Duisburg/Mönchengladbach. Beim Bau der Direktreduktionsanlage für Thyssenkrupp in Duisburg gibt es nach Angaben des Anlagenbauers SMS Group Verzögerungen.

Beim Aufbau einer klimafreundlichen Stahlproduktion von Thyssenkrupp am Standort Duisburg gibt es Verzögerungen. „Das Projekt läuft“, sagte Jochen Burg, der Vorsitzende der Geschäftsführung des nordrhein-westfälischen Anlagenbauers SMS Group, bei der Jahresbilanz des Unternehmens in Mönchengladbach. Allerdings gebe es Terminverzögerungen um vier Monate – in Absprache mit dem Kunden Thyssenkrupp Steel. Zur Begründung sagte Burg, die Baustelle am Stahlstandort Duisburg müsse im laufenden Betrieb errichtet werden. Auch Genehmigungsverfahren spielten eine Rolle. „Wir sind aber voll dabei und guter Dinge, dass wir im Jahr 2027 den ersten grünen Stahl produzieren werden.“ Im Herbst 2024 solle mit den Erdarbeiten begonnen werden.

Bislang sollte Unternehmensangaben zufolge schon Ende 2026 der Betrieb der ersten Direktreduktionsanlage (DRI-Anlage) zur Grünstahl-Herstellung von Thyssenkrupp Steel in Duisburg starten. Der Bau der Anlage, die einen Hochofen ersetzen soll, ist für Thyssenkrupp ein Vorhaben von historischer Dimension. Mit 135 Metern soll die neue DRI-Anlage in Duisburg noch größer werden als die bestehenden Hochöfen. Der Bund und das Land NRW unterstützen das Vorhaben mit rund zwei Milliarden Euro aus öffentlichen Kassen. Das Auftragsvolumen für SMS beträgt früheren Angaben zufolge mehr als 1,8 Milliarden Euro.

SMS-Chef Burg betonte, die neue Stahlproduktion von Thyssenkrupp werde zunächst mit Erdgas und später erst mit Wasserstoff betrieben. Die Mengen an Wasserstoff, die benötigt würden, seien derzeit nicht in Deutschland vorhanden, so Burg. Die bisherigen Planungen der Unternehmen sehen vor, dass Thyssenkrupp Steel ab dem Jahr 2029 rund 143.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr verbraucht. Das entspreche alle zwei Stunden und 365 Tage im Jahr der Füllmenge des Gasometers Oberhausen, hatte das Unternehmen erklärt. „Wir brauchen den Wasserstoff“, betont SMS-Chef Burg.

Großprojekte für die SMS Group in Duisburg und Schweden

Nicht nur in Duisburg, sondern auch in Schweden ist SMS an einem großen Grünstahl-Projekt beteiligt. „H2 Green Steel“ heißt das Vorhaben. In Schweden baue SMS das erste Stahlwerk der Welt, das zu 100 Prozent mit grünem Wasserstoff betrieben werde, erklärt das nordrhein-westfälische Unternehmen. Die Planungs- und Konstruktionsphasen des Werks seien weitestgehend abgeschlossen. Derzeit werden die Anlagenbestandteile gefertigt und auf die Baustelle in Schweden geliefert. Im Herbst will SMS damit beginnen, die Aufbauarbeiten der Anlage mit eigenen Teams vor Ort zu koordinieren. In Schweden liege SMS „voll im Zeitplan“, sagt Unternehmenschef Burg. 2026 soll der erste grüne Stahl produziert werden.

SMS-Chef Jochen Burg wirbt dafür, die energieintensive Herstellung von Roheisen als Basis der Stahlwerke in Deutschland zu erhalten: „Ich halte es für äußerst riskant, sich von der Roheisen-Produktion in Europa zu verabschieden und sich in die Abhängigkeit anderer Wirtschaftsräume zu begeben.“
SMS-Chef Jochen Burg wirbt dafür, die energieintensive Herstellung von Roheisen als Basis der Stahlwerke in Deutschland zu erhalten: „Ich halte es für äußerst riskant, sich von der Roheisen-Produktion in Europa zu verabschieden und sich in die Abhängigkeit anderer Wirtschaftsräume zu begeben.“ © SMS group | Sms group

Zur SMS Group gehören rund 13.500 Beschäftigte. Kürzlich hat das Unternehmen eine neue Firmenzentrale in Mönchengladbach bezogen. Jochen Burg führt den Anlagenbauer seit Oktober 2023. Sein Mentor ist Firmenpatriarch Heinrich Weiss, einst BDI-Präsident. Im vergangenen Geschäftsjahr hat die SMS Group ihren Auftragseingang nach eigenen Angaben auf mehr als fünf Milliarden Euro gesteigert – nach 4,6 Milliarden Euro im Vorjahr. Der Umsatz habe sich von 3,1 Milliarden auf 3,4 Milliarden Euro erhöht.

Ob in Deutschland weitere DRI-Anlagen zur Grünstahl-Herstellung entstehen können, hänge insbesondere von politischen Entscheidungen ab, hebt SMS-Chef Burg hervor. „Im Moment werden die großen Projekte rein über die Förderungen entschieden.“ Die Stahlhersteller benötigten diese Sicherheit. Der Manager wirbt dafür, die energieintensive Herstellung von Roheisen als Basis der Stahlwerke in Deutschland zu erhalten. „Ich halte es für äußerst riskant, sich von der Roheisen-Produktion in Europa zu verabschieden und sich in die Abhängigkeit anderer Wirtschaftsräume zu begeben“, argumentiert Burg. Es gebe derzeit noch rund 50 Hochöfen in Europa. „Die schaltet man auch nicht von heute auf morgen einfach ab.“ Die SMS Group will Technologien entwickeln, um den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) von bestehenden Hochöfen zu senken. Eine entsprechende Pilotanlage wolle SMS mit dem Stahlkonzern Tata in Indien bauen.

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