Herne.. Soll die Stadt weitere 22 000 RWE-Aktien kaufen und dafür rund 573 000 Euro berappen? Darüber wollte die Stadt am Dienstag den Rat beraten lassen. Der kurzfristigen Einladung zur Debatte folgte eine ebenso kurzfristige Absage.

Erst ein paar Tage vor der Sitzung des Rates Dienstagnachmittag warb die Verwaltung um die Zustimmung der Politik – um den Punkt zu Sitzungsbeginn dann wieder von der Tagesordnung zu streichen.

Aufgrund der „Komplexität und Dringlichkeit der Angelegenheit“, so hatte es Kämmerer Peter Bornfelder in einer Ratsvorlage formuliert, sei keine Zeit gewesen, das Thema bereits im Vorfeld im Haupt- und Finanzausschuss zu beraten. Das sollte gestern nachgeholt werden. Ganz so dringend, so scheint es, kann das Thema dann doch nicht gewesen sein: Ohne Begründung flog der Punkt aus dem Programm.

Vielleicht weil alles doch zu schnell ging? Das Ganze, so formulierte es SPD-Fraktionschef Frank Dudda am Rande der Sitzung, sei „mit der heißen Nadel gestrickt“.

Und darum geht es: Die Stadt, genauer: die Aktienbesitzgesellschaft Herne (siehe Kasten), hält – wie auch weitere Kommunen an Rhein und Ruhr – Aktien des Essener Energie-Riesen RWE. Da bei einem Aktienanteil von 15 Prozent steuerliche Vorteile winken, haben sich mehrere Städte, darunter Herne, zusammengetan und ihre RWE-Aktien gemeinsam in einer Beteiligungsgesellschaft untergebracht. Dieses so genannte Schachtelprivileg zahlt sich für Herne aus: Bei einer Dividende von 3,50 Euro wie im vergangenen Jahr, rechnet Kämmerer Bornfelder vor, gab es einen steuerlichen Vorteil von gut 900 000 Euro. Selbst bei einer Dividende von 2,50 Euro winkten der Stadt noch immer 700 000 Euro.

So weit, so gut. RWE plant aber eine Kapitalerhöhung, um sich besser aufzustellen. Wird sie umgesetzt, rutscht die Beteiligung der Kommunen unter die 15-Prozent-Marke, so Bornfelder. Um anzufügen: Die Rentabilität der städtischen Aktien würde deutlich sinken. Ergo: Weitere Aktien in einer Größenordnung von insgesamt 10 Millionen Euro sollen aufgekauft werden, um das „Schachtelprivileg“ nicht zu verlieren. Kaufen sollen alle Gesellschafter, auf Herne kämen besagte 573 000 Euro zu.

Ob und wann das Thema erneut auf der Tagesordnung erscheint, steht in den Sternen. Die rot-grüne Mehrheit jedenfalls geht davon aus, dass es keine Dringlichkeit gibt, ja mehr noch: dass die 15-Prozent-Marke durch die angekündigten Aktienkäufe anderer Gesellschafter bereits wieder in trockenen Tüchern ist.

Sollte das nicht der Fall sein, käme auf die Koalitionäre eine schwierige Arbeit zu. SPD-Fraktionschef Dudda pocht auf eine Zukunft des „Schachtelprivilegs“, der kleine Kooperationspartner Bündnis 90/Die Grünen will aber keinesfalls einem Aufkauf weiterer RWE-Aktien zustimmen. Wegen der „inhaltlichen Politik“ des Konzerns, aber auch deshalb, weil die Fraktion einen „Ankauf auf Pump“ ablehne, so Fraktionschefin Dorothea Schulte gegenüber der WAZ.

Zur Information: Die Aktienbesitzgesellschaft Herne (ABH) ist eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke Herne (58,54 Prozent) und der Vermögensverwaltungsgesellschaft für Versorgung und Verkehr der Stadt Herne (41,46 Prozent). Sie hält nach Angaben der Stadt neben wenigen Aktien an der Gelsenwasser AG 1,95 Mio Stamm- sowie 10 500 Vorzugsaktien an der RWE AG.