. Das Ensemble RebellComedy steht für erfolgreiche Unterhaltungskunst, die rassistische Vorurteile widerlegt. Ein Interview mit Gründer Ususmango.

RebellComedy – das sind acht Künstler mit Migrationshintergrund, die 2007 erstmals antraten, um frischen Wind in die deutsche Komiker-Szene zu bringen. Ab Ende März geht das Ensemble mit dem neuen Programm „Ausländer raus! – Aus dem Zoo“ auf Tournee. Zu diesem Anlass sprach Patrick Friedland mit RebellComedy-Gründer Usama „Ususmango“ Elyas, der auch schon im Heimatland seiner Eltern auf der Bühne stand.

Herr Elyas, fühlen Sie sich als Sohn saudi-arabischer Einwanderer in Deutschland manchmal wie ein Zootier?

Usama „Ususmango“ Elyas: Im Zoo ist es ja immer so, dass man sich ein Tier anguckt, nach kurzer Zeit weitergeht und nicht weiß, was danach los ist. Und das gilt auch für Leute, die einen Migrationshintergrund haben. Die werden häufig mit einem Blick darauf beschränkt, woher ihre Eltern kommen. Man kommt da auch einfach nicht raus. Die Leute gucken einen nur an, erwarten etwas Bestimmtes und sind irritiert, wenn ihren Erwartungen nicht entsprochen wird. Bei uns Comedians werden dann immer nur Witze über Klischees erwartet. Für uns ist klar, dass wir aus diesen Schubladen raus wollen – deswegen der Titel der neuen Show.

Sie und Babak Ghassim gründeten RebellComedy 2007 nach eigenen Angaben aus Frust. Frust worüber?

Wir konnten mit nichts etwas anfangen, was seinerzeit in der deutschen Comedy dargeboten wurde. Im ganzen Freundeskreis merkten wir, dass nur amerikanische Formate geschaut wurden. Wir fragten uns, warum das so ist und fingen dann einfach an, gegen diese eingeschlafene deutsche Comedy zu rebellieren. Wir dachen, dass viele Menschen in Deutschland mit den Inhalten, die wir bringen, etwas anfangen können, weil wir für eine Generation stehen, die nicht abgeholt wird. Zunächst bekamen wir aber viel Gegenstrom. Manchmal hat man uns gar nicht auf eine Bühne gelassen. Die sagten: ‘Wer seid ihr denn? Ihr macht doch eh keine Comedy!’ Also fingen wir an, alles selbst zu erledigen und traf damit sehr früh einen Nerv.

Wie hat sich die deutsche Comedy seitdem verändert?

Es hat sich einiges getan. Wir sind nicht mehr die Jüngsten, es gibt sehr coole Newcomer, die mit Inhalten auftreten, die wir gebracht haben. Das fängt an mit Felix Lobrecht und geht weiter mit Hazel Brugger und vielen anderen. Da gibt’s viel Cooles, was bei uns keine Fremdscham auslöst.

In Ihrem Publikum sitzen viele junge Muslime. Glauben Sie, dass die sich von länger aktiven Comedians nicht vertreten gefühlt haben?

Etwas wie Erkan und Stefan – jemand, der Ausländer nachäfft und selber keinen Migrationshintergrund hat – das war für uns ein Schlag ins Gesicht. Damit hast du niemanden abholen können, der mit Migrationshintergrund aufgewachsen ist. Im Gegenteil: Du hast anderen erlaubt, sich noch mehr darüber lustig zu machen. Das sollte Comedy nicht machen. Unser angestrebtes Ziel ist es, dass das Publikumsverhältnis zwischen Besuchern mit und ohne Migrationshintergrund 50/50 ist. Natürlich hast du aber einen anderen Bezug zu unserer Comedy und findest schneller den gemeinsamen Nenner, wenn du in ähnlichen Verhältnissen wie wir aufgewachsen bist.

Von Beginn an Teil der RebellComedy: Der gebürtige Marokkaner Benaissa Lamroubal.
Von Beginn an Teil der RebellComedy: Der gebürtige Marokkaner Benaissa Lamroubal. © Michael May

Worüber würden Sie denn keinesfalls Witze machen?

Das kann man so platt nicht sagen. Gerade 2018 war u.a. wegen #metoo und Shitstorming ein heftiges Jahr. Viele Comedians wägen jetzt noch mehr ab, was sie bringen. Ich finde aber, dass man der Kunst treu bleiben muss. Ich kann mich über alles lustig machen, ich muss nur wissen, wie. Wir haben immer eine gewisse Tiefe in den Jokes. Je heikler das Thema, desto besser muss der Witz sein. Man kann nicht immer nur auf Klischees rumreiten, das würde gerade bei uns nicht funktionieren. Das Publikum ist aber auch gefordert, sich mal lockerzumachen – die Aufgabe des Comedians ist es, dem Zuschauer den Stock aus dem Hintern zu ziehen. Grundsatz bei uns ist: Jede Religion wird respektiert. Es geht ab und zu unter die Gürtellinie – aber nicht zu viel.

Dürften Deutsche die Gags machen, die Sie bringen?

