Essen. Krise bei Galeria Karstadt Kaufhof: Betriebsrat erwartet Stellenabbau in Essener Zentrale. Spekulationen um drittes Insolvenzverfahren.

Die Krise beim Essener Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof spitzt sich immer weiter zu. Mehrere Medien berichten, dass das Unternehmen mit seinen 12.500 Beschäftigten in den nächsten Tagen zum dritten Mal Insolvenz müsse, sollte nicht in letzter Minute ein Übernehmer oder Investor gefunden werden. Galeria war am Sonntag für eine Stellungnahme bislang nicht zu erreichen.

Seit große Teile des Signa-Mutterkonzerns Insolvenz angemeldet haben, sucht die Galeria-Geschäftsführung fieberhaft nach einer Lösung, wie es mit den 92 Warenhäusern weitergehen kann. Der Druck ist groß. Am 29. November 2023 hatte die in Zürich sitzende Signa Retail Selection AG, die Galeria Karstadt Kaufhof betreibt, eine „Nachlassstundung“ beantragt. So heißt in der Schweiz das, was in Deutschland ein Schutzschirmverfahren ist. Es bewahrt ein Unternehmen vorübergehend vor dem Zugriff seiner Gläubiger. Signa Retail Selection hatte Ende November zugleich angekündigt, für Galeria einen Erwerber zu suchen.

Spekulationen um drittes Insolvenzverfahren bei Galeria

Der Schritt von Signa in Zürich hatte für die Essener Warenhauskette offenbar weitreichendere Folgen als bislang bekannt. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) berichtet unter Berufung auf Konzernkreise, dass Galeria vor knapp sechs Wochen, also am 29. November, zu einer „Notgeschäftsführung“ übergegangen sei. Das deutsche Insolvenzrecht sieht für diesen Fall vor, dass die Notgeschäftsführung bei Zahlungsunfähigkeit innerhalb von drei Wochen, bei Überschuldung innerhalb von sechs Wochen Insolvenz anmelden muss.

Laut NZZ rechnet Galeria mit einer Überschuldung, weil man nicht mehr erwartet, dass Signa eine im Insolvenzplan aus dem Frühjahr 2023 zugesagte Finanzspritze in Höhe von 200 Millionen Euro leisten werden. Die ersten 50 Millionen sollten demnach in diesem Februar fließen.

Verhandlungen mit möglichen Investoren

Dem Bericht zufolge werde Galeria deshalb am Montag oder Dienstag Insolvenz beim Amtsgericht Essen anmelden, um sich nicht dem Verdacht der Insolvenzverschleppung auszusetzen. Der Schritt könne nur noch dann abgewendet werden, wenn sich über das Wochenende doch noch ein Investor für die 92 Warenhäuser finde. Als mögliche Interessenten waren in den vergangenen Wochen der ehemalige Galeria-Chef Stephan Fanderl, die Modekette P&C und der Düsseldorfer Finanzinvestor Droege gehandelt worden.

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Nach Informationen unserer Redaktion bereitet sich Galeria seit dem Herbst auf drei Szenarien vor: 1. Signa überweist die 200 Millionen Euro und senkt die Mieten in den eigenen Immobilien. 2. Es findet sich ein Investor für Galeria. 3. Sollten diese beiden Optionen scheitern, müsse das Unternehmen erneut Insolvenz anmelden. Ob das Amtsgericht Essen zum dritten Mal in Folge ein Insolvenzverfahren in Einverantwortung zulässt oder eine „harte“ Insolvenz mit der Entsendung eines externen Sanierer-Managements anordnet, gilt als offen.

Betriebsrat: Befreiung von der Signa-Gruppe

Der Betriebsratsvorsitzende Jürgen Ettl bemühte sich am Sonntag darum, den Eindruck zu verbreiten, dass ein drittes Insolvenzverfahren seit 2020 nicht zwangsläufig das Ende von Galeria Karstadt Kaufhof bedeuten müsse. „Dass nun die Kerngesellschaften der Signa-Gruppe insolvent sind, bedeutet, dass wir uns von der Signa-Gruppe und ihren Interessen befreien können“, sagte Ettl dem Magazin „Wirtschaftswoche“.

Der Arbeitnehmervertreter setzt demnach auf einen neuen Eigentümer. Er selbst habe Gespräche mit Interessenten geführt, sagte Ettl. Es sei auch ein Konsortium denkbar, an dem sich etwa Lieferanten beteiligten. Einem Investor oder Konsortium könne Galeria zwischen sechs und siebzehn Prozent Rendite bieten. „Garantieren können wir in schlechten Zeiten drei Prozent und in guten Zeiten mindestens sechs“, so der Betriebsratschef.

Galeria-Umsätze offenbar um 8,5 Prozent gestiegen

Im Oktober und im November 2023 seien die Umsätze in den Filialen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum im Schnitt um 8,5 Prozent gestiegen, was sich auch positiv auf das Ergebnis ausgewirkt habe. In vielen Filialen bewegten sich die Erlöse wieder auf dem Niveau vor der Corona-Pandemie.

Voraussetzung für eine gute Rendite sei allerdings, dass Signa die Mieten an den rund 20 Warenhaus-Standorten mit eigenen Immobilien auf ein „marktübliches Niveau“ senke. In der Essener Unternehmenszentrale sei zudem ein weiterer Arbeitsplatzabbau kaum zu vermeiden. „Für mich als Betriebsrat ist das hart“, sagt Ettl. „Ich möchte gerne jeden Arbeitsplatz erhalten. Aber in unserer Lage darf es auch für Betriebsräte keine Denkverbote geben.“

Galeria prüft Aufgabe der Zentrale in Essen

Nach Informationen unserer Redaktion zahlt Galeria im Gebäude der Essener Hauptverwaltung, das Signa gehört, pro Jahr vier Millionen Miete, obwohl es als sanierungsbedürftig gilt. Aktuell arbeiten dort in der Nähe der Messe Essen rund 1000 Beschäftigte. Die Geschäftsführung prüft, ob sie den Standort verlässt, um Kosten zu sparen.

Trotz des guten Weihnachtsgeschäfts zahlt Galeria aber offenbar nicht mehr alle Rechnungen. Auf tagesschau.de meldet sich der Kölner Aufzugstechniker Christoph Senf zu Wort, der von Oktober bis Dezember Aufzüge und Rolltreppen in unterschliedlichen Warenhäusern der Kette repariert habe. Die ersten Rechnungen habe das Unternehmen noch beglichen, dann aber nicht mehr gezahlt, sagt er. „Die Rechnungen sind seit über fünf Wochen überfällig“, erklärt Senf. Insgesamt habe sich eine Summe von 42.000 Euro brutto angesammelt. Nach Angaben der ARD wollte sich Galeria auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern.