Essen. . An den Zapfsäulen brodelt es: Autofahrer ärgern sich über die astronomisch hohen Spritpreise. Die bisherige Rekordmarke von 1,59 Euro pro Liter Superbenzin ist bereits geknackt. Vor Ostern droht ein neuer Preissprung.

Eine freie Tankstelle im Essener Zentrum: Der Liter Superbenzin kostet hier 1,589, der Liter Diesel 1,469. Doch diese astronomischen Preise sind noch vergleichsweise günstig. An manchen Zapfsäulen knackt der Super-Preis bereits die bisherige Rekordmarke von 1,59 Euro pro Liter. Und Diesel liegt teils schon bei 1,48 Euro.

Tankstellen-Kunde Rainer Böckmann fühlt sich abgezockt. Fotos: Alexandra Umbach / WAZ FotoPool
Tankstellen-Kunde Rainer Böckmann fühlt sich abgezockt. Fotos: Alexandra Umbach / WAZ FotoPool

Nur das Wort „Spritpreise“ genügt und die Wut der Tankstellen-Kunden kocht über. „Man fühlt sich als Autofahrer regelrecht abgezockt“, schimpft Rainer Böckmann, der gerade seinen Audi mit Super betankt. Allein seit Montag sei der Liter-Preis um neun Cent angestiegen. „Doch ich brauche das Auto für meine Arbeit. Ich habe keine Wahl.“

„Das kann kein Mensch mehr nachvollziehen“

Auch Jürgen Drommeter muss jeden Tag von Marl nach Essen pendeln. „Ich bin heilfroh, dass ich ein Dieselfahrzeug habe, der verbraucht wenigsten ein bisschen weniger.“ Mehr als 117 Euro kostet ihn die 80-Liter-Tankfüllung diesmal. „In den vergangenen Wochen ist der Preis teilweise um bis zu zehn Cent pro Liter geschwankt. Das kann wirklich kein Mensch mehr nachvollziehen“, klagt Drommeter. Kurze Strecken erledigt er inzwischen zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Martina Schmidt schaut derzeit bei den Preisen genau hin und fährt noch eine Tankstelle weiter, wenn es dort ein paar Cent billiger ist. „Das ist wirklich deprimierend. Ich muss jetzt an anderer Stelle sparen.“, sagt sie. „Und vor Ostern wird der Spritpreis bestimmt noch einmal steigen.“

ADAC fürchtet Preissprung vor Ostern

Jürgen Drommeter ist froh, dass er ein Dieselfahrzeug hat.
Jürgen Drommeter ist froh, dass er ein Dieselfahrzeug hat.

Die Befürchtungen der Verbraucher teilt auch der Automobilclub ADAC. „Die Erfahrung lehrt uns leider, dass die Mineralölkonzerne die Reisezeit nutzen, um die Preise noch einmal in die Höhe zu schrauben“, sagt ADAC-Sprecher Maximilian Maurer. Die bisherige Rekordmarke von Sommer 2008 könnte dann nicht nur geknackt, sondern sogar noch um ein paar Cent überschritten werden.

Die großen Mineralölkonzerne haben in den vergangenen fünf Jahren jeweils einige Tage vor Ostern synchron mit einer Benzinpreiserhöhungs-Welle begonnen. Das belegt auch eine Studie des Auto Club Europa (ACE), über die "bild.de" am Mittwoch berichtete. Aus einer Fünf-Jahres-Übersicht des ACE geht demnach hervor, dass die Ölmultis "wie im Gleichschritt und mit System" immer unmittelbar vor dem Osterfest die Preise für Super-Benzin im Schnitt um drei Cent pro Liter angehoben haben. Unter der Annahme, dass nur jeder zweite Autofahrer in Deutschland seinen Tank mit durchschnittlich 55 Liter des um 3 Cent pro Liter verteuerten Kraftstoffs füllt, stiegen die Einnahmen der Ölkonzerne allein in dieser Zeit zusätzlich um rund 35 Millionen Euro.

Der ADAC rät Urlaubern, die über Luxemburg, Österreich oder nach Osteuropa reisen, nach Möglichkeit in diesen Ländern zu tanken. „Dort sind die Spritpreise noch deutlich günstiger als bei uns. Da kann man richtige Schnäppchen machen“, sagt Maurer. Darüber hinaus lautet der Rat: Möglichst vor den Feiertagen volltanken, bevor der große Run auf die Zapfsäulen beginnt – und die Preise hochklettern.

„Schuld sind auch die Verbraucher“

Martina Schmidt fährt jetzt lieber eine Tankstelle weiter, wenn es da ein bisschen billiger ist.
Martina Schmidt fährt jetzt lieber eine Tankstelle weiter, wenn es da ein bisschen billiger ist.

Die Tankstellen-Konzerne begründen den Preissprung mit den hohen Rohölpreisen. Schuld seien die Unruhen in erdölfördernden Ländern wie Libyen. Die Verwirrung um E10 spiele bei der Preisentwicklung in NRW dagegen noch keine Rolle. Der Ölpreis auf dem Weltmarkt habe sich seit Anfang des Jahres um 20 Prozent erhöht, sagt Karin Retzlaff, Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbands. Die Spritpreise seien dagegen lediglich um zehn Prozent angezogen. „Das bedeutet: Der hohe Öl-Preis wird nicht komplett an den Verbraucher weitergegeben.“

Das sieht der ADAC ganz anders: „Auch in Zeiten, in denen das Rohöl teuer ist, satteln die Konzerne bei den Sprit-Preisen noch drauf“, kritisiert Maurer. Schuld daran sei auch das Verhalten vieler Verbraucher in Deutschland. Sie handeln oftmals nicht preisbewusst, klagt Maurer. Bei Lebensmitteln und Elektronik sei der Preis-Vergleich völlig normal, bei Tankstellen seien dagegen die meisten Deutschen unbekümmert. Zudem würden teurere Tankstellen ihr Kunden mit Punkte-Belohnungs-Systemen erfolgreich an sich binden. „Leidtragende sind letztendlich alle Autofahrer“, sagt Maurer. „Denn Studien haben gezeigt: Wo es einen ausgeprägten lokalen Wettbewerb unter den Tankstellen gibt, sind die Spritpreise deutlich niedriger.“