Essen. Neue Eigentümer von Galeria Karstadt Kaufhof präsentieren Pläne: In der Essener Firmenzentrale fällt jeder zweite Job weg.

Und wieder bewegt sich die Drehtür am Eingang der Galeria-Zentrale, etwas schwerfällig zwar, aber der Zugang zum Haus steht weit offen. Drinnen ist schon alles vorbereit für die neuen Eigentümer der Essener Warenhauskette. Der Unternehmer Bernd Beetz, nebenbei Präsident des Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim, lächelt freundlich in die Kameras. Mission: Zuversicht verbreiten. Der Konferenzraum, in dem sich Beetz zu Wort melden soll, ist mit Warenhaus-Utensilien geschmückt, darunter ein paar farbige Taschen und Schuhe.

„Wir wollen Galeria zum Erfolg führen“, sagt Beetz voller Selbstvertrauen. Warum es diesmal besser klappen solle als bei seinen Vorgängern, immerhin mehreren Milliardären, mit denen es schließlich immer wieder nur abwärts ging – Insolvenzen eingeschlossen? „Wir sind einfach besser“, entgegnet Beetz, der vor einigen Jahren auch schon einmal Aufsichtsratsvorsitzender von Kaufhof war, und lächelt wieder offensiv in die Kameras.

Doch während Beetz, der gemeinsam mit dem amerikanischen Geschäftsmann Richard Baker antritt, Aufbruchstimmung verbreitet, müssen viele Beschäftigte um ihren Arbeitsplatz bangen. Es ist die Rolle von Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus, die Einschnitte zu verkünden, die nun bevorstehen. Besonders hart trifft es die Belegschaft in der Essener Firmenzentrale. Jeder zweite Arbeitsplatz falle weg, kündigt Denkhaus an. 450 Arbeitsplätze seien betroffen.

Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus, Galeria-Geschäftsführer Olivier Van den Bossche und Investor Bernd Beetz (von links): Das Trio verbreitet Zuversicht, plant aber auch harte Einschnitte im Warenhausgeschäft.
Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus, Galeria-Geschäftsführer Olivier Van den Bossche und Investor Bernd Beetz (von links): Das Trio verbreitet Zuversicht, plant aber auch harte Einschnitte im Warenhausgeschäft. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Unklar ist zudem, ob die Galeria-Zentrale in der Stadt Essen bleiben wird. Denkhaus, ein gebürtiger Essener, gibt sich zwar lokalpatriotisch, macht aber auch klar, dass ein Auszug aus dem traditionsreichen Verwaltungsgebäude durchaus wahrscheinlich ist. Wohin? Ob das Unternehmen mit den Marken Karstadt und Kaufhof womöglich künftig aus einer Düsseldorfer Warenhaus-Immobilie geführt wird, wie spekuliert wird? Denkhaus lässt es offen. Der Mietvertrag in Essen laufe jedenfalls im kommenden Jahr aus. „Dieses Gebäude hat fertig“, sagt Denkhaus in salopper Sprache. Einen Vertrag für einen anderen Standort habe er aber noch nicht unterschrieben.

Harter Einschnitt in der Essener Zentrale von Galeria Karstadt Kaufhof

Auch Hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Filialen verlieren voraussichtlich ihren Job. Denn es zeichnet sich ab, dass mehrere Warenhausstandorte vor dem Aus stehen. Er hoffe, dass „über 70 Filialen“ weiterbetrieben werden können, so Denkhaus. Derzeit betreibt das Unternehmen 92 Filialen mit rund 12.800 Beschäftigten.

Beschäftigte, die ihren Arbeitsplatz verlieren, könnten zunächst in eine Transfergesellschaft wechseln, erklärt er. Diese werde eine Laufzeit von acht Monaten haben und am 1. Juni starten. Als Alternative zur Transfergesellschaft gebe es Abfindungen, diese seien aber in ihrer Höhe „begrenzt“, so der Jurist.

