Duisburg. .

Nach Katastrophen oder Verbrechen leiden Städte oft noch jahrelang unter diesem Image. Vor allem, wenn sie nichts entgegen setzen können. „Bilder kann man nur mit Bildern bekämpfen”, sagt ein Marketingberater. Für Duisburg werde es aber schwer.

Davon kommt Duisburg nicht mehr los, ist in den Tagen nach der Katastrophe zu hören. Menschen, die in Duisburg leben, fürchten, dass die Stadt für immer mit dem Makel der Loveparade-Tragödie behaftet sein wird. Ein irreparabler Imageschaden? „Bilder kann man nur mit Bildern bekämpfen”, sagt der Hamburger Markenberater Professor Klaus Brandmeyer. Sein Unternehmen hat Marketinganalysen für mehrere deutsche Städte angefertigt. Und für Duisburg wird es schwer.

„Städte, die verarmen und deren Bevölkerung abwandert, haben natürlich Probleme, Gegenbilder und damit positive Emotionen in der Außenwirkung zu erzeugen”, erklärt Brandmeyer. „Was könnte es bei Duisburg sein -- der Zoo, die König-Brauerei, die gelungene Umwandlung der Hafenbrachen? Was berührt gewünschte Zielgruppen?” Hamburg, Berlin oder München falle es mit einem großen Reservoir nicht schwer, andere Vorstellungen zu produzieren. „Bei Städten, die das nicht können, bleiben die Bilder sehr lange in den Köpfen, vor allem außerhalb dieser Städte”, hat Brandmeyer analysiert.

Das habe auch wirtschaftliche Folgen. „Weiche Standortfaktoren sind für Unternehmen viel wichtiger, als oft behauptet wird, dazu zählt auch das Image eines Standorts. Eine schön gestaltete Stadt kann ein wichtiger Treiber für eine Ansiedlung sein”, sagt Brandmeyer.

Eltern von Opfern des Amoklaufs von Winnenden wollen in Karlsruhe Verfassungsbeschwerden gegen das Waffengesetz einreichen. Sie halten es für zu schwach.
Eltern von Opfern des Amoklaufs von Winnenden wollen in Karlsruhe Verfassungsbeschwerden gegen das Waffengesetz einreichen. Sie halten es für zu schwach. © ddp

„Keine Chance, uns zu befreien“

Kleine Städte wie Winnenden oder gar Örtchen hätten es besonders schwer, sich davon zu lösen, in einer Einheit mit einer Tragödie genannt zu werden. Eine Sicht, die Stefan Layes, Sprecher der Gemeinde Ramstein-Miesenbach im Pfälzischen unterstreicht. Von der Katastrophe bei der Flugschau im August 1988 mit 35 Toten hat sich die 8000-Einwohner-Gemeinde nie erholt. „Wir werden natürlich nur über den Flugplatz und die amerikanische Basis wahrgenommen”, erzählt er. „Selbst wenn der amerikanische Präsident zu Besuch kommt, erinnert man sich gleich wieder an 1988.” Man versuche, den Menschen eine gute Infrastruktur zu bieten. „Aber wir haben keine Chance, uns zu befreien.” Ein Dokumentations- und Ausstellungszentrum soll der Versuch sein, mit dem Drama in die Offensive zu gehen.

Das beschauliche Eschede, am Rande der Lüneburger Heide ist den Deutschen zwar in aller Regel durch die ICE-Katastrophe im Juni 1998 bekannt geworden, mit 101 Toten und 88 Verletzten. Doch die 4000-Einwohner-Gemeinde in der Nähe von Celle hat mehr Glück als Ramstein. Sie punktet mit touristischen Attraktionen und wird über das große Internetportal der Heide gleich mit vermarktet. Das Leben geht weiter.

Bei Gladbeck denken viele sofort an das Geiseldrama

Beim Stichwort „Gladbeck” sagt der Hamburger Klaus Brandmeyer sofort „Geiseldrama”. Ziemlich genau 22 Jahre ist das schockierende Verbrechen bereits her, aber es hat sich der Republik eingebrannt. Als der Gangster Hans-Jürgen Rösner wegen Heroinbesitzes im Gefängnis vor einem Jahr noch einmal im Gerichtssaal saß, wurden die schlimmen Erinnerungen über die mediale Breitenwirkung noch einmal nach oben gespült. „Sicher wird da von außen noch manchmal etwas hereingetragen, aber in der Stadt ist das kein Thema mehr”, sagt dagegen Helmut Wolz, Leiter des Bürgermeisterbüros in Gladbeck. Vor zehn Jahren sei das noch anders gewesen. „Aber heute wird man auch draußen nur noch höchst selten darauf angesprochen.”

Das Gladbecker Geiseldrama.
Das Gladbecker Geiseldrama. © IMAGO

Auch bei Solingen denkt man schon lange wieder an Messer und Scheren, hofft Lutz Peters, Leiter der städtischen Pressestelle. Den Mordanschlag auf die Familie Genc aus dem Jahr 1993 will die 160000-Einwohner-Stadt im Bergischen allerdings keineswegs verdrängen. „Es gibt in jedem Jahr am 29. Mai eine offizielle Gedenkfeier und es gibt ein Mahnmal.”

Manchmal verschüttet die Zeit wohl doch die Erinnerung. Im hessischen Borken starben bei einem Grubenunglück 1988 51 Menschen. Nicht vergessen. Aber auch nicht der erste Gedanke, wenn der Ortsname fällt.