Essen. Beschlossen wurde die Energiewende in Deutschland bei milden Temperaturen. Jetzt, wo es kalt wird, muss sie sich bewähren. Wegen der Stilllegung von Alt-Atomreaktoren droht bei einer Schwachwindphase oder einer Kältewelle ein Strom-Blackout.
Der Winter ist der erste Härtetest für die Energiewende. Allein durch die nach der Reaktorkatastrophe in Japan beschlossene Stilllegung von sieben deutschen Atommeilern hat die Politik auf 40 Prozent der in Deutschland vorhandenen Kernkraftwerksleistung verzichtet – weitgehend ohne Rücksicht auf Kosten und Risiken. Deutschland hat sich damit schlagartig vom Nettoexporteur zum Nettoimporteur von Strom gewandelt.
Als Konsequenz stiegen die Stromimporte aus Frankreich im ersten Halbjahr 2011 um die Hälfte gegenüber dem Vorjahreszeitraum, die Importe aus Tschechien gar fast um das Siebenfache. Im Winter werden wir aber weniger aus Nachbarländern importieren. Das gilt besonders für Frankreich, wo viel mit Strom geheizt wird. Eine Schwachwindphase oder eine Kältewelle könnten das Stromangebot stark schmälern und zum Blackout führen.
Aber auch wenn die Energiewende den ersten Härtetest besteht, so bleibt sie eine kolossale Herausforderung. Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Deshalb gilt es, jetzt den größten Kostentreiber zu zähmen: die übermäßige Förderung der erneuerbaren Energien durch das EEG-Gesetz, allen voran der Photovoltaik. Die bis 2030 reichenden Zahlungsverpflichtungen für alle von 2000 bis 2010 errichteten Photovoltaikanlagen belaufen sich auf über 80 Milliarden Euro. Dabei fällt die Bilanz der Technologieförderung ernüchternd aus: Die Entwicklung neuartiger Verfahren zur Stromerzeugung wurde durch sie nicht vorangetrieben.
Politik muss auf die Kostenbremse treten
Die Politik sollte jetzt endlich auf die Kostenbremse treten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat eine Begrenzung des Zubaus an Photovoltaikanlagen auf sehr niedrigem Niveau gefordert, das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung ein mehrjähriges Moratorium mit Aussetzung der durch das EEG gewährten Förderanreize.
Denn bereits heute ist absehbar, dass der Netzausbau nicht annähernd mit einem ungebremsten Kapazitätszuwachs der Erneuerbaren Schritt halten kann. Die beschlossene Energiewende ist eine gewaltige Herausforderung. Daher lautet der Appell an die Politik: Statt weiter Milliardenbeträge zu verschwenden, müssen diese nun an den richtigen Stellen investiert werden. Nur so kann die Energiewende gelingen.