27 einigen uns, oder die Welt wird zwischen China und den USA aufgeteilt.“
Das Parlament der 500 Millionen Europäer könne ungleich viel mehr ausrichten, als jedes Mitgliedsland für sich. Da sich die Abgeordneten häufig mehr ihrem Heimatland als ihrer politischen Fraktion verpflichtet fühlen, seien die Ängste vor europäischen Regelungen oft unbegründet. „Wenn wir im Falle Griechenlands Fehler machen und die Lage außer Kontrolle gerät“, sagt Liese, „wäre Südwestfalen besonders betroffen, denn unsere Arbeitsplätze sind sehr exportabhängig.“
863 Abgeordnete im EU-Parlament
Einmal im Monat kommen die 863 Abgeordneten des Europaparlaments in Straßburg (Frankreich) zusammen. Vier Tage haben die Politiker, die sonst in Brüssel arbeiten, dann Zeit, wichtige Entscheidungen zu treffen. In der vergangenen Woche haben sie ein Gesetz beschlossen, das den 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union dabei helfen soll, Finanzkrisen künftig zu vermeiden.
Jeder EU-Politiker nimmt ein bis drei Mitarbeiter mit nach Straßburg. Außerdem sind viele Dolmetscher nötig. In den 27 Mitgliedsländern der EU werden nämlich 25 verschiedene Sprachen gesprochen. Jede Rede eines Politikers wird deshalb in 24 andere Sprachen übersetzt.
Die Schulden, die im Fall einer Pleite abgeschrieben werden müssten, seien eben nicht anonym. So sei zum Beispiel die Altersversorgung der Landesbediensteten in NRW zum Teil auf griechische Staatsanleihen aufgebaut. Gilt der Stabilitätspakt der Verhinderung weiterer Finanzdebakel, so zielt die Energieeffizienzdebatte des EU-Parlaments auf die Einhaltung der Klimaschutzziele bis 2020.
Oettinger setzt auf Anreize und Förderung
Energie-Kommissar Günther Oettinger setzt auf Anreize und Förderung, in zweiter Linie auf Druck. Mit welchen Fallstricken das wiederum für die Regionen verbunden ist, machte Liese in einer Parlamentsdebatte deutlich. „Ich versuche, besonderes energieintensive Branchen wie die Zement-, Draht- und Aluminium-Industrie von den Auswirkungen der Effizienzregelungen ein wenig zu entlasten“, erklärte er den Journalisten.
So diffizil die EU-Regelungen auch erscheinen, so sehr sind sie von Kompromissen für die Regionen getragen. Landwirt und EVP-Chef Joseph Daul sieht es mit Blick auf Griechenland und die Folgen gelassen: „Eine Katastrophe, die angekündigt ist, kommt nicht.“