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Mit der Ankündigung von Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland, sich einem Abwahlverfahren zu öffnen, stellen sich viele Fragen - auch zur rechtlichen Stellung von Stadtoberhäuptern. Etwa die, wie es um die Versorgungsanspräche steht.
Neun Tage nach der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten in Duisburg hat Oberbürgermeister Adolf Sauerland am Montag erklärt, er wolle sich einem Abwahlverfahren stellen. Zuletzt hatte auch Bundespräsident Christian Wulff das Duisburger Stadtoberhaupt zu diesem Schritt gedrängt. Aber wie funktioniert das Verfahren - und welche Konsequenzen hat eine Abwahl zum Beispiel mit Blick auf Sauerlands Versorgungsansprüche. Eine Übersicht:
Welche rechtlichen Möglichkeiten hat Adolf Sauerland, sein Amt aufzugeben?
Die NRW-Gemeindeordnung sieht die Abwahl vor. Allerdings kann weder der Bürgermeister sie einleiten noch die Bürger. Gefragt ist der Stadtrat: Laut Paragraf 66 müssen zwei Drittel der Ratsmitglieder das Abwahlverfahren einleiten. Dann werden die Bürger aufgefordert, darüber abzustimmen. Der Bürgermeister ist abgewählt, wenn 25 Prozent der Wahlberechtigten der Stadt gegen ihn stimmen.
Muss es zwingend zu einer Bürger-Abstimmung kommen?
Nein, muss es nicht. Der Bürgermeister kann auf die Durchführung des Abwahlverfahrens verzichten - wenn der Rat es befürwortet hat. Durch diesen „faktischen Rücktritt“ wäre die Abwahl ohne Bürgerbegehren vollzogen, erklärt Frank Bätge, Professor für Öffentliches Recht an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Köln.
Könnte Sauerland auch von sich aus den Rücktritt erklären?
Ein formales Rücktrittsrecht ist dem Beamtenrecht grundsätzlich fremd. „Die Gefahr des Missbrauchs spielt dabei eine Rolle“, sagt Verwaltungsexperte Frank Bätge: Beamte sollen nicht selbst über ihre Entlassung entscheiden und damit Versorgungsansprüche auslösen können.
Seit wann sind Bürgermeister auch Beamte?
Mit der NRW-Gemeinderechtsreform im Jahr 1994 wurden die Position des Verwaltungschefs und des Ratsvorsitzenden zusammen gelegt. Seitdem sind Bürgermeister Teil der Verwaltung und damit Beamte auf Zeit. Zuvor konnte ein Bürgermeister sein Amt - etwas aus politischer Verantwortung - einfach aufgeben - weil es ein Ehrenamt war. Aber auch die Entlassung von Gemeindedirektoren - den vormaligen Verwaltungschefs - war zuvor einfacher: Es reichte die einfache Mehrheit im Rat.
Welche Folgen hat es, wenn ein Bürgermeister um Entlassung bittet?
Das kann er tun, allerdings würde er bei einem „Antrag auf Entlassung“ seine Versorgungsansprüche zu großen Teilen verlieren - „das kommt aber nicht dem wirtschaftlichen Ruin gleich“. Dazu Frank Bätge: „Der zu entlassene Beamte ist in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern“.
Wie steht es um die Rentenansprüche bei einer Abwahl?
Der Bürgermeister erhält seine vollen Bezüge für den Monat der Abwahl und für weitere drei Monate. Im Falle von Adolf Sauerland sind das 10.709,29 Grundgehalt der Tarifgruppe B10 (ohne Zuschläge) für Oberbürgermeister in Großstädten zwischen 250.001 und 500.000 Einwohner. Danach sieht das Beamtenversorgungsgesetz ein Ruhegehalt bis zum regulären Ende der Amtszeit vor, in Höhe von 71,75 Prozent der letzten Besoldungsgruppe. Dann schließt sich eine Beamtenpension an, die sich anhand der „ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge“ bemisst, wozu auch das Übergangsgeld zählt.
Kann Adolf Sauerland wieder zurück in den Schuldienst, weil er vorher Berufsschullehrer war?
Nein, das Dienstverhältnis als Landes-Beamter ist mit Antritt als Verwaltungschef in Duisburg beendet worden.
Behält ein Bürgermeister seine Pensionsansprüche bei einer Entlassung?
Das wird unterschiedlich bewertet: Der Bund der Steuerzahler sieht es als erwiesen an, dass Sauerland im Falle einer selbst eingeleiteten Entlassung alle Ansprüche verliert - dass heißt, auch die aus seinen Dienstjahren als Lehrer. Das NRW-Innenministerium sieht das anders. Dort heißt es, vorher erworbene Versorgungsansprüche bleiben erhalten - sowohl die aus seiner Lehrerzeit als auch die aus seiner ersten Amtsperiode als Duisburgs OB.
Wieviel Jahre muss ein Bürgermeister im Amt sein, um später eine Beamtenpension zu erhalten?
Laut Gesetz müssen mindestens acht Jahre Dienstzeit erreicht werden - und ein Bürgermeister muss den 45. Geburtstag hinter sich haben, dann kann er den Ruhestand antreten. Das Ruhegehalt bemisst sich nach der zuletzt erreichten Besoldungsgruppe und beträgt laut Beamtenversorgungsgesetz höchstens 75 Prozent und mindestens 35 Prozent der Dienstbezüge. Wer zuvor bereits Beamter war muss insgesamt mindestens 18 Dienstjahre als Beamter aufweisen und mindestens fünf Jahre im zuletzt ausgeübten Amt gewesen sein, wonach die Höhe des Ruhegehalts bemessen wird.