Essen. . Wenn die Kinder eingeschult werden, müssen auch die Eltern mitlernen, denn die Grundschule hat sich verändert. Eingangsstufe, Einstern, Sommer-Stumpenhorst - ein kleiner Wegweiser durch den Dschungel der Konzepte.
Ihr Kind wird heute eingeschult? Als Mutter oder Vater werden sie mitlernen müssen. Denn die Grundschule hat sich verändert. Eingangsstufe, Einstern, Sommer-Stumpenhorst – die neuen Konzepte polarisieren. Und könnten zu ungewöhnlichen Verhaltensweisen führen.
Wundern Sie sich nicht, wenn das Kind seine Hausaufgaben unter dem Esszimmertisch erledigen will. In der Schule darf es das schließlich auch, jedenfalls in den Freiarbeitsstunden. Wie genau die ausgestaltet sind, ist natürlich von Schule zu Schule unterschiedlich. Wie überhaupt die Freiheit der Schulen zugenommen, auszuwählen aus der Vielzahl der Konzepte. Allgemein kann man festhalten: Es ist eine „Montessorisierung“ im Gange. Also: Hilfe zur Selbsthilfe statt Frontalunterricht. Das Kind als „Baumeister seines Selbst“.
Das lernkompetente Kind darf also mitunter auf dem Boden lesen. Auch liegend lernen. Es ist die Aufhebung des Unterrichts, wie man ihn kannte. Achten Sie mal darauf, die meisten Klassenräume haben nun größere, offene Regale für die Unmengen neuer Arbeitsmaterialien. Nun werden Projekte, Gruppen, Stationen gebildet, welch ein Gewusel. Und der Lehrer fördert dort, wo es nötig ist.
Wenn er es richtig macht. Die beliebteste Kritik an diesem Konzept geht so: Die Lehrerin nutzt die „freie Zeit“, um Arbeiten zu korrigieren.
Neid und Druck
Wundern Sie sich also auch nicht, wenn Ihr Kind etwas ganz anderes lernt, als der Nachbarjunge. Sie sind alle kleine „Einsterns“. Dieses Mathematik-Konzept setzt ebenfalls darauf, dass Kinder Themenhefte in ihrem ganz eigenen Tempo durchgehen. Der Vorteil: Mehr Freude am Lernen. Die Kritik: Je individueller auf die Kinder eingegangen werden soll, desto individueller muss auch ein Lehrer arbeiten können. Ein prinzipieller Einwand, der auch die „Eingangsstufe“ betrifft, also die an einigen Schulen zusammengelegten Klassen eins und zwei. Der unterschiedliche Lernstand erzeuge Neid und Druck. Eltern glauben dann, die eigentliche Lehrarbeit übernehmen zu müssen. Kinder mit zwei berufstätigen Eltern wären dann benachteiligt.
Sie haben nun sicher das Muster verstanden und wundern sich auch nicht mehr, dass die Lehrerin die Krakeleien Ihres Kindes im Deutschunterricht lobt. Es geht um individuelle Förderung. Um Motivation. Darum darf das Kind auch erst mal drauflosschreiben, Dehnungs-H hin oder her. Motto: „Fehler sind nichts Schlimmes“. Wenn das Sprachgefühl stimmt, kommt die Rechtschreibung nach und nach hinzu. „Lesen durch Schreiben“ heißt der Oberbegriff für diese durchaus umstrittenen Konzepte.
Aerobic beim Liedchensingen
Besonders „Sommer-Stumpenhorst“ steht in der Kritik. Das Konzept des gleichnamigen Pädagogen ist eigentlich auf sechs Jahre angelegt, einige Schüler werden nach vier Jahren mit deutlichen Schwächen in ein anderes System entlassen. Viele Eltern berichten aber auch von positiven Erfahrungen: Die Kinder denken demnach inhaltlicher über Texte und Rechtschreibung nach. Bleibt zu hoffen, dass das Kind auch diese Empfehlung von Sommer-Stumpenhorst beherzigt: „Schreib wie Du sprichst – aber sprich deutlich und hochdeutsch.“
Aber vielleicht kommt Ihr Kind auch bald nach Hause und sagt: „You say goodbye and I say hello“. Wundern Sie sich nicht, denn schon in der ersten Klasse wird oft Englisch gelernt. Spielerisch zunächst und mündlich, mit Hilfe von Liedern und Handpuppen.
An Aerobic erinnert dieses Konzept, wenn es kombiniert wird mit dem der „Bewegten Schule“. Überhaupt sind Musik und Kunst stärker fächerübergreifend integriert. Wie auch die Arbeit am Computer. Wundern sie sich also nicht, wenn Ihr Kind sich Ihren Beamer für seine erste Power-Point-Präsentation ausleihen will. Das soll vorkommen.