Essen. Die Qualität dieser EM ist mangelhaft. Noch nie war der Toreschnitt niedriger. Auch Deutschland stützt den Trend. Doch darauf sollten wir stolz sein.
Lassen wir uns von der Dramatik des Elfmeterschießens nicht täuschen: Die Qualität dieser EM ist mangelhaft. Nicht nur, dass man beim ersten Viertelfinale beinahe eingeschlafen ist und Portugal mit keinem einzigen überzeugenden Sieg ins Halbfinale einziehen darf. Nein, hier ist der ultimative Beweis: Noch nie war der Toreschnitt pro Spiel niedriger als bei dieser EM.
Exakt 2,0 betrug die Torquote vor dem Freitagspiel: die niedrigste Quote seit 20 Jahren, als die Uefa das Teilnehmerfeld auf 16 Teams verdoppelte. Sogar bei der EM 2004 mit Griechenlands Defensivkunst lag der Toreschnitt mit 2,48 so hoch wie 2008 und 2012. Die Euro 2016: ein von Taktik zerfressenes Turnier?
Die Deutschen stützen den Trend: Sie selbst steuern mit 1,5 Toren pro Spiel mehr als die Hälfte bei – aber lassen halt nix zu. Die Italiener sind nicht besser: Auch ihre Spiele sind mit 1,5 Toren (bei einem Gegentor) eher bescheiden. Wundert es noch einen, dass Deutschland und Italien als die besten Turniermannschaften gelten? Dieses Viertelfinale heute wird nichts weniger als eine von der Taktik und Abwehrarbeit geprägte, hoffentlich auf höchstem Niveau ausgetragene Auseinandersetzung.
Stammtische diskutieren über die Dreierkette
Wir Deutschen sollten stolz darauf sein. Wenn man früher Kampfgeist einforderte und eine Form von Dusel beanspruchte, gehen Diskussionen heute an den Stammtischen schnell zu Spielverlagerung, Falscher Neun sowie Dreier- und Viererkette über. Aus dem Volk der Schwarzenbeck- und Briegel-Verehrer wurde längst ein Chor der Guardiola-Versteher.
Raumaufteilung, Überzahl und Spielaufbau mit Torwart und Abwehr – die deutsche Nationalmannschaft setzt im internationalen Vergleich Maßstäbe, wie seit Beckenbauers Zeiten in den 70ern nie mehr, als er den Libero erfand. Auch das nicht vergessen, falls es am Samstag (21 Uhr/live in unserem Ticker) mal nicht zum Weiterkommen reicht.