Berlin. Volkswagen wird zum Sinnbild der Wirtschaftskrise in Deutschland. Doch es gibt einen Weg aus der Krise. Was es dafür jetzt braucht.
Die schlechten Nachrichten für Volkswagen reißen nicht ab. Am Mittwoch musste der Konzern bekanntgeben, dass sein Gewinn zuletzt um fast zwei Drittel eingebrochen ist. Zur Wahrheit gehört: Noch erwirtschaftet der Autobauer Milliardengewinne. 1,58 Milliarden Euro standen nach Steuern unter dem Strich im dritten Quartal zu Buche. Das erzeugt auf den ersten Blick ein Störgefühl: Milliarden einstreichen und gleichzeitig Zehntausende Jobs streichen wollen? Zumal Oliver Blume, Doppel-CEO von Volkswagen und Porsche, nach einer Analyse der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) im vergangenen Jahr mit einer Vergütung von 10,3 Millionen Euro im Jahr auch noch der Topverdiener aller 40 Dax-Vorstandschefs gewesen ist.
Auf den zweiten Blick allerdings sollte man differenzieren: Denn die Marken im Volkswagen-Konzern wirtschaften sehr unterschiedlich. Trotz Rückgängen verdient Porsche beispielsweise immer noch viel Geld und Skoda weist eine für Mittelklasse- und Kleinwagen sehr gute Marge von mehr als acht Prozent aus. Auf der anderen Seite steht beispielsweise Audi, das zuletzt reihenweise seine Führungskräfte austauschte, aber keine Ideen findet, um seine Produkte an die Fahrerinnen und Fahrer zu bringen. Und dann ist da das Hauptsorgenkind: die Kernmarke VW.
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VW: Die Produkte sind vor allem in China nicht konkurrenzfähig
Die Lage bei der Marke VW ist ernst. Die Produkte sind nicht konkurrenzfähig. Das ließ sich so lange kaschieren, wie der Absatzmarkt in China brummte. Mittlerweile laufen chinesische Hersteller VW aber den Rang ab. Sie sind in Software-Fragen überlegen – obwohl Volkswagen Milliarden in seine Software-Tochter Cariad steckte. Den technischen Rückstand hat VW seitdem trotzdem nicht aufgeholt. Noch wichtiger aber: Der Volkswagen ist längst kein Volkswagen mehr. Die Modelle sind oft zu teuer für die breite Bevölkerungsschicht. Gerade im wichtigsten Absatzmarkt China wird dann lieber zu einheimischen Marken gegriffen, die billiger und technisch mindestens gleichwertig sind.
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Soll VW zukunftsfähig bleiben, braucht es Realismus auf allen Seiten. Drei Werke zu schließen, Zehntausende Jobs abzubauen und Lohnkürzungen durchzusetzen sind Maximalforderungen des Vorstands. Setzt der Vorstand den Rotstift an, dann sollte er auch bei sich selbst anfangen. Dass Oliver Blume in einer derart schweren Krise sich nicht vom Porsche-Chefsessel trennen kann, um sich voll auf Volkswagen zu konzentrieren, ist ein Fehler. Offenbar glaubt er nicht, dass jemand anderes auch nur annähernd den Job so gut machen kann wie er. An Hybris mangelt es Volkswagen-Chefs grundsätzlich nicht, hier wäre weniger aber mehr.
Lohnforderung von sieben Prozent ist aus der Zeit gefallen
Realismus braucht es auch vom Land Niedersachsen, das 20 Prozent der Stimmrechte hält. Müssen am Ende wirklich Werke schließen und Kapazitäten abgebaut werden, dann sollte das nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen. Es kann nicht sein, dass das Land um jeden Preis niedersächsische Produktionen schützt und negative Konsequenzen in andere Bundesländer auslagert, nur um bei den Wählerinnen und Wählern zu punkten. VW muss als Marke wieder funktionieren – weit über die Grenzen Niedersachsens hinaus.
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Und dann sind da noch Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall. In der derzeitigen Situation sieben Prozent mehr Lohn zu fordern, ist völlig aus der Zeit gefallen und beschädigt den Ruf als ernsthafter Tarifpartner. Oberstes Ziel sollte es sein, Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten. Das wird wohl auch den meisten VW-Beschäftigten wichtiger sein, als ein kurzfristiges Lohnplus.
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