Ruhrgebiet. . Der Schock an der Zapfsäule sitzt in diesen Tagen so tief wie der anschließende Griff in die Brieftasche. Der ADAC fordert wegen der Rekord-Benzinpreise eine höhere Pendler-Pauschale. Die effektivste Art zu sparen liegt im Gasfuß des Fahrers. Längst gibt es aber auch den Trend weg vom Auto.
Das aktuelle Grauen ist natürlich durch nichts zu toppen: 1,64 Euro für den Liter Super E 10, 1,54 Euro für Diesel. Da mag man kaum noch hingucken und tanken schon gar nicht. Doch Ende der 70er gab es diese Tage, als der Liter Benzin die Eine-Mark-Grenze erklomm. Unerbittlich, mit Komma hinter der Eins. Ein Schock. Manche Zapfsäule war darauf nicht eingerichtet, man behalf sich kurzerhand mit dem Preis für den halben Liter.
Andere Zeiten, andere Benzinpreise, möchte man meinen. Weh tut es allemal, damals wie heute. „Für manche kann das durchaus existenziell bedrohlich werden“, sagt Maxi Hartung vom ADAC. Auf der Facebook-Seite des Autoclubs regen sich die Autofahrer auf, sind wütend und hilflos zugleich. Einer schreibt, er könne sich den Weg zur Arbeit kaum leisten: „Diese Woche gibt’s nur trockene Nudeln!“
„Die Leute fahren Auto, weil sie müssen“, erklärt Maxi Hartung, „gerade in der Fläche, auf dem Land, ist der öffentliche Nahverkehr schlecht aufgestellt“. Da ist die ländliche Bevölkerung, die zur Arbeit pendeln muss. Da sind die jungen Familien, in denen beide täglich zur Arbeit fahren und zwischendurch die Kinder von Schule und Kindergarten abholen. 40 Cent Pendlerpauschale statt der geltenden 30 fordert der ADAC deshalb und wird vom Bund der Steuerzahler wie vom Bundesverband der Mittelständischen Wirtschaft unterstützt.
Eine halbe Million Benzinmotoren wurde schon auf Autogas umgerüstet
Doch das Bundesfinanzministerium zeigte dieser Forderung eilig die Rote Karte. Also zahlen und weiterjammern. Dabei hat das Umdenken unserer Autogesellschaft längst begonnen. Lange waren nicht mehr so viele Fahrradfahrer auf den Straßen wie heute. Und auch die Autofahrer rüsten um: Inzwischen gibt es rund eine halbe Million Benzinmotoren, die auf Autogas umgestellt wurden, das bis 2018 von der Mineralölsteuer befreit ist. Auf diese Art und Weise lassen sich die Treibstoffkosten fast halbieren. Nicht zuletzt dadurch sank der bundesdeutsche Spritverbrauch seit 1999 von 49,4 Milliarden Liter Benzin auf 45,5 (2009) um zehn Prozent.
Autos, keine Frage, sind nach wie vor Status-Symbole, mit wenig lässt sich so ausladend protzen wie mit einem Porsche Cayenne und dessen kleinen Brüdern. PS-Bombasten für Stadt-Cowboys. Doch daneben gibt es anderes. „Es gibt den Trend weg vom Auto“, sagt Florian Häupl vom Hamburger Trendbüro. Große Autokonzerne machten in Car-Sharing, die Führerschein-Quote bei jüngeren Leuten sinke, und in der städtischen Mobilität verliere das Auto an Bedeutung.
Kurzstrecken auf dem Fahrrad
Selbst in den kalten Wintermonaten wird wieder verstärkt Fahrrad gefahren auf deutschen Straßen. „Wir beobachten bereits seit Jahren, dass immer mehr Leute gerade für Kurzstrecken auf das Fahrrad umsteigen“, sagt Bettina Cibulski vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club. Auch der Boom der so genannten E-Bikes mit ihren Hilfsmotoren zeige das. In der Folge sänken die Unfallzahlen bei Radfahrern, da diese inzwischen von Autofahrern bewusster wahrgenommen würden.
Gemurrt über die hohen Benzin-Preise wird allüberall. Nicht nur von jenen, für die es finanziell eng wird. Dabei könnte man selbst beim Autofahren viel Sprit sparen. Wenn man wollte! Die effektivste Art liegt im Gasfuß des Fahrers. Im Schnitt 25 Prozent Verbrauchsminderung sind bei der Beachtung einfacher Tipps möglich, ohne dabei „unsportlicher“ unterwegs zu sein. Doch die Spritspar-Trainings sind nicht beliebt, die Resonanz bescheiden. So gibt es 9,1 Millionen Volkswagen in Deutschland, aber nur 140 000 VW-Fahrer haben ein solches Training absolviert. Beim Naturschutzbund NABU waren es 3000 Autofahrer – in zehn Jahren.