Düsseldorf. . NRW hat beim Thema Elektromobilität das Nachsehen. Im Kampf um Millionen-Zuschüsse des Bundes bekommen andere Länder wohl den Vorzug. Experten sehen die Schuld bei der Landesregierung.

Nordrhein-Westfalen droht beim Kampf um die millionenschwere Förderung für Elektromobilität eine schwere Schlappe. In einem Wettbewerb der Bundesregierung gibt eine Expertenjury offenbar den Bewerbungen aus Niedersachsen, Berlin und Baden-Württemberg den Vorzug – und das mitten im Landtagswahlkampf.

Rückblick: Der Ort war ein Statement. Luxushotel am Düsseldorfer Flughafen, holzvertäfelter Konferenzsaal, dicke Teppiche. Doch als die NRW-Landesregierung im vergangenen Dezember hier in geballter Formation ihre Bewerbung um die millionenschwer geförderte „Schaufensterregion Elektromobilität“ vorstellte, verloren sich gerade einmal zwei Journalisten zur Auftaktpressekonferenz. „Mehr Minister als Berichterstatter, das haben wir selten“, spöttelte Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) damals betreten.

180 Millionen Euro Förderung

Auch in den folgenden Monaten rissen Koordinations- und Kommunikationspannen nicht ab, so dass es kaum mehr verwundert, dass Automobilherstellern, Zulieferern und Forschern in NRW wohl auf dem wichtigen Zukunftsfeld E-Mobilität eine schwere Schlappe droht. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, geht das größte Bundesland bei dem Wettbewerb um besonders geförderte und international sichtbare Elektromobilität-Regionen leer aus.

Aus zwei Dutzend Bewerbungen habe eine Experten-Jury die Projekte aus Baden-Württemberg (mit Daimler), Hannover (mit VW) und Berlin (Hauptstadt-Faktor, Standort der Lobby-Verbände) zu Siegern gekürt. Sie können sich auf 180 Millionen Euro Bundesförderung freuen. Länder und Industrie werden noch einmal jeweils dieselbe Summe aufbringen. Vor allem aber gehört den „Schaufenster“-Regionen fortan die volle Aufmerksamkeit beim Versuch, bis zum Jahr 2020 eine Million batteriegetriebene Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu bringen.

Das Scheitern hat hausgemachte Gründe

Und NRW? Gleich zwei Bewerbungen fielen durch. Die Idee einer „Route der Elektromobilität“ von Dortmund bis Aachen, die 50 verschiedene Programme und Projekte miteinander kombinieren sollte, verfing offenbar ebenso wenig wie das Konzept einer neuen „Campus-Mobilität“ rund um die Hochschule Aachen. „Das letzte Wort bei der Entscheidung hat die Bundesregierung. Bisher gibt es keine offiziellen Aussagen zum Ergebnis“, ließ NRW-Wirtschaftsminister Harry K. Voigtsberger (SPD) am Montag trotzig verlauten. Schwer vorstellbar ist allerdings, dass die beteiligten Bundesminister, darunter der Umwelt-Ressortchef und CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen, im laufenden Landtagswahlkampf die Fachjury überstimmen, um Rot-Grün in der Verlängerung zu einem Erfolg zu verhelfen.

Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer sieht für das absehbare Scheitern der NRW-Bewerbungen vor allem hausgemachte Gründe. „Es fehlte der Mut, sich zu entscheiden. Andere Regionen waren fokussierter“, wirft Dudenhöffer der Landesregierung vor. So entstand ein Sammelsurium aus Autobauern (Ford in Köln, Opel in Bochum), zahlreichen Zulieferern, der Deutschen Bahn, zig Einzelprojekten, der Öko-City Bottrop, garniert mit diversen Forschungsinstituten. Einziges geografisches Bindeglied war die Regionalexpress-Linie RE 1. Obendrein wurde Aachen noch mit einer eigenen Bewerbung bedacht. „Schaufenster heißt nicht, das gesamte Sortiment aufzubieten, sondern etwas großflächig und beispielhaft zu zeigen“, moniert Dudenhöffer.

Verlorene Chance fürs Bochumer Opel-Werk

Die entgangenen Fördermillionen könnte NRW noch verkraften. Gerade das Ruhrgebiet und das gebeutelte Opel-Werk verlieren jedoch eine Chance, sich als Zukunftswerkstatt zu profilieren.

Voigtsberger verweist zwar zurecht darauf, dass andere Förderinitiativen zur E-Mobilität unabhängig vom „Schaufenster“-Wettbewerb weiterlaufen. Doch die Aufmerksamkeit des groß angelegten Laborversuchs scheint dahin. „Wenn Elektromobilität irgendwo funktioniert, dann auf den kurzen Wegen des Ballungsraums Ruhr“, hieß es in der Theorie. Der Praxistest muss nun warten.