Gelsenkirchen. . Es ist ein gefährlicher Job an der Leitplanke. Straßenwärter werden immer wieder Opfer von Rasern. Manchmal können sie sich in letzter Sekunde nur noch mit einem Hechtsprung über die Leitplanke retten.
Manchmal hilft nur die Hechtrolle über die Leitplanke, um dem Deibel von der Schüppe zu springen. „Besser ein paar blaue Flecken als tot“, sagt Ulrich Benner, (47) stellvertretender Leiter der Autobahnmeisterei Gelsenkirchen. Manchmal hilft aber auch gar nichts mehr. Straßenwärter haben einen der gefährlichsten Jobs überhaupt.
So gefährlich, dass sie ihre Arbeit mit dem Leben bezahlen - wie der Kollege, der im Sommer beim Aufstellen eines Sicherungsschildes getötet wurde. Oder die 17 Mitarbeiter, die seit 1993 bei Straßen NRW umgekommen sind. Hauptsächlich, weil Autofahrer viel zu schnell fuhren oder mit ihren Gedanken woanders in die Tagesbaustelle rasten.
„Es kommt oft genug vor, dass Autofahrer mit Dosen nach uns werfen.“
Die Flotte von Grünschneide-Maschinen auf der A 42 zwischen Gelsenkirchen und Castrop-Rauxel erledigt an diesem Morgen routinemäßig ihre Aufgabe. Einer schneidet das Grün von vorne, der Nächste von oben und der Dritte unterhalb der Mittelleitplanke. Der Azubi geht vorweg und sammelt Müll auf, Abfall, den Autofahrer gedankenlos aus dem Fenster geworfen haben. Sogar eine Sektflasche liegt im Gras. Dicht an dicht rasen die Autos vorbei, 38-Tonner brummen bedrohlich nah heran.
Die Höchstgeschwindigkeit ist zwar auf 80 Stundenkilometer beschränkt, aber wer hält sich schon daran? „Am liebsten arbeiten unsere Leute, wenn Stau ist“, weiß Benner. Dann sei die Angst vor dem großen Crash geringer. Doch ein Stau hat auch Nachteile, spürbare Nachteile. Die Straßenwärter gelten als Stauverursacher, sind willkommene Sündenböcke und mutieren sogar zu beweglichen Zielscheiben. „Es kommt oft genug vor, dass aggressive Autofahrer mit leeren Getränkedosen nach uns werfen.“ Und ein paar Schimpfwörter bekommen sie auch noch an den Kopf.
Nur im Winter haben Autofahrer Verständnis
Bei Wind und Wetter sind Straßenwärter draußen, kümmern sich um das so genannte Straßenbegleitgrün, erneuern Verkehrsschilder, reparieren Schäden an der Fahrbahndecke oder sichern liegen gebliebene Autos ab. Ein ehrenwerter Beruf, trotzdem werden die Kolonnen gehasst, weil sie den Verkehr lähmen mit ihren Sicherungswagen und der darauf angezeigten Geschwindigkeitsbegrenzung.
Einzig in strengen Wintern, wenn die Räum- und Streufahrzeuge bei Nacht und Nebel für halbwegs befahrbare Straßen sorgen, herrscht bei Autofahrern wohlwollendes Verständnis. Die 2000 Straßenwärter in NRW sind zwar sensibilisiert und geschult, was die Gefahren an Mittelstreifen oder Mehrzweckspur angeht, doch das alles hilft nichts, wenn rücksichtslose Raser ihr Können überschätzen. Wie der Mann, der noch versuchte, möglichst viele Autos zu überholen, es aber nicht mehr schaffte wieder einzufädeln und mit 130 km/h in den Sicherungswagen krachte: „Das hat ganz schön gescheppert“, erinnert sich Oliver Dietrich (38), der im Fahrerhaus saß.
Haarsträubender Unfall
Der Unfallwagen sei dann noch in weitere Fahrzeuge der Kolonne gerauscht und am Ende in die Leitplanke. Der Fahrer war nicht angeschnallt, flog durch die Windschutzscheibe und zum Schluss mit dem Rettungshubschrauber. Gelernt zu haben scheint er aus dem haarsträubenden Unfall trotzdem nicht. „Der hat gesagt, er schnallt sich nie an, und das werde er auch in Zukunft nicht tun“, erzählt Dietrich kopfschüttelnd.
Heute geht aber alles gut auf der A 42 mitten im Ruhrgebiet. Und sowieso sei es hier ja vergleichsweise angenehm zu anderen Strecken im Revier. „Die Hölle“, sagt Ulrich Benner, „die Hölle ist die A 40.“