Berlin.. Der neue Biosprit E10 wirft viele Fragen auf: Verträgt mein Auto den Kraftstoff? Und wer garantiert das? Verbraucherschützer sehen die Autoindustrie in der Pflicht.
Vor dem Benzin-Gipfel hat die Bundesregierung klar gestellt, dass sie trotz der großen Verunsicherung bei Autofahrern am neuen Biosprit E10 festhalten will. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte am Dienstag dem rbb-Inforadio, die weitere Nutzung von Kraftstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen sei wünschenswert, auch im Sinne der Umwelt. Zuvor war über einen Stopp der Einführung von E10 spekuliert worden, weil das neue Benzin von Autofahrern kaum angenommen wird.
Brüderle hat die Mineralölwirtschaft und diverse Verbände für Dienstagmittag zu einem Spitzentreffen in sein Ministerium eingeladen. Er halte zwar auch eine grundsätzliche Änderung der Position für denkbar, an E10 festzuhalten, sagte der FDP-Politiker. Er gehe aber davon aus, dass die Gipfelteilnehmer das Ziel weiterverfolgen, Mineralöl durch regenerative Biokraftstoffe zu ersetzen.
Dies sei auch vernünftig, "angesichts dessen, was wir in Nordafrika erleben, was in den Ölfördergebieten ist, man versucht, ein Stück loszukommen von der Abhängigkeit vom Mineralöl und andere Wegen anzupacken", sagte Brüderle.
Der Minister räumte ein, dass die Verwirrung um die Verträglichkeit von E10 für Automotoren Vertrauen bei den Verbrauchern gekostet habe. "Was wir bei E10 erleben, ist ein Käuferstreik", sagte er. Deshalb müsse die Kommunikation verbessert und die Akzeptanz des Biokraftstoffs erhöht werden. Es lägen verschiedene Verbesserungsvorschläge auf dem Tisch.
Röttgen ermahnt Mineralölkonzerne
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Bundesumweltminister Norbert Röttgen erhob schwere Vorwürfe gegen die Mineralölwirtschaft. "Die jetzige Aufregung hängt damit zusammen, dass die Wirtschaft nervös geworden ist, weil sie ihr eigenes Produkt zu schlecht vermarktet hat", sagte der CDU-Politiker der "Bild"-Zeitung. Die Branche müsse beim Gipfel deutlich erklären, wie die Hersteller-Informationen verbessert und näher an den Kunden gebracht werden können. Die Ölkonzerne "dürfen sich ihre Fehler bei der Einführung nicht vom Verbraucher bezahlen lassen".
Grundsätzlich verteidigte der Umweltminister die Einführung des Biosprit. Er sei "zuversichtlich, dass das entstandene Misstrauen beim Verbraucher wieder abgebaut werden kann", sagte Röttgen.
Verbraucherschützer fordern eine E10-Garantie der Autohersteller für ihre Modelle. Ohne eine solche Bestätigung der Verträglichkeit sei der neue Biotreibstoff tot, sagte der Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Holger Krawinkel, im ZDF-"Morgenmagazin". Gleichzeitig appellierte er an die Bundesregierung, ihre Biosprit-Strategie zu überprüfen.
Mit der Garantie gemeint ist eine verbindliche Aussage des Herstellers, ob ein Auto das neue, mit zehn Prozent Bioethanol versetzte Benzin verträgt oder nicht. Dies sollten die Hersteller an das Kraftfahrt-Bundesamt melden, und das Amt solle alle Fahrzeughalter mit der entsprechenden Information anschreiben, sagte der Verbraucherschützer. Dann hätten die Besitzer Gewissheit, dass etwaige Schäden repariert würden. Eine solche Garantie müsse Ergebnis des Benzin-Gipfels sein.Einen Stopp der Einführung von E10 hält Krawinkel für überflüssig: "Faktisch ist es ja ausgesetzt", denn es gebe einen Verbraucherboykott.
Derweil betonte Audi-Technikvorstand Michael Dick, dass Audi für E10 dieselben Garantien wie für das bisherige Super E5 gibt. Die öffentliche Debatte und auch die von BMW geäußerten Zweifel hätten ihn überrascht, sagte Dick am Dienstag in Ingolstadt auf der Bilanzpressekonferenz. Das mit bis zu zehn Prozent Bio-Ethanol versetzte Benzin könne die Umwelt entlasten und werde von fast allen Audis vertragen. Ausnahmen seien nur einige ältere Modelle.
"Faktisch ausgesetzt"
Die FDP schlägt eine Entlastung der Autofahrer vor, weil mit der Einführung des Biosprits E10 die Benzinkosten steigen. "Das Ende vom Lied darf nicht sein, dass sich der Staat auf Kosten der Autofahrer die Taschen vollmacht", sagte FDP-Vizefraktionschef Patrick Döring der "Bild"-Zeitung. "Kommt es wegen E10 zu mehr Steuereinnahmen für den Staat, müssen Autofahrer in gleicher Höhe entlastet werden." (dapd)