Essen. Essens Warenhauskette geht an US-Fonds und Fußball-Präsident. Warum das bei Kaufhof keinen Jubel auslöst und wie viele Filialen erhalten bleiben.

Die Vorentscheidung im Bieterkampf um den insolventen Essener Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof ist offenbar gefallen. Der US-Investor NRDC Equity Partners soll den Zuschlag für Deutschlands letzte große Kaufhauskette erhalten, berichtet das Handelsblatt. Allerdings nicht allein, sondern in einem Konsortium mit Bernd Beetz, dem Fußball-Präsidenten von Waldhof Mannheim und früheren Dior-Chef. Mit den Verhandlungen vertraute Kreise bestätigten unserer Redaktion den bevorstehenden Deal.

Ein Sprecher des Insolvenzverwalters Stefan Denkhaus wollte sich dazu auf Anfrage unserer Redaktion nicht äußern. Die Verträge sollen laut Handelsblatt am heutigen Dienstag unterschrieben werden. Am Mittwoch wollen sich Insolvenzverwalter Denkhaus und das Unternehmen vor der Presse dazu äußern.

Unter den Kanadiern rutschte der Kaufhof in die roten Zahlen

Es wäre die Rückkehr eines alten Kaufhof-Bekannten, der bei der früher größten Kaufhauskette nicht in allerbester Erinnerung ist. Hinter dem US-Fonds NRDC steckt der Amerikaner Richard Baker, dem auch Kanadas ältestes Unternehmen gehört - die 1670 gegründete Hudson‘s Bay Company (HBC). An diese hatte der Großhandelskonzern Metro den Kaufhof 2015 abgegeben. In den vier Jahren, bis HBC sein deutsches Abenteuer beendete und den Kaufhof dem österreichischen Milliardär René Benko abtrat, war die Kölner Warenhaus-Ikone böse abgerutscht.

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Mit der anschließenden Fusion unter Benko mit Karstadt wurde es freilich nicht besser. Galeria Karstadt Kaufhof hatte nach dem Zusammenschluss 2019 mehr als 170 Filialen, nach den zwei Insolvenzverfahren 2020 und 2022/23 sind es aktuell noch 92 Häuser. Wie unsere Redaktion aus gut informierten Kreisen erfuhr, will der neue Investor mehr als 70 übernehmen.

Das wäre mehr als zuletzt zu befürchten war. Insolvenzverwalter Denkhaus hatte jüngst deutlich gemacht, er werde die Essener Kaufhauskette vor dem Verkauf mit harten Einschnitten rentabel machen. Das Ziel sei es, dass „60 plus X“ Filialen erhalten bleiben, sagte er. Das ist auch die Größe, die Galeria-Chef Olivier van den Bossche im Interview mit unserer Redaktion als kritische Masse für das Überleben als Warenhauskonzern genannt hatte.

Mehr als 70 der 92 Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof sollen übernommen werden

Da nach wie vor Verhandlungen mit den Immobilienbesitzern über Mietsenkungen laufen, steht noch nicht fest, wie viele Filialen am Ende wirklich schließen müssen. In den vergangenen beiden Insolvenzverfahren konnten jeweils noch einige in letzter Minute gerettet werden.

Zuletzt hatte Denkhaus nach eigenen Angaben noch mit zwei Bietern „finale Gespräche“ zur Übernahme von Galeria Karstadt Kaufhof geführt. Namen nannte er nicht, betonte aber: „Beide Interessenten verfügen über große Erfahrung im deutschen Einzelhandel.“

Warum der erste Versuch mit der Hudson‘s Bay Company misslang

Die hat Richard Baker mit seiner kanadischen Kultkette HBC in der Tat, aber nicht unbedingt sehr gute. Serienfans ist die Hudson‘s Bay Company auch aus der Netflix-Serie Frontier bekannt, in der es um den Fellhandel im wilden Kanada mit dem für die Jäger übermächtigen Pelzhändler HBC geht. Sie spielt im 18. Jahrhundert, 300 Jahre später ist „The Bay“ in Nordamerika kein Handelsmonopolist mehr, aber mit seinen Warenhäusern nach wie vor sehr präsent.

Der Versuch seiner amerikanischen Investoren, mit der Übernahme des Kaufhof auch in Europa Fuß zu fassen, scheiterte HBC im vergangenen Jahrzehnt allerdings. Von der Metro übernahm Baker 2015 eine Kaufhauskette, die noch Gewinne schrieb. Das sollte sich schnell ändern. Bereits im Jahr darauf rutschte Kaufhof in die roten Zahlen und kam auch nicht mehr heraus. Die Gewerkschaft Verdi machte seinerzeit ausbleibende Investitionen dafür mitverantwortlich, Branchenkenner bemängelten auch, dass die im Kaufhof platzierten HBC-Eigenmarken nicht funktionierten.

Der Konzern betreibt auch die Luxusmode-Outlets „Saks off 5th“, die in Nordamerika sehr erfolgreich sind. Auch für sie endete die versuchte Expansion nach Europa im Fiasko - 2019 schlossen alle sechs deutschen Saks-Filialen nach nur drei Jahren wieder, eine davon im Düsseldorfer Carsch-Haus.

Fußball- und Luxusgüter-Manager Beetz war bereits Kaufhof-Chefaufseher

Wie NRDC und Beetz den zweiten Versuch der Amerikaner angehen wollen, ist offen. Der Versuch, das HBC-Konzept auf Deutschland zu übertragen, hat ganz offensichtlich nicht funktioniert. Im Gegenteil: Ohne den Absturz des Kaufhof nach der Übernahme durch HBC von der Metro wäre Benko wohl nie zum Zuge gekommen. In den Kaufhof-Filialen von Galeria dürfte der mutmaßliche neue Eigentümer daher zunächst keinen großen Jubel auslösen.

Beetz ist Präsident des Fußball-Drittligisten Waldhof Mannheim. Der Handelsprofi war Chef der Luxusgüter-Konzerns Dior und des US-Kosmetikriesen Coty. Auch er ist beim Kaufhof ein alter Bekannter - er war von 2018 bis 2019 Aufsichtsratschef der Kölner Kaufhauskette. Die gehörte seinerzeit noch der NRDC-Tochter HBC.