Dorsten. Die Ruhr 2010 GmbH nervt ihre Vertragspartner mit der späten Forderung nach zu erbringenden Eigenanteilen. Weniger als ein Vierteljahr vor Beginn des Kulturhauptstadtjahres gibt es in Sachen „Grenzgebiet Ruhr”, noch keine unterschriebenen Kooperationsverträge.

Den Kern des Ärgernisses bringt Dr. Norbert Reichling auf den Punkt: Seit mehr als einem Jahr arbeite das Team des Jüdischen Museums an seinem „Leuchtturm”-Projekt für die Kulturhauptstadt. Doch die Ruhr 2010 GmbH, so der Museumsleiter, „fängt jetzt damit an das Kleingedruckte zu formulieren”.

Dieses Kleingedruckte stellt sich für andere – wie den gerade 60 Mitglieder starken Kunstverein „Virtuell-Visuell” – als womöglich projektgefährdend dar. Konkret geht es um finanzielle Eigenanteile, die erst jetzt aus Essen eingefordert werden – Eigenanteile in Höhe von zehn bis 20 Prozent. Wobei den Betroffenen keineswegs klar ist, ob sie etwa die Landesmittel, welche die Städte an anerkannte Projekte für 2010 weiter gegeben haben, dafür anrechnen können.

Ein Dutzend Kunstvereine und -häuser beteiligt

„In unseren Vergabe-Richtlinien steht das nicht drin”, bestätigt Andrea Kortemeyer auf WAZ-Anfrage. Die Kulturhauptstadt-Beauftragte im Dorstener Kulturamt verweist auf ein noch in dieser Woche anstehendes „Beauftragten-Treffen”, das zur Klärung der zumindest missverständlichen Texte beitragen könnte.

Schließlich geht es nicht nur um die beiden Dorstener „Leuchttürme”, wie der Kulturausschuss die Projekte „Angekommen ?!” und „Gahlenscher Kohlenweg” genannt hatte. Im umfassenden Projekt „Grenzgebiet Ruhr” sind ein volles Dutzend Kunstvereine und zwei Kunsthäuser beteiligt. Der Kunstverein Hattingen allerdings stieg – nicht zuletzt wegen der finanziellen Unwägbarkeiten – bereits aus dem Projekt-Verbund aus.

Erste Verträge in vielen Punkten bemängelt

Weniger als ein Vierteljahr vor Beginn des Kulturhauptstadtjahres gibt's also in Sachen „Grenzgebiet Ruhr” noch keine unterschriebenen Kooperationsverträge. Erste aus Essen zugesandte Texte sind „in vielen Punkten bemängelt worden”, sagt Angelika Krumat, Vorsitzende von Vi-Vi e.V., „und sollten überarbeitet werden”.

Auch Dr. Norbert Reichling bestätigt: „Wir haben noch immer keinen Vertrag.” Das Projekt des Jüdischen Museums entsteht ebenfalls in Kooperation, nämlich mit Jüdischen Kultusgemeinden. Für den Museumsleiter sei allerdings „taktisch klar gewesen”, dass der Trägerverein seines Hauses tunlichst einen Eigenanteil darstellen sollte.

Kontinuierliche professionelle Arbeit

Und den leistet das ehrenamtlich geführte Museum schließlich kontinuierlich mit unentgeltlicher Arbeit in professioneller Qualität. Zuletzt bestätigte das Kulturstaatsminister Bernd Neumann nach seinem Besuch. „Zwölf bis 15 Prozent” kalkuliert Norbert Reichling als Eigenleistungen des Projektes „Angekommen?!”. Gegenüber dem Jüdischen Museum habe die Ruhr 2010 GmbH allerdings „keine konkrete Forderung vormuliert”, wie hoch der Eigenanteil sein müsse – und in welcher Form er aufzubringen sei.

Für „Virtuell-Visuell”, den kleinen Kunstverein, ist die Situation merklich komplizierter. Angelika Krumat verweist als Beispiel auf die Einladung an die „Grenzgebiet”-Vereine, sich vom 30. Oktober bis 11. November auf der Messe „Contemporary Ruhr Art”, kurz „CAR” auf Zollverein zu präsentieren. „Eine schöne Ausstellungsfläche”, bestätigt die „Vi-Vi”-Vorsitzende, dazu eine tolle Gelegenheit zur publikumswirksamen Darstellung. Doch die Bewilligung „übergeordneten Projektkosten”, um zum Ereignis einen Flyer drucken zu können, ist – so scheint's – aus einem überkomplizierten Vertrags-Knäuel nicht herauszulösen.