Essen. In Aachen beginnt am Dienstag die Reit-Europameisterschaft. Veranstalter Michael Mronz erzählt im Interview, was ihn an Turnieren in der Stadt fasziniert, warum er nicht reiten kann und ob sein Ehemann Guido Westerwelle die EM besucht.
Im Brüderduell hat Michael Mronz (48) auf dem Tennisplatz wenig zu lachen. Obwohl er es bei Rot-Weiß Köln bis in die Verbandsliga geschafft hat, spielt sein Bruder, der ehemalige Profi Alexander Mronz, nicht gerne mit ihm. Nicht einmal zum Aufwärmen. „Er will ja in den Schlag und nicht aus dem Schlag kommen“, sagt Mronz. Die Partien nimmt er gelassen, Tennis ist für ihn ein Hobby. Als Geschäftsführer der Aachener Reitturnier GmbH gilt er ohnehin als das Gesicht des Pferdesports in der Soers. Warum er den Reitsport am liebsten von außen betrachtet und was er noch erreichen will, erzählt er vor der EM (11. - 23. August) im Interview.
Herr Mronz, mit dem CHIO und der Europameisterschaft spielen Sie mit Aachen in der Königsklasse des Pferdesports. Reiten Sie eigentlich selbst?
Michael Mronz: Nein. Ich habe viermal im Leben auf einem Pferd gesessen. Das ist jetzt auch schon 17 Jahre her.
Was ist passiert?
Mronz: Eigentlich bin ich mit höchsten Weihen gestartet. Nadine Capellmann, eine gute Freundin von mir, hatte mir ihr Grand-Prix-Pferd My Lord fürs Training zur Verfügung gestellt. Weil ich weder Reithose noch –stiefel hatte, bekam ich beides von ihrem Trainer Klaus Balkenhol. Er sagte dann noch ganz beiläufig: „Das sind übrigens meine Goldstiefel von Atlanta, damit habe ich 1996 olympisches Gold geholt.“
Dann hätte doch nichts mehr schief gehen können.
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Mronz: Genau. Ich hatte aber mehr Respekt vor dem Pferd, als das Pferd vor mir – eine ungünstige Ausgangslage. Als ich nach einer Stunde abgestiegen war, bekam ich die Stiefel nicht mehr aus. Kurz gesagt: Ich musste die Goldstiefel von Atlanta aufschneiden und dachte: Das muss ein Zeichen sein. Seitdem habe ich nicht mehr auf einem Pferd gesessen und betrachte den Sport, die Faszination von Pferd und Reiter, lieber von außen.
Man sagt Reitern nach, ein ganz besonderes Volk zu sein. Erleben Sie das auch so?
Mronz: Die alten Gerüchte, wonach für jedes übersprungene Hindernis ein Whiskey getrunken wurde, kann ich heute nicht mehr bestätigen. (lacht) Die Reiter sind alle sehr professionell, an Ludger Beerbaum sieht man, wie hart er an sich als Sportler arbeitet.
Was sind derzeit die größten Herausforderungen im Reitsport?
Mronz: Der Sport ist global geworden. Früher wurden 50 Prozent der Preisgelder in Deutschland ausgeritten, 20 Prozent im restlichen Europa, 30 Prozent außerhalb Europas. Heute sind es noch 20 Prozent in Deutschland, 30 in Europa und 50 außerhalb. Die körperlichen und organisatorischen Voraussetzungen haben sich völlig geändert, da die Reiter ihre Turnierplanung und den Einsatz ihrer Top-Pferde nun ganz anders organisieren müssen.
Mronz: Die deutschen Reiter werden auch in Zukunft erfolgreich sein
Der Fußball überstrahlt in Deutschland alles. Wie schafft man es trotzdem, ein Reitturnier zu etablieren?
Mronz: Indem man Begeisterung entfacht. Unsere Besucher schenken uns etwas sehr Kostbares: Ihre Zeit. Diese wollen wir so ausfüllen, dass unsere Zuschauer begeistert und mit einem Lachen im Gesicht nach Hause gehen. Dabei ist die entscheidende Frage: Welches Event und nicht welche Sportart setzt sich durch? In Aachen will der Zuschauer Teil eines Erlebnisses sein. Dazu gehört immer der beste Sport und ein adäquates Preisgeld, das ist die Grundvoraussetzung. Man muss auf Tradition aufbauen, aber auch mit der Zeit gehen.
Wie gelingt das in Aachen?
