Hamburg. Mit der entführten Frau wollte der 30-jährige Angeklagte offenbar ein Kind zeugen. Der Mann hatte sie im August vergangenen Jahres in seiner Wohnung eingesperrt. Jetzt muss vor dem Hamburger Landgericht geklärt werden, ob er überhaupt schuldfähig ist.
Vor dem Hamburger Landgericht hat am Montag der Prozess gegen einen mutmaßlichen Geiselnehmer begonnen, der eine 26-Jährige anscheinend auf unbestimmte Zeit festhalten und schwängern wollte. In ihrer Anklage gehe die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der 30-Jährige die Frau in seiner "festungsartig" ausgebauten Wohnung in einem Mehrfamilienhaus "zu einer Art Beziehung zwingen und ein Kind mit ihr zeugen wollte", sagte ein Sprecher des Landgerichts. Dem Mann drohen bei einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft.
Der Angeklagte könnte vermindert schuldfähig sein
Nach Angaben des Sprechers wird die Frage einer möglichen psychischen Störung des Angeklagten für das Verfahren von zentraler Bedeutung sein. Es komme in Betracht, dass der Mann wegen verminderter oder völlig fehlender Schuldfähigkeit am Ende auf Dauer in eine Psychiatrie eingewiesen werde.
Zum Prozessauftakt am Montag äußerte sich der Angeklagte zunächst nicht zu den Vorwürfen. Verantworten muss er sich unter anderem wegen Geiselnahme, Freiheitsberaubung sowie Verstößen gegen Waffengesetze.
Die Tat hatte er akribisch vorbereitet
Der 30-Jährige hatte sein Opfer im August vergangenen Jahres entführt. Beide kannten sich flüchtig. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft hatte er die Tat akribisch vorbereitet. Er suchte die junge Studentin in ihrem Wohnheim auf, bedrohte sie mit einer Pistole und einer Handgranate, fesselte sie dann mit Handschellen an sich und fuhr mit ihr in einem Auto zu seiner Wohnung. Diese hatte er unter anderem mit Stacheldrahtbarrikaden vor den Fenstern versehen.
Handgranaten und Pistolen gefunden
Trotz der Sicherungen gelang es der Frau nach einigen Stunden in einem unbewachten Moment, aus einem Fenster der Hochparterre-Wohnung im Stadtteil Barmbek zu fliehen. Der 30-Jährige verfolgte sie bewaffnet bis auf die Straße, gab dann aber auf. Er wurde unmittelbar darauf festgenommen.
In seiner Wohnung stießen die Ermittler laut Anklageschrift auf 1,7 Tonnen Lebensmittelvorräte, eine schalldicht isolierte Telefonzelle als mutmaßliches Gefängnis und Gegenstände "rund um das Thema Schwangerschaft". Dort fanden sich auch weitere Handgranaten und Pistolen.