Berlin. . Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat Radfahrern mit der Einführung der Helmpflicht gedroht, falls sie nicht verstärkt freiwillig den Kopfschutz tragen.

Wenn sich die Quote in den nächsten Jahren nicht auf mehr als 50 Prozent erhöhe, „dann muss man fast zu einer Helmpflicht kommen“, sagte CSU-Politiker Ramsauer. Zurzeit tragen neun Prozent aller Radfahrer einen Helm. Die FDP plädierte für eine Helmpflicht für Kinder.

Jährlich kommen bei Verkehrsunfällen 450 Radfahrer ums Leben, jeder zweite durch eine Kopfverletzung, die mit einem Helm möglicherweise vermeidbar gewesen wäre. Ramsauer sagte, ihm widerstrebe es zwar, weitere Vorschriften zu erlassen. „Auf der anderen Seite stehen aber vielleicht Hunderte Leben, die damit gerettet werden“, fügte er hinzu. Seit 1976 gilt in Deutschland eine Helmpflicht für Motorradfahrer, seit 1978 für Mopedfahrer, seit 1985 auch für Mofafahrer und seit 1980 werden bei Nichtbeachtung ein Bußgeld fällig. Seitdem sind die Verkehrsopferzahlen der motorisierten Zweiradfahrer drastisch gesunken.

Ramsauer sagte, er setze auf die Freiwilligkeit, kenne aber die Diskussionen etwa zwischen Eltern und Kindern aus eigener Erfahrung. In seinem Verkehrssicherheitsprogramm, das im November neu aufgelegt werden solle, werde deshalb zwar die Helmpflicht thematisiert, aber noch nicht verordnet. Er warnte davor, dass auch aus der EU-Bürokratie eine Regelung kommen könne, die dann umgesetzt werden müsse.

Fahrradclub ADFC ist gegen eine Helmpflicht

„Offen für eine klare Helmpflicht für Kinder“ zeigte sich FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic. Der „Saarbrücker Zeitung“ sagte er, alles andere könne aber nur „die Ultima Ratio sein“. Auch die Liberalen seien besorgt über die hohe Zahl an Unfallopfern unter Radfahrern. Ablehnend äußerte sich der ADFC. Die Helmpflicht führe nur dazu, dass weniger Menschen das Rad nutzten und „alles noch gefährlicher wird“, sagte eine Sprecherin des Fahrradclubs der Zeitung. Die Hannelore Kohl Stiftung, die sich um schwer Nerven- und Schädelverletzte kümmert, sieht bei einer Helmpflicht rechtliche Nachteile für ohne einen Kopfschutz Verunglückte.

in Schweden gilt eine Helmpflicht für Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre

In Schweden gilt seit sechs Jahren eine Helmpflicht für Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren. Versprochen hatte man sich davon, dass weniger der jüngeren Radfahrer verunglücken und mehr ältere dem Vorbild folgen. Der Nachahmungseffekt ist jedoch ausgeblieben. Im Gegenteil sehen es Jugendliche als Zeichen des Erwachsenwerdens, wenn sie ohne Helm fahren können.

Laut Erhebung des Verkehrsamtes tragen rund 75 Prozent aller Stockholmer Radfahrer einen Helm. In Göteborg sind es über 50 Prozent. Im ganzen Land sind es dann freilich nur noch 27 Prozent. Die Tendenz ist über die Jahre steigend, wenn auch langsam.

Eine Untersuchung des Verkehrsamtes, die dem Gesetz zugrunde lag, ergab, dass die Anzahl der Kopfschäden von Kindern und Jugendlichen im Straßenverkehr jährlich um 223 Fälle sinken würde. Ein bis zwei Jugendliche würde die Helmpflicht jährlich das Leben retten, hieß es. Insgesamt kommen gegenwärtig rund 3000 Personen jährlich bei Fahrradunfällen in Schweden mit seinen knapp zehn Millionen Einwohnern zu schaden. 25 davon sterben durch die Folgen des Unfalls. Eine statistische Auswertung der Auswirkungen der Helmpflicht für Jugendliche gibt es bislang nicht. Die Gruppe der Betroffenen sei ohnehin viel zu klein, um Effekte messen zu können, kritisieren Verkehrssicherheitsexperten heute.

Helmpflicht wird kaum kontrolliert

Die in Schweden dominierenden Bürgerlichen propagieren mehr Entscheidungsfreiheit der Bürger. Da passt die Helmpflicht für alle Radfahrer nicht ins Bild. Stattdessen wird geprüft, ob Radfahrern zusätzliche Freiheiten eingeräumt werden könnten, etwa das Rechtsabbiegen bei Rot.

Auch Kontrollen der Helmpflicht bis zum 15. Lebensjahr erwiesen sich als schwierig. Die Polizei geht davon aus, dass es wichtigere Vergehen gebe. Zudem sind Jugendliche bis zum 15. Lebensjahr noch nicht strafmündig. Anzeigen wären ohnehin folgenlos. „Ich glaube, seit das Gesetz erlassen wurde, mussten nur zwei bis drei Eltern in ganz Schweden Strafen zahlen, weil deren Kinder keinen Helm aufhatten“, sagt auch Verkehrsexpertin Mona-Lill Landström. (mit dapd)