Duisburg. Eine Beteiligungsgesellschat will HKM übernehmen, aber nur gegen eine Mitgift. Thyssenkrupp hat großes Interesse an Verkauf. Was dahinter steckt.

Thyssenkrupp Steel (TKS) will seine 50-Prozent-Tochter HKM im Duisburger Süden verkaufen. Ein Interessent, die Hamburger Beteiligungsgesellschaft CE Capital Partners, habe sich bereits dem Präsidium des Aufsichtsrats vorgestellt und sein industrielles Konzept erläutert, sagte der stellvertretende TKS-Aufsichtsratsvorsitzende Detlef Wetzel unserer Redaktion. Und der frühere IG-Metall-Chef betont: „Thyssenkrupp Steel hat ein großes Interesse daran, einen Käufer für HKM zu finden.“

Dem Vernehmen nach geht es bereits in eine „Due Dilligence“, also eine vertiefte Prüfung, in der beide Seiten ihre Bücher öffnen. Dass die IG Metall und auch der HKM-Betriebsrat einen Verkauf des Stahlwerks befürworten, ist kein Geheimnis. Offenkundig forciert nun aber auch die Konzernseite sowohl bei TKS in Duisburg als auch in der Essener Thyssenkrupp-Zentrale einen Verkauf.

Thyssenkrupp Steel: Prüfen Angebot für HKM-Verkauf sorgfältig und ergebnisoffen

„Wir bestätigen, dass ein Interessent für den Erwerb der HKM an uns herangetreten ist“, sagte ein Thyssenkrupp-Steel-Sprecher auf unsere Anfrage - und bestätigte auch, dass man das Angebot prüfe: „Ein möglicher Verkaufsprozess wird jetzt in enger Abstimmung unter den Gesellschaftern ergebnisoffen und – insbesondere in Hinblick auf die Verantwortung für die Belegschaft – sorgfältig geprüft.“

Auch interessant

Dass ein Verkauf der Hüttenwerke Krupp Mannesmann für beide Seiten die beste Lösung sein kann, liegt auf der Hand: Im Duisburger Süden befürchtet man, dem angekündigten Sparprogramm des Stahlvorstands von Thyssenkrupp als Erstes zum Opfer zu fallen. Umgekehrt würde es TKS die Entscheidung zu einem Gutteil erleichtern, wo der angekündigte Abbau von Produktionskapazitäten und Arbeitsplätzen stattfinden soll.

Die Kapazitäten von TKS und HKM betrachtet der Vorstand zusammen. Bei einem Verkauf des Werks im Duisburger Süden müsste man die im Duisburger Süden wegfallenden Kapazitäten nicht am Stammsitz im Norden oder etwa in Bochum wegrationalisieren. Thyssenkrupp will die bisher 11,5 Millionen Tonnen um zwei bis zweieinhalb Millionen Tonnen senken. Der Stahl-Faustformel zufolge würde das bis zu 2500 Arbeitsplätze kosten. Versprochen ist, dass dies ohne betriebsbedingte Kündigungen geschehen soll.

Kaufinteressenten wollen eine Mitgift für HKM haben

Bei HKM befürchtet man aber, das eigene Werk in diesem Schrumpfprozess schließen zu müssen. Einige, aber nicht alle könnten dann in Thyssenkrupp-Werken arbeiten. Ein Verkauf gilt als Ausweg, allerdings dürfte das eine schwierige, weil komplizierte Angelegenheit werden. Denn Thyssenkrupp ist mit seinen 50 Prozent nur einer von drei HKM-Eigentümern. Konkurrent Salzgitter hält 30 Prozent an HKM, der französische Vallourec-Konzern die restlichen 20 Prozent. Der Kaufinteressent will HKM als Ganzes übernehmen, muss sich also mit allen drei Eigentümerkonzernen einigen – und die sich untereinander. Während Salzgitter sich zuletzt immer für HKM bekannte, aber auf Thyssenkrupp zeigte, will sich Vallourec aus Deutschland zurückziehen.

Das wird schon dadurch erschwert, dass die Kaufinteressenten aus Hamburg dem Vernehmen nach einen negativen Kaufpreis bieten. Man muss sich demnach darauf einigen, wie hoch die Mitgift für die gemeinsame Tochter HKM sein soll. Noch zu klären ist außerdem, ob CE Capital Partners eine langfristige, stabile Finanzierung von HKM zusichern kann. Andernfalls blieben für die heutigen Anteilseigner Thyssenkrupp Steel, Salzgitter und Vallourec Risiken zurück.

Stahlarbeiter haben in diesem Sommer mehrfach protestiert und sichere Jobs gefordert. Dabei steht die Tochter HKM im Duisburger stets im Mittelpunkt der Diskussionen, wo gespart werden soll.
Stahlarbeiter haben in diesem Sommer mehrfach protestiert und sichere Jobs gefordert. Dabei steht die Tochter HKM im Duisburger stets im Mittelpunkt der Diskussionen, wo gespart werden soll. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

CE Capital Partners ist der Stahlbranche im Ruhrgebiet aus einem früheren Deal bekannt: 2021 übernahmen die Hamburger die Mülheimer Friedrich-Wilhelms-Hütte von Georgsmarienhütte. Nur ein Jahr später verkaufte sie die Stahlgießerei mit ihren rund 260 Beschäftigten wieder – an den Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW). Der verbaut die Stahlprodukte aus Mülheim unter anderem in Panzern.

CE Capiatal Partners kaufte 2021 die Mülheimer Friedrich-Wilhelms-Hütte

Dass die Hamburger erfolgreich im Stahlgeschäft unterwegs sein können, haben sie zwar gezeigt, aber nur für einen kurzen Zeitraum. Die HKM-Übernahme wäre mehr als eine Nummer größer, das Unternehmen hat rund 3100 Beschäftigte und erzielt jährlich rund drei Milliarden Euro Umsatz. Die Hüttenwerke am Rheinufer gehören mit ihren zwei Hochöfen, der Kokerei, einem Gaskraftwerk und vielen Anlagen mehr zu den größten Deutschlands. Der HKM-Stahl wird in Werken an zahlreichen NRW-Standorten weiterverarbeitet.

Auch interessant

Marco Gasse, HKM-Betriebsratsvorsitzender, zeigt sich offen für einen Verkauf an einen neuen Eigentümer. Im Gespräch mit unserer Redaktion betont er mit Blick auf mögliche Verkaufsverhandlungen: „Bei jedem Investor ist es entscheidend, ob er ein gutes industrielles Konzept hat. Das Wichtigste ist der Erhalt der Arbeitsplätze und dieses Standorts.“ Und: „Am Ende ist mir egal, welcher Name über dem Werkstor hängt“, sagt Gasse. Andernfalls hatte er unlängst vor einem zweiten „Rheinhausen“ gewarnt, in Anspielung an den Arbeitskampf um das Rheinhauser Krupp-Werk im Winter 1987/88.

Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier: