Essen. Die Zukunft der Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) ist ungewiss. Anteilseigner Salzgitter legt sich nicht fest – auch beim Thema Grünstahl.

Wenn Gunnar Groebler, der Chef des niedersächsischen Stahlkonzerns Salzgitter, über die Lage seines Unternehmens spricht, geht es auch um große Industriestandorte in NRW. Aus nordrhein-westfälischer Perspektive stehen insbesondere die traditionsreichen Duisburger Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) im Fokus – immerhin Deutschlands zweitgrößtes Stahlwerk. Salzgitter ist 30-Prozent-Eigentümer, 50 Prozent der Anteile hält Thyssenkrupp Steel. Seit Jahren fungiert HKM als wichtiger Zulieferbetrieb für die Stahlkonzerne aus Deutschland.

Handlungsdruck entsteht unter anderem, weil der französische Rohrhersteller Vallourec, der bei HKM momentan 20 Prozent hält, aussteigen will. Entsprechend groß ist die Unsicherheit in der Belegschaft. HKM beschäftigt rund 3100 Mitarbeitende. Zwei Hochöfen und eine Kokerei sind Teil des Betriebs in Duisburg. Die IG Metall hat schon vor einigen Monaten vor einem Aus von HKM gewarnt.

Wie geht es weiter? „Wir haben uns immer klar positioniert zu HKM und haben gesagt: Wir stehen zu dem Teil des Salzgitter-Konzerns“, sagt Salzgitter-Chef Groebler. „Wir haben aber auch klar gesagt: Hauptanteilseigner an der HKM ist die Thyssenkrupp Steel. Und als solcher ist die Thyssenkrupp Steel auch aufgefordert, hier in die Führungsrolle zu gehen, was eine Zukunftsfähigkeit der HKM angeht.“

Ob Salzgitter seinen Anteil bei HKM aufstockt, lässt Groebler offen. Unklar bleibt auch, ob sich der niedersächsische Stahlkonzern an einer mutmaßlich milliardenschweren Investition zum Aufbau einer Grünstahl-Produktion beteiligen wird.

HKM-Betriebsrat hofft auf Direktreduktionsanlage für Duisburger Süden

Auf dem Bau einer entsprechenden Direktreduktionsanlage (DRI) für eine klimafreundliche Stahlherstellung ruhen die Hoffnungen der Belegschaftsvertreter. „Wir setzen auf das DRI-Modell“, sagte HKM-Betriebsratschef Marco Gasse im Herbst vergangenen Jahres im Gespräch mit unserer Redaktion. Die DRI-Anlage sollte demnach einen Hochofen im Duisburger Süden ersetzen. Für seine Werke im Duisburger Norden hat Thyssenkrupp Steel eine solche Großinvestition bereits auf den Weg gebracht und sich eine voraussichtlich rund zwei Milliarden Euro schwere Förderung von Bund und Land gesichert. Entscheidungen der HKM-Eigentümer zum Thema Grünstahl lassen indes noch auf sich warten.

Salzgitter-Chef Groebler verweist auf eine gemeinsam mit Thyssenkrupp Steel im vergangenen Jahr gegründete Gesellschaft, in der „Zukunftsperspektiven der HKM“ entwickelt werden sollen. „Salzgitter wird das konstruktiv begleiten“, so Groebler. „Teil des Zukunftskonzepts der HKM ist natürlich auch die Frage: Wie wird eine Transformation aussehen?“, fügt er hinzu. „Wenn man eine vollständige Transformation umsetzen würde, dann wäre eine DRI-Anlage Teil davon, aber ich glaube, es ist zum jetzigen Zeitpunkt auch zu früh, das final zu beantworten.“ Er wolle hier „ungern den Technikern vorgreifen“, was „das beste Konzept für die HKM“ sei.

Salzgitter hält nichts von möglichem Zusammenschluss mit Thyssenkrupp Steel

Deutschlands Stahlindustrie habe derzeit mit Herausforderungen zu kämpfen, erklärt Groebler. „Die Stahlindustrie ist unter Druck. Ich glaube, alle Unternehmen der deutschen Stahlindustrie sind sich dessen bewusst und sind auch dabei, ihre eigenen Schlüsse daraus zu ziehen.“ Ob ein Zusammenschluss der Stahlhersteller in Deutschland – etwa unter Beteiligung von Thyssenkrupp – Besserung verspreche? „Es geht um Überkapazitäten“, betont Groebler auf Nachfrage. Er habe „noch kein überzeugendes industrielles Konzept gesehen“ für eine Fusion von zwei oder mehreren Stahlunternehmen, in dem das Thema Überkapazitäten vernünftig berücksichtigt worden sei.

Salzgitter-Chef Gunnar Groebler: „Die Stahlindustrie ist unter Druck.“ Ob eine Fusion mit Thyssenkrupp Steel Besserung bringen könne? Er sei „selbstverständlich offen für Diskussionen“, aber aus der Perspektive von Salzgitter sehe er derzeit „keine Vorteile in Zusammenschlüssen jedweder Art“, sagt Groebler.
Salzgitter-Chef Gunnar Groebler: „Die Stahlindustrie ist unter Druck.“ Ob eine Fusion mit Thyssenkrupp Steel Besserung bringen könne? Er sei „selbstverständlich offen für Diskussionen“, aber aus der Perspektive von Salzgitter sehe er derzeit „keine Vorteile in Zusammenschlüssen jedweder Art“, sagt Groebler. © dpa | Vattenfall

Ein Zusammenschluss „löst im Moment das Überkapazitäten-Problem grundsätzlich nicht“, betont Groebler. Er sei „selbstverständlich offen für Diskussionen“, aber aus der Perspektive von Salzgitter sehe er derzeit „keine Vorteile in Zusammenschlüssen jedweder Art“. Denn damit werde das „Grundproblem“ nicht gelöst, sagt der Chef des Konzerns, an dem das Land Niedersachsen etwas mehr als ein Viertel der Anteile hält.

Italienisches Unternehmen übernimmt Salzgitter-Tochter aus Mülheim

Beschlossene Sache ist, dass Salzgitter die Firmentochter Mannesmann Stainless Tubes-Gruppe (MST) mit Sitz in Mülheim an der Ruhr verkauft. Die Verträge mit dem italienischen Käufer Cogne Acciai Speciali seien bereits unterschrieben, so Salzgitter-Chef Groebler. Er erwarte einen Abschluss der Transaktion in den letzten drei Monaten des laufenden Geschäftsjahres. Der Kaufpreis liege bei 135 Millionen Euro.

MST produziert nahtlose Edelstahl- und Nickelbasisrohre und hat eigenen Angaben zufolge rund 1000 Beschäftigte weltweit, davon 260 an den beiden deutschen Standorten Remscheid und Mülheim an der Ruhr. Weitere Standorte gibt es in Frankreich, Italien und in den USA. Das italienische Unternehmen Cogne Acciai Speciali sei für die Salzgitter-Tochter bereits ein Lieferant von Vormaterial und habe einen „Wachstumsfokus“, betont Groebler. MST war im Jahr 2000 zusammen mit den Mannesmannröhren-Werken zur Salzgitter AG gekommen. Der Mannesmann-Konzern war damals durch das britische Telekommunikationsunternehmen Vodafone übernommen und anschließend zerschlagen worden.