Essen. Immobilienpreise sind rasant gesunken. Warum der Essener Makler Eckard Brockhoff jetzt zum Kauf rät und die Krise für beendet erklärt.
Die Immobilienpreise sind bundesweit „so schnell so stark“ gesunken wie seit den 60er Jahren nicht mehr. Nach Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) haben sich Eigentumswohnungen im vergangenen Jahr um 8,9 Prozent verbilligt, Einfamilienhäuser um 11,3 Prozent und Mehrfamilienhäuser um 20,1 Prozent. Im vierten Quartal hat das IfW exemplarisch in den Ruhrgebietsstädten Duisburg und Dortmund wieder einen leichten Preisauftrieb von knapp zwei Prozent registriert. Das Institut spricht von einer „Bodenbildung“.
Im Interview mit unserer Redaktion erklärt der renommierte Essener Makler Eckard Brockhoff die Krise für beendet und rät dazu, jetzt in Immobilien zu investieren.
Der Immobilien-Markt in Deutschland scheint in eine Schockstarre verfallen zu sein. Der Neubau stockt, Mieten und Zinsen steigen, die Preise für Gebäude fallen. Ist der Winter-Blues berechtigt?
Eckhard Brockhoff: Die Stimmung ist schlechter als die Lage. Es ist noch gar nicht so lange her, da lagen die Bauzinsen bei acht bis neun Prozent und es wurde gebaut. Heute liegen wir bei den Bauzinsen bei vier Prozent, und die Kräne stehen still.
Spüren Sie denn die Flaute in Ihrem Unternehmen nicht? Immerhin sind das Transaktionsvolumen für Immobilien im vergangenen Jahr bundesweit um ein Drittel und die Provisionseinnahmen für Makler sogar um 50 Prozent eingebrochen.
Brockhoff: Auch wir beobachten Verunsicherung und Zurückhaltung. Nach 9,3 Millionen und 9,4 Millionen Euro haben wir im vergangenen Jahr 7,3 Millionen Euro Provisionen gemacht. So dramatisch ist die Lage nicht. Nachdem die Zinsen so schnell gestiegen waren, gibt es wieder andere Anlagemöglichkeiten als Immobilien. Auch deshalb stockte das Geschäft.
Woher nehmen Sie die Zuversicht, dass das Geschäft mit gewerblichen Immobilien anziehen wird?
Brockhoff: Nach Ende der Corona-Pandemie wächst in den Unternehmen wieder die Erkenntnis, dass man im Homeoffice keine Karriere macht und dass Führungsaufgaben von zu Hause aus schwer zu erledigen sind. Die Beschäftigten werden in vielen Unternehmen wieder zurück in die Firma geholt. Wir spüren, dass die Nachfrage nach Büroflächen anzieht.
Gilt das auch für die angestaubten Bürogebäude im Ruhrgebiet, die mit hohem Aufwand energetisch saniert werden müssen?
Brockhoff: Der Flächenbedarf hat sich verändert. Die Unternehmen suchen etwas kleinere Objekte, weil Beschäftigte häufiger mobil arbeiten und sie sich im Büro ihren Schreibtisch teilen. Dafür wird mehr Fläche für Kontaktmöglichkeiten verwendet. Meeting-Points oder Freizeitangebote erhalten oft einen festen Platz in der Raumplanung. Dafür sind die ökologischen und energetischen Ansprüche höher. Gebäude in zentraler Lage sind gefragter als die an der Peripherie.
Aber gerade im Ruhrgebiet gibt es eine Vielzahl von Gebäuden, die längst nicht mehr diesen Anforderungen entsprechen.
Brockhoff: Das ist richtig. Die wenigsten sind zertifiziert. Deshalb muss man etwas an den Gebäuden tun, sie komplett entkernen und modernisieren. In zentralen Lagen funktioniert das. Für Unternehmen werden soziale und ökologische Standards immer wichtiger. Deshalb sind sie inzwischen selbst im Ruhrgebiet bereit, auch 20 Euro und mehr Miete für den Quadratmeter zu zahlen. Auf diese Weise rechnen sich die hohen Investitionen.
Die Europäische Zentralbank EZB hat zuletzt nicht weiter an der Zinsschraube nach oben gedreht. Lohnt es sich wieder, Immobilien zu kaufen?
Brockhoff: Die Zeit war lange nicht so günstig, Immobilien-Geschäfte zu machen. Die Preise für die Gebäude sind unheimlich gefallen. Die Banken geben wieder Baudarlehen und auch die Baukosten sind nicht mehr so hoch. Ich rate dazu, ein oder zwei Jahre variabel zu finanzieren, bis die Zinsen wieder etwas sinken. Wir haben gerade auf der Königstraße in Duisburg zwei große Bankgebäude verkauft. Das Geschäft läuft wieder an.
Gilt das auch für Wohngebäude?
Brockhoff: Die Preise sind gesunken. Ein Kauf macht auch deshalb Sinn, weil die Mieten künftig erheblich steigen werden. Die Nachfrage nach Wohnraum wird immer größer, weil ja kaum noch neue Wohnungen gebaut werden.
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