Ruhrgebiet. .

Sechs junge Männer aus dem Ruhrgebiet starten bei der Allgäu-Orient-Rallye. Auf den Gewinner der ungewöhnlichen, 6500 Kilometer langen Wettfahrt wartet ein Kamel. Und das ist bei weitem noch nicht die einzige Besonderheit.

Diesen Samstag wollen sie noch mal richtig feiern. Mit Freunden und Familie. Wollen grillen, trinken, tanzen und Spaß haben. Dann werden Christian Becker, Christoph Kleinebrahm, Arne Hauner, Jan Christopher Klotz, Andreas Steffen und Daniel Alexander Seim packen. Reservereifen, Spaten, Kanister, Notrationen, Sandbleche. Was man eben so braucht, wenn man mal kurz runterfährt nach Jordanien. Für einen guten Zweck.

Autobahnen sind tabu

6500 Kilometer, von denen keiner über eine Autobahn führen darf. Dafür geht es über die heißen, staubigen Straßen Südosteuropas und Afrikas mit ihren Schlaglöchern groß wie Krater. Und das alles ohne Navi, nur mit Karte. Mit Autos, die schon bessere Tage gesehen haben. Vorsichtig ausgedrückt. Anstrengend wird es werden. Physisch wie psychisch. Aber die sechs aus Essen, Dortmund und Mülheim können es kaum erwarten. Denn sie starten bei der Allgäu-Orient-Rallye. Start: Oberstaufen, Ziel: Amman, der Gewinn: ein Kamel. „Das wird“, glaubt Becker, „bestimmt ‘ne coole Sache.“

Für die Veranstalter der ungewöhnlichen Wettfahrt, bei der es ausdrücklich nicht um Geschwindigkeit geht, ist es das schon seit 2005. „Eines der letzten automobilen Abenteuer dieser Welt“ nennt sie Organisator Wilfried Gehr. Eine „Low Budget Rallye“ für Leute, die das kalkulierbare Abenteuer suchen. „Total bescheuert“, sagen sie im Bekanntenkreis des Revier-Sextetts.

„So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben“

Daniel grinst. „Ein bisschen verrückt muss man da schon sein.“ Christian Becker nickt. Im Fernsehen hat er von der Rallye gehört und ist „sofort begeistert“. Er überlegt, wer seine Begeisterung teilen könnte. „Dann habe ich Freunde und Bekannte angesprochen.“ Genau die richtigen Freunde und Bekannten. Fast alle wollen nach nur kurzer Bedenkzeit mitmachen. Obwohl sie Urlaub nehmen müssen und die Reise nicht ganz billig ist. „Stimmt“, sagt Christoph Kleinebrahm. „Aber so eine Chance bekommt man nur einmal im Leben.“

Wenn überhaupt. Denn mitfahren wollen mittlerweile Tausende. Doch nur hundert Teams dürfen an den Start gehen. Anmeldung ist am Stichtag nachts um 3.33 Uhr. Telefonisch. Wer zuerst durchkommt, fährt zuerst. Wer gar nicht durchkommt, kann gleich zu Hause bleiben.

111,11 Euro Startgeld

Auch die anderen Regeln sind, na sagen wir mal, ungewöhnlich. Täglich dürfen nicht mehr als 666 Kilometer zurückgelegt werden. Das Maximalbudget für die Übernachtung pro Person liegt im Schnitt bei 11,11 Euro. Das Startgeld beträgt 111,11 Euro pro Person, zugelassen sind nur Autos, die mindestens 20 Jahre alt oder solche, die nicht mehr als 1111,11 Euro wert sind. Erwähnten wir schon, dass die Idee zu der Rallye in einer Kneipe entstanden ist?

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Das Revier-Sextett hat Glück gehabt. Startnummer 86 ging an sie, an das „Stroker Ace Racing Team“. Mit einem alten Golf, einem VW Passat und einem Audi A6, Baujahr 1994 werden sie zum Start rollen. Alle für kleines Geld besorgt, vom Opa geerbt oder zuvor als Winterauto genutzt und mittlerweile „wüstentauglich“ gemacht. „War ganz schön viel Arbeit“, sagt Arne. Aber lohnende Arbeit. „Die Wagen halten durch“, ist er überzeugt. Falls nicht, sind Ersatzteile an Bord. Und Andreas. Er ist Mechaniker.

Die anderen sind nach eigener Aussage „Bürostuhlakrobaten“, die „alle gerne Auto fahren“. Doch bevor es los geht, ist noch viel zu tun. Planen, besprechen, nachfragen. Strecke ausarbeiten, Visa beantragen, Ausrüstung zusammenstellen, Sponsoren suchen. Vor allem aber die Lage in Syrien beobachten, durch das die Fahrt auch führt. „Eine Zeit lang“, sagt Christian, „waren wir schon ein wenig beunruhigt“.“ Auch weil man jedes Auto, das man in Syrien einführt, wieder ausführen muss. „Eine Panne kommt da schlecht.“

Vom Sieg sprechen die sechs jungen Männer aus dem Revier nicht. Denn: „Hauptsache wir sind dabei.“ Bis zum Ziel nach Amann wollen sie es allerdings schon schaffen. Weil erst dort die Autos zu Gunsten des Welternährungsprogramms versteigert werden. Und weil sie dann wieder feiern können.