Auch das kann man gar nicht so einfach beantworten. Es bräuchte natürlich viel Feingefühl und es gibt auch Sachen, die dürfte ein Deutscher nicht sagen.

Zum Beispiel?

Da fällt mir spontan kein richtiges Beispiel ein, vielleicht bin ich da auch zu sehr in diesem Comedy-Tunnel drin. Ich denke aber, dass es generell nicht geht, andere Leute zu beleidigen, ohne sich selbst zu beleidigen.

Konnten Sie bei Ihren Auftritten im Nahen Osten eigentlich dieselben Gags bringen wie in Deutschland?

Ganz und gar nicht, dort läuft alles sehr restriktiv. Keine Witze über Sex, Frauen, Politik, Religion.

Was bleibt Ihnen dann noch übrig?

Tja, da wird man kreativ gefordert (lacht). Diese Herausforderungen haben mich aber auch in meinem Schreiben geprägt, sorgten dafür, dass ich ein besserer Comedian geworden bin.

Dürfen dort auch Frauen auftreten?

Ja. Das kann man sich jetzt auch auf Netflix angucken. Bei „Comedians Of The World“ gibt’s eine „Nahost“-Kategorie, Rawsan Hallak aus Jordanien ist dabei – und für Deutschland Enissa Amani.

Für Enissa Amani war RebellComedy der Startschuss zu einer erfolgreichen Solokarriere – schaut sie auf der Tour auch mal vorbei?

Klar ist sie noch Teil der RebellComedy. Sie wird auch auf der Tour immer mal wieder einen Überraschungsauftritt haben.

Enissa Amani wurde durch RebellComedy zum Star und verfolgt aktuell eine erfolgreiche Solokarriere.
Enissa Amani wurde durch RebellComedy zum Star und verfolgt aktuell eine erfolgreiche Solokarriere. © Michael Kleinrensing

Warum gibt’s denn im aktuellen Ensemble acht Männer, aber keine Frauen?

Das ist total blöd. Wir sind immer offen dafür und weisen die Mädels in der Community auch darauf hin, wie das mit Enissa abgegangen ist.

Was müsste denn jemand mitbringen, der bei RebellComedy anfangen will?

Leute brauchen eine gewisse Bühnenerfahrung. Wer mit uns unterwegs ist, tritt schließlich schnell vor 1000, 2000 Zuschauern auf. Da braucht man einen gewissen Nervositäts-Panzer (lacht). Wichtig ist, dass wir mit ihr/ihm zwischenmenschlich etwas anfangen können. Da muss ein großes Maß an Sympathie sein. So wie jetzt bei unserem Neuzugang Salim Samatou, der ein super Kollege geworden ist und ein riesiges Maß an Kreativität mitbringt.

Wie sieht es denn mit neuen TV-Folgen aus?

Wir kommen jetzt mit der 4. Staffel in den WDR mit neuen Folgen und einer komplett abendfüllenden Folge sogar, und schreiben gerade an der 5 – das wird aber etwas ganz Anderes und Neues. Ein Projekt, an dem wir schon seit einem Jahr sitzen und mit dem niemand rechnet.

Nach zwölf Jahren RebellComedy – wie viel Rebell steckt noch in Ihnen?

Das fragen immer mal wieder Leute. Wir sagen immer: Wir müssen daran arbeiten,noch rebellischer zu werden.Das Gute bei uns ist, dass wir nie in eine Komfortzone kommen, weil wir uns immer gegenseitig im Team testen und unsere Texte gegenlesen. So kommt man an die 110 Prozent. Von unternehmerischer Seite sind wir aber immer noch sehr rebellisch. Wir halten uns kaum an Regeln, die man befolgen sollte.

Welche?

Ach, diese ganzen automatisierten Abläufe im Business. Da kommt einer und sagt: „Ihr müsst jetzt einen Investor reinholen und 49 Prozent Anteile verkaufen, dann könnt Ihr das und das machen ...“. Dann sitzt du vor Verträgen, die dicker sind, als das letzte Buch, das du gelesen hast und stellst irgendwann fest, dass diese Geschäftsleute überhaupt nicht verstehen, wofür du stehst. So bleibst du bei deinen Leisten und behälst die Kontrolle über deine Inhalte. Intern ist das sehr rebellisch, es kommt aber nie an die Öffentlichkeit.

Abschließend: Wer noch nie eine RebellComedy-Show besucht hat – warum sollte derjenige vorbeikommen?

Egal, was du von uns erwartest: Es wird ganz anders kommen und du wirst so geflasht werden, dass du danach jeden Tag in unsere Show kommen willst!

>>>INFO: RebellComedy auf „Ausländer raus! Aus dem Zoo“-Tour

Termine: 26.3. Bielefeld (Stadthalle), 29.3. Düsseldorf (Mitsubishi Electric Halle), 30.3. Münster (Halle Münsterland), 31.3. Dortmund (Warsteiner Music Hall), 1.4. Köln (Musical Dome), 3.4. Essen (Colosseum), 13.4. Frankfurt (Jahrhunderthalle), 25.4. Wuppertal (Stadthalle).

Karten erhalten Sie ab ca. 37 € in unseren LeserLäden, unter 0201/804 6060 und auf www.ruhrticket.de.