Mronz: Wir arbeiten daran, dass Reiter mit dem Ziel anreisen, mit den besten Pferden den besten Sport abzurufen. Schon 1924 fand in Aachen das erste internationale Reitturnier statt. Die Tradition hilft. Ein Privileg ist es, diese Geschichte weiterzuschreiben – mit dem besten Sport, aber eben auch einem exklusiven Rahmenprogramm und Top-Angeboten im digitalen Bereich.
Aber läuft man nicht Gefahr, beim Spagat zwischen Tradition und Moderne das Rad zu überdrehen?
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Mronz: Die Gefahr besteht dann nicht, wenn man sich selber hinterfragt und Dinge, die verändert wurden, wieder zurücknimmt, wenn sie nicht erfolgreich waren. Die Aufmachung des Events muss stimmen, ich muss den besten Sport zeigen und muss immer ehrlich zu meinem Produkt sein.
Wie kann man den Erfolg messen?
Mronz: Vor 15 Jahren kamen die Menschen durchschnittlich aus 58 Kilometern Entfernung nach Aachen. Das heißt, wir haben gerade den Kölner Raum erreicht. Heute fahren sie durchschnittlich 181 Kilometer, kommen also auch aus dem ganzen Ruhrgebiet und vom Niederrhein. Und wir werden jünger. Früher lag das Durchschnittsalter unserer Besucher bei Anfang 50, heute bei 42.
Bei manchen Sportarten ist es so, dass das Interesse schlagartig nachlässt, sobald die Deutschen nicht mehr erfolgreich sind. In Aachen wird jeder wie ein Sieger gefeiert. Sind Sie unabhängig von einzelnen Protagonisten?
Mronz: Man fährt immer gut, wenn man sich von einzelnen Personen löst. Bei Sportlern ist die Verletzungsgefahr viel zu groß. Gleiches gilt für Pferde. Totilas ist da ein sehr gutes Beispiel. Aber es kann sein, dass wir das spüren würden, wenn die deutschen Reiter dauerhaft nicht erfolgreich wären – was allerdings nahezu ausgeschlossen ist. Die deutschen Reiter sind seit Jahrzehnten immer dabei, wenn es um die Goldmedaillen geht, das wird auch in Zukunft so sein.
Mronz-Ehemann Guido Westerwelle entscheidet EM-Besuch nach Krankheit spontan
Bei der EM sind über 2000 Helfer, viele ehrenamtlich im Einsatz. Aachen ist für sie Ehrensache. Ist es auch für Sie ein Herzensprojekt?
Mronz: Ohne Aachen würde mir etwas fehlen. Also: ja, total. Aachen ist als Veranstaltung unglaublich. Es ist schön, zu sehen wie alles sich entwickelt. Insofern ist die Vorfreude auf die EM auch bei mir sehr groß. Fünf Disziplinen an einem Ort – Das hat es so noch nie gegeben und wird es wahrscheinlich auch nicht mehr geben. Und selbst für Aachen ist das außergewöhnlich: Die letzte EM in Aachen in der Dressur ist 32, im Springen sogar 44 Jahre her
Wenn die elf Tage EM laufen: Wieviel Reitsport sehen Sie eigentlich selber? Oder spielen Sie die ganze Zeit Feuerwehrmann?
Mronz: Feuerwehrmann nicht. Wir haben ein tolles Team. Ich gehe oft mit mehr Gewicht raus, als ich reingehe, weil ich viele Essenstermine habe (lacht). Zum Wochenende hin sehe ich dann auch endlich mehr Sport.
Herr Mronz, wird Ihr Ehemann Guido Westerwelle bei der EM in Aachen dabei sein?
Mronz: Das entscheiden wir spontan. Es gibt eine Goldene Regel und die heißt: Gesund werden. Die Gesundheit steht im Mittelpunkt, darum geht es und nicht darum, sich schon im Vorfeld über irgendwelche Termine Gedanken zu machen.
Ihr Mann war nach seiner Blutkrebserkrankung ja auch schon im Mai in Aachen.
Mronz: Ja, er kommt aus einer Reiterfamilie. Sein Vater hat selbst Pferde gezüchtet. Seine ersten Erinnerungen sind die als Kind auf dem Rücken eines Pferdes. So gesehen ist das für Guido großer Spaß, Pferde und Pferdesport zu sehen.
Belastet Sie die Situation?
Mronz: Es ist wichtig, das Positive im Leben zu sehen und Kraft daraus zu ziehen. Man soll das Leben und das Lachen nicht vergessen.