Paris. Zu Beginn der Hauptferienzeit erschüttert eine Zugkatastrophe Frankreich. 40 Kilometer entfernt von Paris springt ein Intercity aus den Gleisen. Rettungskräften bietet sich ein Bild des Grauens.
Ineinander verkeilte Waggons, ein völlig verwüsteter Bahnsteig und dazwischen Tote und Verletzte: Für knapp 400 Passagiere eines französischen Intercitys endete die Fahrt ins Wochenende in einer Katastrophe. Ihr Zug entgleiste am Freitag knapp 40 Kilometer nach der Abfahrt in Paris in einem kleinen Bahnhof. Nach der jüngsten Zwischenbilanz kamen mindestens sechs Menschen um Leben. Von den Dutzenden Verletzten schwebten zahlreiche zunächst in Lebensgefahr.
Vermutlich werde sich die Opferbilanz noch verschlimmern, sagte Innenminister Manuel Valls am Abend. Hunderte Rettungskräfte waren in Brétigny-sur-Orge im Einsatz, um die Opfer zu bergen.
Den Augenzeugen an der Unglücksstelle bot sich ein Bild des Grauens. "Das Bahnsteigdach ist eingestürzt. Vier Waggons sind total zerfetzt", berichtete der sozialistische Parlamentarier Michel Pouzol im Radio. Es sei ein "apokalyptischer Anblick". Der Bürgermeister des betroffenen Ortes, Bernard Decaux, sprach von Panik rund um den Bahnhof.
Unfallursache noch unklar
Wie es in Brétigny-sur-Orge zu einem der schwersten Zugunglücke der vergangenen Jahre kam, war am Abend völlig unklar. Nach ersten Erkenntnissen wurde der Zug mit der Nummer 3657 bei der Einfahrt in den Bahnhof aus noch ungeklärter Ursache in zwei Teile gerissen. Während der Zugteil mit dem Triebwagen weiterrollte, krachte der andere in den Bahnsteig. Insgesamt sechs Waggons seien entgleist, sagte der zur Unglücksstelle geeilte Bahnchef Guillaume Pepy.
Ein in der Nähe der Unfallstelle wohnender Eisenbahner im Ruhestand berichtete dem Sender RTL: "Das hat sich wie ein kleines Erdbeben angefühlt. Es gab einen heftigen Stoß, aber keinen großen Lärm." Andere Anwohner sprachen von einem großen "Bums". Drei Stunden nach dem Unglück machte sich auch Frankreichs Präsident François Hollande ein Bild von der Lage und sprach mit Überlebenden.
Die Bahngesellschaft SNCF richtete eine Notfallnummer für die Angehörigen der Reisenden ein. Eigentlich hätte der um 16.53 Uhr am Pariser Bahnhof Austerlitz gestartete Zug um 20.05 Uhr in Limoges ankommen sollen. Die Stadt liegt rund 400 Kilometer südlich der Seine-Metropole.
Zuletzt hatte 2011 ein schweres Zugunglück Frankreich erschüttert. Damals stieß ein Lastwagen an einem beschrankten Bahnübergang nördlich von Rennes mit einem Regionalzug zusammen - zwei Menschen starben und 45 wurden verletzt. 2002 starben bei einem Brand in einem Schlafwagen eines Nachtzugs auf der Strecke zwischen Paris und München in Nancy zwölf Menschen. (dpa)