Berlin. Die Preise für Benzin und Diesel steigen so schnell wie nie zuvor. Warum das so ist und ob bald die Marke von 3 Euro geknackt wird.
- Die Preise für Benzin und Diesel sind in Deutschland auf einem Rekordhoch
- Könnten die Spritpreise jetzt noch weiter ansteigen? Warum wird Tanken immer teurer?
- Wie wahrscheinlich es ist, dass Benzin und Diesel bald über drei Euro kosten
Wohl dem, der in der vergangenen Woche sein Auto vollgetankt hat. Seit dieser Woche leuchtet die Zwei vor dem Komma an der Anzeigetafel der Tankstellen, Diesel ist teurer als Benzin. Der Ukraine-Krieg treibt die Preise an den Tankstellen. Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Tanken: Wie entwickeln sich die Benzinpreise?
An der Zapfsäule kennen die Preise derzeit nur eine Richtung: steil nach oben. Binnen einer Woche verteuerte sich der Diesel im bundesweiten Durchschnitt um knapp 40 Cent, der Liter Super E10 um fast 28 Cent, wie der Automobilclub ADAC mitteilte. Nie zuvor waren die Preise schneller gestiegen.
Am Donnerstag setzte sich die Entwicklung fort: Diesel verteuerte sich bis zum Mittag laut ADAC um etwa sieben Cent pro Liter, der Liter Super E10 kostete zwei Cent mehr als noch am Vortag. Für den Mittwoch hatte der ADAC im Schnitt bundesweite Preise von 2,268 Euro für den Liter Diesel und 2,174 Euro für den Liter Super E10 ermittelt. Der Mittelstandsverband warnt angesichts der Entwicklung bereits vor Firmenpleiten und Arbeitsplatzverlusten.
Warum ist Tanken so teuer geworden?
Der Preis an der Tankstelle hängt eng mit der Entwicklung des Ölpreises zusammen – und der ist derzeit besonders hoch. Zu Wochenbeginn kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Ölsorte Brent rund 139 Dollar (rund 126 Euro), das Barrel der US-Sorte WTI rund 130 Dollar (rund 118 Euro). Eine hohe Nachfrage trifft derzeit auf ein ohnehin knappes Angebot. Nun treiben die Sorgen den Preis nach oben, dass es zu einem Embargo russischen Öls kommt. „Russland fördert ein Zehntel des weltweiten Öls“, sagte Jürgen Albrecht, Kraftstoffmarktexperte des ADAC, unserer Redaktion. Droht diese Menge wegzubrechen, würden sich die Engpässe verschärfen.
Ein Problem: Die weltweite Ölproduktion läuft nicht auf Volllast. Mit Ausbruch der Corona-Krise fuhren weltweit viele Unternehmen ihre Werke herunter, Bänder standen still. Kurzzeitig war der Ölpreis sogar negativ: Wer ein Barrel US-Rohöl kaufte, musste dafür nicht nur kein Geld zahlen, sondern erhielt in der Spitze sogar noch 40 Dollar (rund 36 Euro) zusätzlich. Die in der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) verbundenen Ölstaaten reduzierten daraufhin ihre Ölförderung.
Mit der überraschend schnell anziehenden Konjunktur konnten sie anschließend nicht Schritt halten, der Ölpreis stieg. In der vergangenen Woche kündigte die Opec an, ab April 400.000 Barrel Öl pro Tag zusätzlich fördern zu wollen. Eine schnelle Entlastung dürfte das nicht bedeuten, meint Jürgen Albrecht: „Die Opec kommt allein technisch schon gar nicht mehr hinterher, um die Fördermenge so auszuweiten, dass es deutliche Preisdämpfer geben könnte.“
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Der Ölpreis stand auch schon höher – warum sind die Spritpreise auf Rekordniveau?
2008 kostete das Barrel US-Rohöl mehr als 145 Dollar – kurz bevor Wladimir Putin im Zuge des Kaukasuskrieges in Georgien einfiel. Trotzdem kostete der Liter Diesel damals nur 1,50 Euro, der Liter Superbenzin knapp unter 1,60 Euro. Auch in dieser Woche sank am Dienstag und am Mittwoch der Ölpreis, der Spritpreis kletterte aber weiter.
