Essen. . Der Sommertag in NRW endete mit Unwettern: Aus den Niederlanden ist am Donnerstagabend eine Gewitterfront in Richtung Nordosten über Nordrhein-Westfalen hinweggezogen. Straßen wurden überflutet, der Bahnverkehr massiv gestört.
Auf den schwülwarmen Sommertag folgte eine unruhige Nacht: Vom frühen Abend an sind von Westen her Unwetter über Nordrhein-Westfalen gezogen. Die Unwetterzentrale rief zunächst für große Teile des Niederrheins und rund um Düsseldorf die Warnstufe Rot aus, im Norden Aachens galt gegen 19 Uhr gar die höchste Warnstufe Violett – „extrem starke Unwetter“. Beinahe im Minutentakt vergrößerte sich die rote Fläche auf der Karte der Unwetter-Warner. Um kurz nach 20 Uhr war nur noch der äußerste Süden und Westen des Landes ausgenommen von den Warnungen.
Die heftigen Gewitter blieben nicht ohne Folge: Die Bahn meldete am Abend "starke Beeinträchtigungen des Betriebsablaufs", einzelne Züge hatten bis zu 60 Minuten Verspätung wegen der Unwetter. Manche Züge hatten keinen Strom, andere wurden durch Äste und Baumteile auf den Schienen aufgehalten. Auf 20 Strecken in NRW gebe es wegen der Unwetter massive Beeinträchtigungen, so die Bahn. Bei Duisburg sei ein Baum auf einen Zug gestürzt. Via Twitter meldet ein Pendler gegen 20 Uhr, dass der Oberhausener Bahnhof wegen Unwetterschäden vorübergehend gesperrt sei.
Sorge um Diskothek "Zwischenfall" in Bochum
Auf der A52 von Düsseldorf in Richtung Essen mussten laut Landesleitstelle der Polizei Fahrstreifen wegen Überflutungen gesperrt werden. Die Feuerwehren im Kreis Wesel etwa fuhren Dauereinsätze: In Voerde habe es einen Dachstuhlbrand nach Blitzeinschlag gegeben, hieß es. Anderswo waren Baugerüste und Bäume umgestürzt. Allein in Essen zählte die Polizei am späten Abend etwa 60 bis 70 Einsätze. Die größten Probleme hätten überflutete Straßen bereitet. Bei der Feuerwehr in Dortmund wurde "Vollalarm" ausgelöst - alle verfügbaren Kräfte waren im Einsatz. Heftige Windböen hätten wiederholt für Fehlalarme an Brandmeldeanlagen gesorgt.
Kein Fehlalarm dagegen in Bochum: Dort bekämpfte die Feuerwehr am Abend den "ausgedehnten Dachstuhlbrand" eines Wohnhauses im Stadtteil Langendreer. Aus ungeklärter Ursache sei gegen 19 Uhr an der ein Feuer in einem Dachstuhl ausgebrochen. Menschen seien beim Eintreffen der Feuerwehr nicht mehr gefährdet gewesen; allerdings hätten sich die Löscharbeiten schwierig gestaltet. "Der Brandherd konnte erst nach einiger Zeit lokalisiert und erreicht werden", teilte die Feuerwehr mit. Die Bewohner des Hauses wurden in einem umfunktionierten Linienbus vor dem Unwetter in Sicherheit gebracht. Die Löscharbeiten dauerten am späten Abend noch an.
Im betroffenen Haus ist auch die Diskothek "Zwischenfall" beheimatet. Ob der vor allem bei der Schwarzen Szene überregional beliebten Club Schaden davonträgt, war am späten Abend noch offen. "Da keiner außer der Feuerwehr ins Haus darf können wir noch nicht sagen wie es bei uns aussieht und ob das Haus zu retten ist", hieß es auf der Facebook-Seite der Disco.
