Hamburg. Das E-Bike ist auf dem Vormarsch. Befeuert durch die horrenden Benzinpreise, setzt sich der Boom des letzten Jahres auch 2012 fort. Vor allem in den Städten ist die Nachfrage nach den Fahrrädern mit Elektroantrieb groß.

Der E-Bike-Boom in Deutschland kennt keine Grenzen: In diesem Jahr wird der Bestand an Fahrrädern mit Elektroantrieb erstmals die Millionengrenze überschreiten. Wurden 2011 bereits 310.000 E-Bikes verkauft, erwartet der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) für dieses Jahr einen weiteren Anstieg um rund 50 Prozent auf 400.000. Damit wären zwischen Flensburg und Garmisch bereits 1,3 Millionen Elektroräder im Einsatz. "Die Nachfrage ist weiterhin enorm, vor allem in den Städten wird das E-Bike immer häufiger als Alternative zum Auto eingesetzt", sagt ZIV-Sprecher Stephan Schreyer.

Die Absatzprognose für 2012 sei eher konservativ, bei dem aktuellen Rekordniveau der Benzinpreise könnten durchaus noch mehr Räder verkauft werden. Derzeit machen E-Bikes rund acht Prozent des Absatzes im Fahrradhandel aus. Schon in fünf Jahren sollen laut ZIV-Prognose bis zu 15 Prozent aller verkauften Räder über Elektroantrieb verfügen.

Über 300 Modelle im Angebot

Nahezu alle Fahrradhersteller haben mittlerweile E-Bikes im Programm, und die Kunden können unter mehr als 300 Modellen wählen. Das Angebot reicht vom Elektro-Klapprad über Touring-Räder und Mountainbikes bis zum Tandem. Einige Hersteller bieten zudem Nachrüst-Sets an, mit denen sich herkömmliche Fahrräder zum E-Bike umbauen lassen.

Und auch die Automobilhersteller werden aktiv: So bringt Smart im Sommer ein eigenes E-Bike auf den Markt, und Peugeot hat bereits mehrere Modelle im Angebot. Weitere Hersteller wie Ford, Opel und Audi haben bereits E-Bike-Studien vorgestellt, ob sie in Serie gehen, ist jedoch unbekannt. Bei 95 Prozent aller verkauften E-Bikes handelt es sich um sogenannte Pedelecs, also Fahrräder, bei denen die elektrische Motorunterstützung nur beim Pedalantrieb aktiv ist.

Hinzu kommen Pedelecs mit Anfahr-/Schiebehilfe und schnelle E-Bikes, mit denen man auch ausschließlich mit Elektroantrieb fahren kann. Die Reichweite mit einer Batterieladung beträgt abhängig von den Einsatzbedingungen bis zu 100 Kilometer. Zudem bieten einige Hersteller besondere technische Finessen, wie beispielsweise die Rekuperation. Dabei wird die Energie, die beim Bremsen oder langen Abfahrten entsteht, zu Ladung des Akkus genutzt und die Kapazität so erweitert.

Technologie ist ausgereift

"Grundsätzlich ist die E-Bike-Technologie absolut ausgereift", sagt Schreyer. "Wer sich jetzt ein Modell kauft, der erwirbt ein absolut alltagstaugliches Rad, das auch in einigen Jahren nicht veraltet ist", betont er. Zwar würden Räder und Akkus künftig noch leichter und leistungsstärker und auch die Antriebssteuerung werde verfeinert, große Innovationen seien aber nicht zu erwarten.

Die Durchschnittspreise für E-Bikes betragen 1.700 bis 1.900 Euro und sind nach Angaben des Verbandes des Deutschen Zweiradhandels (VDZ) stabil. In Supermärkten werden Räder teilweise weitaus günstiger angeboten, bei Billigangeboten sollten Käufer jedoch vorsichtig sein. "E-Bikes unter 1.000 Euro sind sehr simpel und nicht zu empfehlen, gute Qualität ist erst ab etwa 1.500 Euro zu haben", sagt Hannes Neupert vom Fachmagazin "ExtraEnergy".

Käufer sollten zudem darauf achten, dass die Garantie für Batterie und Ladegerät mindestens zwei Jahre beträgt, immerhin koste ein Ersatzakku bis zu 700 Euro. Käufer sollten zudem auf eine ausführliche Bedienungsanleitung achten. Wer vor dem Kauf ein E-Bike gratis testen will, kann dazu das Angebot verschiedener Initiativen nutzen.

So bietet RWE mit seinem Projekt "E-Bikes on Tour" in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen Kleingruppen ab fünf Personen für einen Tag den kostenlosen Test von E-Bikes, inklusive Einweisung und Nutzung von 220 Ladestationen. 3.600 Tester haben das Angebot bereits genutzt. Der Erfolg des Projekts übertrifft alle Erwartungen, weshalb Buchungen mittlerweile nur noch kurzfristig möglich sind. Sonst seien nämlich alle Leihtermine sofort ausgebucht, heißt es bei RWE.

Große Nachfrage in Ferienregionen

Auch Urlauber profitieren vom E-Bike-Boom. So bietet das Unternehmen Movelo aus Bad Reichenhall als größter europäischer Anbieter für Elektromobilität im Tourismus 1.500 Verleihstationen in Deutschland und Österreich mit 5.000 E-Bikes. Hinzu kommen rund 1.100 Akku-Wechselstationen in 80 Urlaubsregionen.

"Die Nachfrage im Tourismusbereich wächst stetig, wir können gar nicht alle Nachfragen bedienen", sagt Movelo-Geschäftsführer Andreas Senger. Rund 350.000 Urlauber haben 2011 ein E-Bike geliehen, für dieses Jahr wird mit einem Anstieg auf 500.000 gerechnet. (dapd)