Duisburg/Essen. Alle zwei Stunden die Füllmenge des Gasometers Oberhausen: So groß soll bei Thyssenkrupp der Wasserstoff-Bedarf für die Grünstahl-Anlage sein.

Mit dem grünen Licht der EU-Kommission für die milliardenschwere Staatshilfe zum Aufbau einer klimaneutralen Stahlproduktion in Duisburg kann Thyssenkrupp nach vorne blicken. In etwas mehr als drei Jahren soll im Ruhrgebiet der erste „grüne Stahl“ mit Hilfe der Hochofen-Nachfolgetechnologie entstehen.

Eine Schlüsselrolle spielt dabei der nordrhein-westfälische Anlagenbauer SMS Group. Das Düsseldorfer Unternehmen soll die erste Direktreduktionsanlage (DRI-Anlage) für die Grünstahl-Produktion in Duisburg bauen. „Die Arbeiten in Duisburg haben begonnen und wir kommen gut voran“, sagte Burkhard Dahmen, der Chef der SMS Group, bereits vor einigen Tagen im Gespräch mit unserer Redaktion. Mit einem Volumen von 1,8 Milliarden Euro ist es der größte Einzelauftrag in der Firmengeschichte der SMS Group. „Wir liefern die Anlage schlüsselfertig zum Festkostenpreis“, so Dahmen.

Die neue DRI-Anlage soll ab Ende 2026 in Betrieb gehen, so Thyssenkrupp. Ab dem Jahr 2029 will Deutschlands größter Stahlkonzern dann rund 143.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr verbrauchen. Das entspreche alle zwei Stunden und 365 Tage im Jahr der Füllmenge des Gasometers Oberhausen. In einer Übergangszeit will Thyssenkrupp allerdings Erdgas statt Wasserstoff verwenden.

Habeck: Mit Thyssenkrupp-Projekt ein „Push“ für die Wasserstoff-Wirtschaft

„Mit diesem Vorhaben geben wir auch der Wasserstoff-Wirtschaft in Deutschland und Europa einen weiteren Push“, sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Mit der Direktreduktionsanlage kann der Einsatz von Kohle in der Stahlerzeugung vollständig durch grünen Wasserstoff ersetzt werden.“

Es ist ein großes und kostspieliges Vorhaben. Es gehe um Unterstützung in Höhe von bis zu zwei Milliarden Euro, teilte die EU-Kommission in Brüssel mit. Rund 700 Millionen Euro will das Land NRW beisteuern, den größeren Teil der Bund. Gefördert werden soll sowohl der Aufbau der neuen Anlage als auch der anschließende Betrieb. Denn die klimafreundliche Produktion dürfte zunächst teurer sein als die konventionelle Herstellung.

IG Metall: „Dies kann nur der Einstieg sein“

Die IG Metall lobt die staatliche Förderung, sieht aber weiteren Bedarf für finanzielle Unterstützung am Stahlstandort Duisburg. „Die Entscheidung ist ein wichtiges Signal“, sagt IG Metall-Vorstand Jürgen Kerner, der auch Vize-Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp ist. „Klar ist aber auch: Dies kann nur der Einstieg sein. Auch die weiteren Hochöfen müssen perspektivisch durch mit Wasserstoff betriebene Direktreduktionsanlagen ersetzt werden. Hier ist die Politik weiterhin in der Pflicht, diesen Jahrhundertumbau zu begleiten und auch finanziell zu fördern.“

Schon vor einigen Monaten hatte die IG Metall vor einem Aus des Duisburger Stahlkonzerns Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) gewarnt, der zwei Hochöfen in Duisburg betreibt. An HKM sind Thyssenkrupp und der niedersächsische Konzern Salzgitter beteiligt.

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