Ein möglicher Erhalt der Filialen, die auf der Kippe stehen, hänge von Verhandlungen mit den Vermietern der Warenhausimmobilien ab, von denen sich der Insolvenzverwalter Zugeständnisse erhofft. Dabei gehe es insbesondere um die Standorte, die zur bisherigen Galeria-Eignerin Signa des österreichischen Geschäftsmanns René Benko gehören. Die meisten Entscheidungen zu den Filialen sollten noch im April fallen, kündigt Denkhaus an, spätestens aber im Mai.

Auch die Essener Filiale am Limbecker Platz hat er im Blick. Die Chancen, diese zu erhalten seien „überwiegend gut“, sagt der Insolvenzverwalter. Man „lege sich ins Zeug“, um „mit dem Vermieter zu einer guten Lösung zu kommen“.

Verdi äußert sich positiv zum Galeria-Deal

Trotz des zu bevorstehenden Stellenabbaus äußert sich Silke Zimmer, Bundesvorstandsmitglied der Gewerkschaft Verdi, erfreut über die Entwicklung bei Galeria. „Wir begrüßen, dass offensichtlich ein finanzstarker Investor gefunden wurde, der Galeria als Ganzes erhalten will und über Kompetenz im Einzelhandel verfügt, wenngleich unsere Erfahrungen in der Vergangenheit durchaus zwiespältig waren“, sagt Zimmer. Die Gewerkschafterin fordert den neuen Eigentümer dazu auf, in das Unternehmen zu investieren und die Standorte zu erhalten. Und dann mahnt sie: „Wer fortlaufend nur auf Kostensenkung durch Filialschließungen, Personalabbau und untertarifliche Zahlung setzt, senkt die Attraktivität der Warenhäuser für die Kundinnen und Kunden und beeinträchtig die Attraktivität der Innenstädte.“

Auch die NRW-Landesregierung zeigt sich erleichtert. „Es ist für alle Beteiligten gut, dass für Galeria Karstadt Kaufhof jetzt ein neuer Investor – mit Branchenerfahrung – gefunden wurde“, sagte NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) unserer Redaktion. Sie fordert die Galeria-Führung auf, „die ausgetretenen Pfade der Galeria-Vorbesitzer zu verlassen und mit den engagierten Beschäftigten neue Wege zu gehen“.

Zu einer wichtigen Frage des Warenhaus-Deals äußern sich Denkhaus und Beetz nicht. Ob ein Kaufpreis fließe? Dazu sei Vertraulichkeit vereinbart worden, sagt der Insolvenzverwalter. Unklar bleibt auch, in welcher Höhe die neuen Eigentümer in das Unternehmen investieren wollen. Er wolle „einen ganzen Batzen Cash“ in Galeria Karstadt Kaufhof stecken, sagt Beetz. Wie viel das sein werde? Auch das sei vertraulich.

Bernd Beetz (links) und Olivier Van den Bossche: ein demonstrativ geschlossener Auftritt.
Bernd Beetz (links) und Olivier Van den Bossche: ein demonstrativ geschlossener Auftritt. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Bereits tags zuvor war bekanntgeworden, dass ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und dem deutschen Unternehmer Beetz Galeria Karstadt Kaufhof übernehmen will. NRDC gehört dem Unternehmer Richard Baker, der auch die Mehrheit am kanadischen Warenhausunternehmen Hudson’s Bay Company (HBC) besitzt. Über HBC war der Amerikaner – in einer in Essen verteilten Pressemitteilung Jack Baker genannt – bereits zwischen 2015 und 2019 Eigentümer von Kaufhof. Diesmal, beteuert Beetz, werde einiges anders. Es seien Fehler passiert in der Vergangenheit, räumt er ein. Aber daraus habe man gelernt.

In der Geschäftsführung setzt Beetz auf den bisherigen Geschäftsführer Olivier Van den Bossche. Er sei ein Chef „der Extraklasse“, sagt Beetz. Er selbst wolle sich als „Chairman“ an der Führung des Unternehmens beteiligen. Bei einem gemeinsamen Foto legt Beetz demonstrativ kräftig seine Hand auf Van den Bossches Schulter.