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Beim Bund der Steuerzahler beschweren sich immer mehr Bürger über langsam bearbeite Steuererklärungen. Bis zu einem halben Jahr müssen manche Bürger auf Rückzahlungen warten. Ein Grund: Viele Finanzbeamte sind derzeit krank.
Wer bei seinem Finanzamt anruft, der bekommt derzeit zunächst einmal die Wartemelodie zu hören. „Herzlich willkommen in Ihrem Finanzamt. Die Telefonvermittlung ist zur Zeit belegt.“
Bitte warten. In einer Stadt ist nach zehn Sekunden ein Mitarbeiter in der Leitung, woanders bleiben mehrere Versuche erfolglos. Am Telefon mag die Geduld noch groß sein. Doch wenn es um die Steuerrückzahlung geht, wird mancher Bürger ungeduldig. Beim Bund der Steuerzahler häufen sich die Beschwerden, dass die Bearbeitung der Steuererklärungen in diesem Jahr wesentlich länger dauere, berichtet Vorstandsassistent Rik Steinheuer.
„Das kann ich so pauschal nicht bestätigen“, erwidert Holger Brinkmann, Leiter des Finanzamts Bochum-Mitte. Nun sei immer der Einzelfall entscheidend. Je nachdem, wie viele Rückfragen das Amt zur jeweiligen Steuererklärung habe, könne die Bearbeitung zwischen vier Wochen und sechs Monaten schwanken. Doch ein Anstieg der Bearbeitungszeit sei „nicht signifikant“, so Brinkmann.
Franz Schulze, Dienststellenleiter in Bottrop, stimmt Brinkmann zu. Zwischen einem Monat und einem halben Jahr dauere die Bearbeitung auch in Bottrop, da sei man „nicht schlechter“ geworden. Zahlen, die andere Finanzamtsleiter bestätigen.
Zwischen einem Monat und einem halben Jahr
Allerdings kommt der Gelsenkirchener Werner Becker zu einem anderen Ergebnis: „Insgesamt dauert die Bearbeitung schon länger“, gibt er zu. Ein Grund dafür: Die Umstellung auf die elektronische Lohnsteuerkarte (ELStAM). Denn damit mussten die Finanzämter Aufgaben der Kommunen übernehmen – bei gleichem Personal. Wer früher Probleme mit der Steuererklärung hatte, der wurde in den Bürgerbüros betreut. Jetzt geht er zum Finanzamt.
„Wir haben einen zusätzlichen Publikumsverkehr von 10 045 Menschen in den ersten acht Monaten dieses Jahres“, rechnet Werner Becker vor. Ab 2012 erwartet er allerdings Besserung: Dann soll die Lohnsteuerkarte vollelektronisch funktionieren.
Auch das Oberhausener Amt muss mit mehr Besuchern klar kommen. 500 bis 700 Menschen mehr kämen jeden Monat vorbei – die zusätzlichen Anrufe noch nicht mitgerechnet, so Dienststellenleiter Martin Deinert.
Steuererklärung kann in vier Wochen fertig sein
Außerdem müssen die Finanzämter mit weniger Personal für die Steuererklärungen der Bürger auskommen. Die Landesregierung hat eine Umverteilung von 200 Mitarbeitern in den Bereich der Betriebsprüfungen beschlossen. Das Problem hier: „Betriebsprüfer können wir nicht von draußen bekommen, weil das kein Ausbildungsberuf ist“, sagt Werner Becker in Gelsenkirchen. Zwar seien auch neue Ausbildungsplätze geschaffen worden. Doch bis diese Azubis in drei Jahren fertig seien, müssten eben Innendienstler abgezogen werden. Ein bis zwei seien das pro Dienststelle. „Das sollte man aber nicht überbewerten“, sagt der Oberhausener Kollege Martin Deinert.
Also doch ein anderer Grund? „Man hört von hohem Krankenstand bei Finanzbeamten“, sagt Rik Steinheuer vom Bund der Steuerzahler. „Das kann ich nicht bestätigen“, entgegnet Werner Becker.
Doch wie kommt die unterschiedliche Bearbeitungszeit von einem bis sechs Monaten wirklich zustande? Die Steuererklärung werde zunächst von einer Maschine geprüft, die Daten mit denen des letzten Jahres abgleicht, erzählt Werner Becker. Finde sich keine Abweichung, werde die Erklärung freigegeben. „Dann kann sie nach vier Wochen fertig sein“, so Becker. Treten aber Veränderungen auf, dann kommt ein Finanzbeamter ins Spiel, der die Daten überprüfen muss. Und der Schriftverkehr mit dem jeweiligen Steuerberater könne dauern – eben bis zu sechs Monate.
Späte Rückgabe der Steuerberater
Doch jeder Fall ist anders. „Der Bürger fühlt sich benachteiligt, wenn die Erklärung im letzten Jahr schnell bearbeitet wurde und nun länger braucht“ – Martin Deinert kann das verstehen. Für mehr Beschwerden beim Bund der Steuerzahler hat er übrigens eine eigene Erklärung: „Das ist eine Reaktion auf die immer spätere Rückgabe durch die Steuerberater. Denen haben wir gesagt, sie sollen die Unterlagen früher abgeben. Und nun sagen die: Dann sollt ihr die bitte auch schnell bearbeiten.“ Und Unterschiede in der Bearbeitungszeit werde es immer geben. Martin Deinert hat eine Standardfrage, die er jedem neuen Auszubildenden stellt: „Wenn jeder Bürger einen eigenen Bearbeiter hätte, wären wir dann gerecht?“ Bisher haben alle Azubis mit „ja“ geantwortet.