Aachen.. Nach vielen Widrigkeiten startet Matthias Alexander Rath mit dem zehn Millionen teuren Rapphengst Totilas beim CHIO in Aachen neu durch. Heimlich still und leise gab das Paar im Mai im belgischen Kapellen sein Comeback und hat seitdem sechs Siege in Folge geholt.
Im Auge des Sturms ist es immer ganz ruhig. Kein Mucks, kein Chaos, kein Spektakel. Matthias Alexander Rath scheint diesen Ort in sich gefunden zu haben. Sein Start mit Wunderpferd Totilas beim CHIO Aachen ist die Attraktion des diesjährigen Turniers (11.-20. Juni). Nach zwei Jahren Zwangspause schaut die Pferdewelt gespannt auf seinen Ritt in Aachen. Es ist die letzte nationale Sichtung vor den Weltreiterspielen in der Normandie (24. August bis 7. September). Schneidet der Dressurreiter gut ab, kann er das WM-Ticket ziehen. „Nervös? Nö, bin ich nicht“, sagt Rath.
Während sich um ihn die Medienmaschine dreht, bleibt er gelassen. Mit stoischer Ruhe beantwortet er stundenlang Fragen von Journalisten.Wird es endlich reichen? Kann er nun die Erwartungen erfüllen, die das Tier, auf dessen Rücken er sitzt, weckt? Rath gibt sich diplomatisch: „Wir steigern uns kontinuierlich. Ich bin froh, wieder im deutschen Team zu sein und in Aachen starten zu können.“
Seit 2010 ist der 29-Jährige der Mann auf Totilas, dem Popstar der Pferdewelt. Paul Schockemöhle hatte gemeinsam mit Ann-Kathrin Linsenhoff das glänzend schwarze Dressurpferd mit der ungewöhnlichen Ausstrahlung für rund zehn Millionen Euro nach Deutschland geholt. Rath, Linsenhoffs Stiefsohn, wurde als Reiter ausgewählt. Der Druck war enorm. Mit seinem Vorgänger, dem Niederländer Edward Gal, hatte Rapphengst Totilas alles gewonnen: WM- und EM-Titel sowie diverse Weltrekorde.
Olympisches Gold als Ziel
Vollmundig wurde olympisches Gold als Ziel ausgegeben und der Hype um Totilas nahm skurrile Formen an: Becher, Armbänder, Starschnitte mit seinem Konterfei wurden verkauft. Auf einer eigenen Internetseite sprach Totilas in der „Ich-Form“ zu seinen Fans, hatte eine eigene Modelinie. „Das war damals schon extrem. Aber Totilas hat einfach wahnsinnig viele Fans, wir mussten die Aufmerksamkeit für unseren Sport nutzen“, sagt Rath.
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Doch dann begann die Geschichte um den Millionenkauf tragisch zu werden. Erst blieben die großen internationalen Erfolge aus, Olympia mussten sie absagen, weil Rath am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt war. Anfang 2013 verletzte sich dann Totilas beim Decken an der Sehne. Das verhinderte Wunderpferd und sein glückloser Reiter. Eine Entwicklung, die wegen der obskuren Millionensumme für viel Spott sorgte.
Umstrittene Trainingsmethode
Hinzu kamen Diskussionen um den neuen Trainer Sjef Janssen, mit dem Rath und sein Vater und Trainer Klaus seit 2012 zusammenarbeiten. Der Niederländer ist bekannt für seinen Einsatz der Rollkur. Eine umstrittene Trainingsmethode, bei der der Hals des Pferdes künstlich überstreckt wird. Rath äußert sich so: „Jeder hat andere Methoden. Und Sjef hat unglaublich viel für unseren Sport getan.“
Die Gerüchteküche, ob das heute bereits 14-jährige Pferd je wieder zurückkommt, brodelte.
„Es wurde sogar geschrieben, Totilas sei tot“, sagt Rath, „da konnten wir zu Hause natürlich nur lachen. Wir sehen ihn ja jeden Tag im Stall.“ Auf dem Schafhof in Kronberg kümmerten sich Rath und sein Team um das Tier. „Ich gehe morgens immer zu ihm, sage ,Guten Morgen‘ und streichle ihn. Da kriegt er schon eine extra Portion Aufmerksamkeit“, sagt Rath, der noch acht weitere Pferde betreut. Er selbst ist sich sicher: „Ich denke nicht, dass ich ,nur’ sein Reiter bin. Ohne mich wäre er nicht zurückgekommen.“
Heimlich still und leise gab das Paar im Mai im belgischen Kapellen sein Comeback und hat seitdem sechs Siege in Folge geholt. Von lautem Trommelschlagen ist diesmal nichts zu hören. „Nach der schweren Zeit wollten wir uns aber nur auf das sportliche Comeback fokussieren“, sagt Rath. Genaue Ziele will er diesmal aber nicht ausgeben. „Man steckt in der Entwicklung einfach nicht drin“, sagt er, „aber alles ist möglich.“
Wird Totilas noch einmal zu seinen Fans sprechen? „Vielleicht tut er das irgendwann wieder“, sagt Rath und lächelt vielsagend.