Tote in Belgien
Insgesamt habe es zusätzlich zu dem Großbrand noch rund 100 Unwetter-Einsätze gegeben, berichtete die Feuerwehr - alles "unwettertypische Einsatzlagen wie voll gelaufene Keller und entwurzelte Bäume, sowie Verkehrsstörungen durch große Wassermassen".
Massive Probleme auch am Flughafen Düsseldorf: Während das Gewitter vorbeizog, mussten sämtliche Starts und Landungen vorübergehend eingestellt werden. Die Lufthansa annullierte Flüge nach Frankfurt, Madrid und München, Air Berlin einen Flug nach Hamburg; mehrere Flieger warteten voll besetzt auf dem Rollfeld auf ihre Startfreigabe.
In Belgien forderte die Unwetterfront offenbar mehrere Tote: Bei einem Sturm während eines Open-Air-Festivals kamen Behördenangaben zufolge mindestens drei Menschen ums Leben. Das Unglück ereignete sich während es Pukkelpop-Musikfestivals in der Nähe von Hasselt, wie die Tageszeitung "DH" berichtete.
Unterführungen unter Wasser
„Unterführungen und Straßen stehen bereits voll, Kanalisation kommt kaum noch nach“, hatte bereits am früheren Abend ein Nutzer aus Voerde auf der Homepage der Unwetterzentrale gemeldet. Im Sekundentakt blitze es. In Uedem habe es mehrere kurze Stromausfälle gegeben, berichtet ein anderer Bürger. Später am Abend gab es schließlich auch vermehrt Meldungen aus dem Ruhrgebiet, dem Münster- und Sauerland. Die Beobachtungen ähnelten sich: Starkregen mit vielen Blitzen, orkanartige Böen. Aus Iserlohn berichtete gar ein Nutzer, dass es kurzzeitig so ausgesehen habe, "als habe sich im Bereich Schwerte/Dortmund ein Tornado/eine Windhose gebildet". Aus den Kreisen Unna und Soest meldeten Bürger Hagelschauer, in Weeze war sogar die Rede von "hühnereigroßen" Hagelkörnern.
Auch auf der DerWesten-Facebook-Seite tauschten sich Nutzer über den aktuellen Stand der Dinge aus. Duisburg, Mülheim und Oberhausen, Essen, Gladbeck und Herne - um kurz nach 20 Uhr gab es im Ruhrgebiet kaum eine Stadt, aus der nicht heftige Regenfälle, Blitz und Donner gemeldet wurden. Eine Nutzerin berichtete bei Facebook von drei Blitzeinschlägen mit "ohrenbetäubendem Knall" innerhalb einer Viertelstunde in Essen-Frohnhausen. Andere erzählten von umgestürzten Bäumen entlang der A40 zwischen Duisburg und Moers, von Stromausfällen und Weltuntergangsstimmung."Es gibt also nicht nur schwarz, sondern auch dunkel-schwarz", scherzte ein Nutzer über den stockfinsteren Himmel.
"Ein richtig großer Gewitterbatzen"
„Es ist heute den Tag über lange verhältnismäßig ruhig geblieben“, sagte Oliver Klein vom Wetterdienst Meteomedia am Abend im Gespräch mit DerWesten. Die strahlende Sonne sei das Problem: Luftmassen hätten sich so aufheizt, dass sich über Belgien „ein richtig großer Gewitterbatzen“ gebildet habe. Der sei am Nachmittag über den Südwesten der Niederlande zum Niederrhein gezogen und habe sich danach, so Meteorologe Klein, weiter gen Osten ausgebreitet.
Und wie geht’s weiter? Die Unwetter zögen sicherlich noch bis in die zweite Nachthälfte durch Nordrhein-Westfalen, prognostizierte Oliver Klein am Abend. Am Freitagvormittag gebe es dann noch einige letzte Schauer, am Nachmittag beruhige sich das Wetter dann wieder. Es werde freundlicher, aber nicht mehr so warm: 18 bis 22 Grad. (we)