Salzburg. . Man kennt August Diehl vor allem aus dem Kino. Hier hat er angehende Revolutionäre ebenso gespielt wie Verschwörungstheoretiker. Seit Quentin Tarantino ihn in „Inglourious Bastards“ besetzt hat, ist er auch international gefragt. In Salzburg spielt er derzeit jedoch Theater.

Mit einem bejubelten Erfolg hat bei den Salzburger Festspielen der Premierenreigen des Sprechtheaters begonnen. Ein großes, ernstes Erlebnis bescherte Andrea Breth dort mit ihrer Deutung von Kleists „Prinz Friedrich von Homburg“. Und das nicht nur, weil sie für dieses „vaterländische“ (Kleist) Stück eine Reihe bekannter Film- und TV-Gesichter verpflichtete. Allen voran Salzburgs langjähriger „Jedermann“ Peter Simonischek als brandenburgischer Kurfürst – und Hauptdarsteller August Diehl: Der 36jährige gilt als deutscher Star mit wachsenden Hollywood-Ambitionen. In seinem zweiten US-Streifen „Salt“ durfte er immerhin bereits Angelina Jolie küssen.

Ums nackte Leben betteln

Diehl überzeugte auf der kleinen Bühne des barocken Landestheaters in jeder Szene – als schlafwandelnder, von Kriegsdonner heimgesuchter Prinz, als einer, der um Liebe kämpft, aber auch um sein nacktes Leben bettelt. Ein Theaterereignis ist dies aber auch, weil die Breth, die sich stets der Zertrümmerung von Klassikern und anderen Moden verweigerte, mal wieder tief in die Abgründe menschlichen Handelns blickt. Und dabei ihrer Vorliebe für historische Stoffe frönt. Dass sie auch militärischen Strategien und dem Ringen um preußischen Ehrenkodex eine enorme psychologische Spannung abringen kann, beweist sie mit Kleists letztem, bis heute umstrittenem und erst posthum aufgeführten Opus.

Darin geht es um die Schlacht von Fehrbellin (1751), die der Prinz von Homburg durch eine vorschnelle, kühne Attacke in einen Sieg für Preußen verwandeln konnte. Da er jedoch eigenmächtig handelte, ohne die Zustimmung des Kurfürsten abzuwarten, verurteilte ihn dieser – trotz des glorreichen Sieges – zum Tode.

Traum vom Lorbeerkranz

In ihrem heiligen Ernst und ihrer minimalistischen Strenge beleuchtet die Breth in zweieinhalb Stunden die Etappen des Seelenkampfes des Prinzen. Er träumt vom Lorbeerkranz am Rande des Schlachtfelds, stürzt sich jugendlich dramatisch in die Liebe zu Prinzessin Natalie (Pauline Knof), stürmt in den Kampf. Diehl zeichnet mit viel Poesie und Feingefühl das Porträt eines zerrissenen Menschen, der nach seinem Todesurteil um das nackte Leben bettelt, sich aber abrupt zum Sterben bereit erklärt.

Damit will er Verantwortung für seinen Ungehorsam tragen. Heldenhaft. Nur im Schlussbild löst sich Breth vom Original: Der Prinz überlebt die Nachricht von seiner Begnadigung nicht und stirbt. Zu sehr verstrickt scheint er in Pflicht, Ehre und Heldentum. Ein packendes, erschütterndes Bild, das an die Verblendung von Fanatikern erinnert.