„2008 lag der Dollarkurs bei 1,60 und heute bei 1,10 – das ist der entscheidende Unterschied. Zudem hat sich in den letzten Tagen eine Entkopplung des Kraftstoffmarktes und des Ölmarktes ergeben“, sagt Albrecht. Wo die Mehreinnahmen innerhalb der Lieferkette, ob bei der Ölförderung, der Logistik oder dem Tankstellenbetreiber, blieben, ließe sich nicht benennen, sagt Albrecht: „Hier herrscht viel Intransparenz.“
Einiges dürfte auch bei den Raffinerien bleiben, die in den vergangenen Jahren teils verlustreiche Geschäfte machen mussten. Der Wirtschaftsverband Fuels & Energie (en2x), dem die Konzerne der Mineralölwirtschaft angehören, teilte auf Anfrage mit, dass sich der Unterschied aus dem höheren Produktpreis ergebe.
2008 habe der Produktpreis für Benzin bei 54 Cent pro Liter gelegen, nun liegt er bei 1,17 Euro. Bei Diesel habe er 2008 68 Cent betragen, nun koste er 1,16 Euro pro Liter. Die Einfuhren von Diesel und Benzin seien bereits drastisch zurückgefahren worden. „Benzin und Diesel bleiben verfügbar, sind aber knapper geworden, was an den Produktmärkten zu den überproportional stark steigenden Preisen geführt hat“, teilte ein en2x-Sprecher unserer Redaktion mit. Hinzu gekommen sei zudem der CO-Preis, der je sieben beziehungsweise acht Cent pro Liter Benzin und Diesel ausmache.
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Warum ist Diesel so teuer?
In normalen Zeiten tanken Diesel-Fahrerinnen und Fahrer günstiger. Während die fixe Energiesteuer auf Benzin bei 65,56 Cent pro Liter liegt, ist sie beim Liter Diesel deutlich günstiger und beträgt nur 47,04 Cent pro Liter. Nun kommen aber gleich mehrere Faktoren zusammen. Zum einen hat Russland bisher stets einen hohen Anteil an fertigem Diesel exportiert, zum anderen ist Diesel chemisch verwandt mit Heizöl.
„Angesichts des drohenden Lieferstopps aus Russland decken sich viele Haushalte derzeit mit Heizöl ein – eine für den März ungewöhnliche Entwicklung“, sagt ADAC-Experte Jürgen Albrecht. Durch die steigende Nachfrage sei das Angebot zusätzlich verknappt.
Kostet der Sprit bald über drei Euro?
„Wenn der Ölpreis nicht weiter stark steigt, ist ein Preis von drei Euro für den Liter Super E10 oder Diesel momentan noch nicht in Reichweite“, sagt Albrecht.
Wird Benzin irgendwann wieder billiger?
„Wenn sich der Kraftstoffmarkt wieder normalisiert, wird der Preis auch sinken – vorausgesetzt der Ölpreis steigt nicht weiter“, sagt Albrecht. Ebenfalls sinken würde seiner Einschätzung zufolge der Preis, wenn es zu einer Entspannung in der Ukraine käme – und der Krieg beendet werden würde.
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Bereichert sich der Staat am hohen Spritpreis?
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat mit einem auf Twitter hochgeladenen Video für Diskussionen gesorgt: Unter anderem warf er dem Staat vor, sich an den hohen Spritpreisen zu bereichern.
„Der prozentuale Anteil der Staatseinnahmen sinkt mit einem steigenden Preis“, sagt ADAC-Kraftstoffexperte Jürgen Albrecht. Absolut gesehen nimmt der Staat vom Autofahrer aber mehr ein – was an der 19-prozentigen Mehrwertsteuer liegt. Die Energiesteuer und die CO2-Abgabe seien dagegen fixe Beträge. Da sie bei steigenden Preisen nicht mitsteigen, sinkt die prozentuale staatliche Abgabenlast.
Zu welcher Tageszeit sind Benzin und Diesel am günstigsten?
„Die Tageszeitschwankungen gibt es auch in der hochpreisigen Marktphase noch“, sagt Jürgen Albrecht. Laut einer ADAC-Auswertung ist das Tanken gegen sieben Uhr morgens am teuersten, ehe der Preis mit zwischenzeitlichen Spitzen bis 22 Uhr sinke. In der Nacht steige der Preis wieder an.
Dagegen gehöre die Schnäppchenjagd an verschiedenen Wochentagen der Vergangenheit an. „Der alte Grundsatz, dass das Tanken am Sonntagnachmittag am günstigsten ist, gilt nicht mehr“ sagt Albrecht. Die Wochentagunterschiede seien von den Tageszeitunterschieden abgelöst worden.
Ist Deutschland Spitzenreiter bei den Spritpreisen?
Im europäischen Vergleich sei der Spritpreis in Deutschland zwar teuer, in anderen Ländern wie Dänemark, Frankreich, Italien oder den Niederlanden koste der Sprit aber regelmäßig mehr, sagt Albrecht.
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