Dorsten. Er ist Pädagoge mit Leib und Seele. Die schweren Fälle liegen ihm besonders am Herzen. Uwe Stadler ist als Superlehrer für SAT1 im Rennen. Stadler weiß, "dass die Kunst des Lehrers da anfängt, wo's schwierig wird."
Es waren Tränen der Rührung, die ihm da spontan über die Wangen kullerten. Ein weinender Super-Lehrer Uwe Stadler zeigte bei der letzten Sendung am vergangenen Montag eine sehr menschliche Seite: tief berührt von der Wandlung eines Schülers. Aus dem bad boy wird ein good boy. Stadler kann's kaum fassen.
Obwohl's ja eigentlich das Gute im Menschen ist, das der Wulfener herauskitzeln möchte. Dem sein Engagement gilt.
Uwe Stadler ist Lehrer mit Leib und Seele. Mehr als das. Er ist einer, der vom Burn-out zwar gehört und gelesen hat, „dem das selbst aber nie untergekommen ist”, wie er versichert. Nicht zuletzt deshalb wirft vielleicht der Blick auf sein Geburtsdatum keine weiteren Fragen mehr auf. Mit 66, wo für andere das Leben nach der Arbeit anfängt, wo sie sich Hobbys oder Enkeln widmen, da ist Stadler immer auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Die weiß-grauen Haare im Nacken zum Pferdeschwanz gebunden, ein wenig an die Alt-68-er erinnernd, steht er vor der Klasse, versucht jungen Leuten Wissen beizubringen, von dem sie eigentlich gar nicht viel wissen möchten.
Seine pädagogischen Wurzeln, die liegen – trotz aller Wanderschaft, trotz allen Aufbruchsgeistes – an einer ganz bestimmten Stelle: in Barkenberg. In der dortigen Gesamtschule steckt sein Herzblut. Dort war er am 1. Januar 1977 als Lehrer gestartet. „Ich war zwar keines der Gründungsmitglieder, ich habe sie aber mit aufgebaut, als ich im dritten Jahr dorthin kam”, ist Uwe Stadler noch heute stolz auf diese Entwicklung. Die Verbundenheit mit Schule und Stadtteil sitzt tief. „Ich gebe Nachbarskindern immer noch Nachhilfeunterricht, einmal im Monat bin ich garantiert auch in der Schulbibliothek. Nicht nur, um Lektüre auszuleihen, sondern auch, um Schüler und ehemalige Kollegen zu treffen.” Hier findet die Erdung statt, bevors in die Welt hinaus geht.
Ecken und Kanten
Momentan verbringt der Wulfener seine Tage in Berlin, beim Dreh der SAT 1-Serie „Superlehrer”. Mehrere Pädagogen sollen jungen Leuten dabei helfen, ihren Hauptschulabschluss doch noch hin zu legen. Kein leichtes Unterfangen. Eines, das manchmal an die Substanz geht, weil die Lehrer halt nicht nur „die Pauker da vorne sind”, sondern Menschen, die mitfühlen. Zumindest was Uwe Stadler angeht. Mathe, Physik und Chemie sind die Fächer, die er unterrichtet. Keine leichter Stoff für Kids mit wenig Bock. „Aber gerade solche Jugendlichen mit Ecken und Kanten, bei denen nicht immer alles gerade ist, die haben mir immer besonders am Herzen gelegen”, betont Stadler. Selbst Vater von vier Kindern, weiß er, „dass die Kunst des Lehrers schließlich da anfängt, wo's schwierig wird. Und ich hab' da so meinen ganz eigenen Stil. Man sollte immer cool bleiben. Sonst wird's nichts.”
Na, so ganz cool schafft auch er's nicht immer. „Aber man merkt auch hier, bei den Schülern in Berlin, dass man von dem, was man reinsteckt, etwas zurück bekommt. Man muss kämpfen. Auch für die Schüler.” Und wenn die dann gar nicht mitziehen wollen, dann gibt's die Karte. Erst die gelbe, später die rote. „Natürlich muss ich auch meinen Stoff machen”, sagt Stadler. „Ohne geht's nicht. Es geht aber auch ebenso wenig ohne die Motiovation der Schüler. Und die hängt entscheidend von deren Gefühlslage ab. Die müssen wir als Pädagogen ein Stück weit mit einfangen.” Das alles unter einen Hut zu bekommen, ist fast ein Kunststück. Der 66-Jährige: „Ja. Zumal Jugendliche unglaublich kreativ im Erfinden von Gründen sind, warum sie den Unterrichtsstoff jetzt gerade nicht lernen wollen.”
Auf zu neuen Ufern
Doch kreativ, das ist Uwe Stadler auch. Nachdem er sich an der Gesamtschule Wulfen in die Altersteilzeit verabschiedet hatte, wollte er das Klassenbuch zunächst aber noch nicht ganz aus der Hand legen. Auf der anderen Seite auch nicht mehr ganztags vor der Klasse stehen. Der Kompromiss: Da in NRW vor allem für die naturwissenschaftlichen Fächer und Mathe Lehrer fehlen, wurde ein Projekt aufgelegt, das Kurzeinsätze vorsieht. Mal zwei Monate hier an der Schule, mal zwei Monate dort. Immer für ein paar Wochenstunden. Für Uwe Stadler ein Glück. Herne, Wesel, Borken – an den verschiedenen Schulen hat der gebürtige Gifhorner in den letzten Monaten ausgeholfen, Erfahrungen gesammelt und weitergegeben. Zurzeit ist's Berlin.
„Ich hab aber schon gesagt, jetzt reicht's langsam”, meint der 66-Jährige. Das einschränkende „obwohl” gleich auf den Lippen. „Es juckt schon ein wenig in den Fingern . . .„ Zunächst allerdings wartet jetzt ein startklares Segelboot auf ihn und seine Familie. Ein paar Wochen abseits von Schule und Lernen. „Aber ich hab' schon geguckt, was nach den Ferien so im Angebot ist”, macht sich Uwe Stadler zumindest gedanklich schon jetzt auf zu neuen Ufern.