Essen. Trotz eines Sparkurses im Konzern sollen die Aufsichtsräte von Thyssenkrupp mehr Geld bekommen. Das ruft Kritik hervor.

Beim Essener Industriekonzern Thyssenkrupp sollen die Aufsichtsratsmitglieder deutlich mehr Geld bekommen als bisher. Wie aus der Einladung zur bevorstehenden Hauptversammlung hervorgeht, ist eine Anhebung der Bezüge um 40 Prozent geplant. So soll die Festvergütung für die Mitglieder des Aufsichtsrats künftig 70.000 Euro pro Jahr betragen. Hinzu kommt Geld für Tätigkeiten in Ausschüssen des Thyssenkrupp-Kontrollgremiums. Das sogenannte „Sitzungsgeld“ für Aufsichtsratsmitglieder von Thyssenkrupp verdoppelt sich voraussichtlich – und zwar auf 1000 Euro pro Person und Treffen.

Thyssenkrupp hat zuletzt milliardenschweren Verlust verbucht

Thyssenkrupp befindet sich aktuell in einer schwierigen Situation. Bei seiner ersten Jahresbilanz hat der neue Vorstandschef Miguel López vor wenigen Wochen einen Verlust in Höhe von zwei Milliarden Euro präsentiert. Der Manager verordnet dem Konzern mit rund 100.000 Beschäftigten einen strikten Sparkurs. „Jahrzehntelang sind viele unserer Geschäfte nicht verlustfrei gefahren“, sagte López vor wenigen Tagen im Interview mit unserer Redaktion. „Der Moment, ,Stopp!‘ zu sagen, musste kommen, und ist jetzt da. Alles andere wäre unverantwortlich.“ Tausende Arbeitsplätze hat Thyssenkrupp in den vergangenen Jahren bereits abgebaut. Nun sollen die Kosten im Konzern weiter sinken, damit Thyssenkrupp wieder die Gewinnzone erreicht.

Siegfried Russwurm, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), führt auch den Aufsichtsrat von Thyssenkrupp.
Siegfried Russwurm, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), führt auch den Aufsichtsrat von Thyssenkrupp. © dpa | Carsten Koall

Die Vergütung für die Mitglieder des Thyssenkrupp-Aufsichtsrats sei seit dem Geschäftsjahr 2013/14 und damit seit zehn Jahren unverändert, begründet das Unternehmen die Entscheidung zur Anhebung der Bezahlung an der Konzernspitze. Die geplante Vergütung orientiere sich am Niveau bei vergleichbaren Unternehmen.

Formal schlagen Vorstand und Aufsichtsrat die Anhebung vor. Damit es zur Erhöhung kommt, müssen die Teilnehmer der Thyssenkrupp-Hauptversammlung am 2. Februar in Bochum zustimmen.

Künftig mehr als 270.000 Euro für Aufsichtsratschef Russwurm

Künftig würde der Thyssenkrupp-Aufseher Bernhard Günther dann 152.500 Euro statt 107.500 Euro pro Jahr erhalten. Zusätzlich bekäme Günther noch das jeweilige „Sitzungsgeld“. Der Vorsitzende des Thyssenkrupp-Aufsichtsrats, Siegfried Russwurm, erhielte Unternehmensangaben zufolge künftig 270.000 Euro statt 200.000 Euro im Jahr – also 35 Prozent mehr. Hinzu käme auch hier noch das „Sitzungsgeld“.

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Beim Thyssenkrupp-Aufsichtsratschef soll die Festvergütung zwar stabil bleiben, aber die bisherige Regelung, wonach mit den 200.000 Euro für den Vorsitzenden des Kontrollgremiums „auch jegliche Tätigkeit in Ausschüssen abgegolten ist, soll aufgehoben werden“. Russwurm ist auch Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Häufig ist für Spitzenmanager ein Aufsichtsratsjob nur eine von mehreren Tätigkeiten.

Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), äußert sich kritisch zu den Plänen. „Die geplante Erhöhung kommt zur Unzeit“, sagte Tüngler im Gespräch mit unserer Redaktion. „Während der Konzern sparen muss, schlägt der Aufsichtsrat die Erhöhung seiner eigenen Vergütung vor. Das passt nicht wirklich zusammen.“