Essen/Bottrop/Gelsenkirchen. Nach vielen Preiserhöhungen senkt Iqony erstmals wieder die Fernwärmepreise. Wann es in Essen, Bottrop und Gelsenkirchen wie viel günstiger wird.
Die Fernwärmepreise kannten in den vergangenen zwei Jahren nur eine Richtung: steil bergauf. Die Steag-Tochter Iqony senkt ihren zum neuen Jahr nun erstmals wieder: Der Arbeitspreis falle zum 1. Januar um 4,37 Cent je Kilowattstunde (kWh). Dadurch werde der Endkundenpreis, zu dem auf den Arbeitspreis noch Grund- und Messpreis obendrauf kommen, um rund ein Viertel (24 Prozent) günstiger, teilte die Iqony Fernwärme am Freitag mit. „Mit der nun zum Jahreswechsel kommenden Preissenkung halten wir Wort“, sagte Geschäftsführer Michael Straus.
Dass der Preis nach mehreren Erhöhungen in den vergangenen Jahren im kommenden wieder sinkt, hatte das Unternehmen bereits im Sommer angekündigt. Da der Fernwärmepreis mit Zeitverzug unter anderem den Preisindizes der eingesetzten Rohstoffe folgt, führten insbesondere die 2022 stark gestiegenen Gaspreise auch in diesem Jahr noch zu mehreren Anhebungen, obwohl Gas seit Anfang des Jahres wieder deutlich günstiger geworden ist. Das wiederum wirkt ab 2024 dämpfend auf die Preise.
Fernwärme bleibt deutlich teurer als vor Beginn des Ukraine-Krieges
Allerdings sind die 11,48 Cent, die eine Kilowattstunde Fernwärme dann in Essen, Gelsenkirchen und Bottrop kostet, immer noch deutlich mehr als vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine: Im Januar 2022 lag der Iqony-Preis bei 6,34 Cent, im Sommer davor zahlten die Fernwärmekunden im Kernruhrgebiet nur 5,33 Cent. Trotz der deutlichen Senkung im Januar beträgt der Arbeitspreis dann immer noch mehr als das Doppelte.
Stand jetzt zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher bis einschließlich März aber nicht den vollen Preis. Bis dahin, das beschloss unlängst die Bundesregierung, gelten noch die staatlichen Energiepreisbremsen, für die Fernwärme liegt sie bei 9,5 Cent je kWh. Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs übernimmt der Staat die Differenz zum aktuellen Preis, für jede Kilowattstunde darüber hinaus müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher den vollen Preis zahlen, also ab Januar 11,48 Cent bei Iqony. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt hat das Bundesfinanzministerium vorerst die Zahlungen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) gestoppt. Aus dem werden auch die Energiepreisbremsen finanziert. Für den Rest des Jahres sollen sie trotzdem gelten, heißt es aus Ministeriumskreisen. Doch die Verlängerung um drei Monate steht nun infrage.
Iqony Fernwärme gehört zu 51 Prozent der Steag-Tochter Iqony und zu 49 Prozent der Meag, einer Vermögensmanagerin der Versicherungsriesen Munich RE und Ergo. Ihr Netz versorgt in Essen, Bottrop und Gelsenkirchen Privathaushalte, Großkunden und Immobilienunternehmen mit Fernwärme. Mit rechnerisch rund 275.000 versorgten Haushalten ist Iqony einer der größten Fernwärmeanbieter Deutschlands. Da im Zuge der politisch flankierten Wärmewende deutlich mehr Gebäude an die Netze angeschlossen werden sollen, rechnet auch Iqony mit einem deutlichen Wachstum in den kommenden Jahren.
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Mit den Fernwärmepreisen beschäftigt sich seit vergangener Woche auch das Bundeskartellamt: Es nahm Ermittlungen gegen sechs Stadtwerke und Versorger auf – wegen des Verdachts, sie würden ihr jeweiliges Monopol für überzogene Preise zu missbrauchen. Entscheidend ist aus Sicht des Kartellamts, dass die Preisindizes für jene Energieträger herangezogen werden, die auch tatsächlich zur Erzeugung der Fernwärme genutzt wurden. Und nicht etwa der in den vergangenen Jahren besonders stark gestiegene Gaspreisindex stärker gewichtet wird als die tatsächlich für die Wärmeerzeugung eingesetzte Gasmenge dies hergibt. Gegen wen das Bundeskartellamt ermittelt, sagte die Behörde nicht. Der Ruhrgebiets-Versorger Iqony Fernwärme versicherte auf Anfrage, er sei nicht betroffen.
Fernwärmepreis zu hoch? Sammelklage gegen Eon
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Wegen desselben Verdachts hat zudem der Bundesverband der Verbraucherzentralen Anfang dieser Woche Sammelklagen gegen den Essener Dax-Konzern Eon und den Fernwärmeversorger Hansewerk Natur eingereicht, die gegen Eon beim Oberlandesgericht Hamm. „Wir sehen der Klage aber gelassen entgegen. Unsere Fernwärmepreise folgen den gesetzlichen Vorgaben und passen sich den Kosten- und Marktentwicklungen an“, sagte ein Eon-Sprecher unserer Redaktion. Und: „Wir sind uns der Belastungen unserer Kunden bewusst, die historisch hohen Energiepreise der letzten beiden Jahre lagen aber außerhalb unserer Verantwortung. Unsere Preise waren und sind fair, transparent und entsprechen allen gesetzlichen Vorgaben.“