Essen. Essener Braunkohlekonzern kündigt deutlich mehr Solar- und Windstrom-Anlagen bis 2030 an. Wie viel Geld RWE wo und wofür ausgeben will.

Der von Klimaaktivisten als Braunkohlekonzern bekämpfte Essener RWE-Konzern will deutlich mehr Geld in grüne Energien stecken als bisher geplant. In den kommenden Jahren werde man „55 Milliarden Euro in Erneuerbare Energien, Speichertechnologien, flexible Erzeugung und Wasserstoffprojekte investieren“, kündigte Konzernchef Markus Krebber am Dienstag an. Bereits in den vergangenen Jahren habe RWE 20 Milliarden Euro netto dafür ausgegeben. Das bisher ausgegebene Ziel, in diesem Jahrzehnt 50 Milliarden Euro in grüne Energietechnologien zu investieren, wird damit um 50 Prozent auf insgesamt 75 Milliarden Euro angehoben.

Der Energiekonzern gab dies beim Kapitalmarkttag bekannt, an dem das Unternehmen den aktuellen und potenziellen Geldgebern seine Strategie erläutert. RWE arbeitet seit Jahren daran, sein Kohleimage loszuwerden und sich den Finanzmärkten als grünes Energieunternehmen zu präsentieren. Denn an den Börsen meiden inzwischen viele Marktteilnehmer Aktien von Unternehmen, die noch in Kohle investieren. Entsprechend betonte Krebber nun, seine Dekarbonisierungstempo erhöhen und schneller mehr grüne Energie produzieren zu wollen. „Wir wachsen nachhaltig und steigern unser Ergebnis, während wir gleichzeitig unser Portfolio noch schneller dekarbonisieren“, versprach der Vorstandsvorsitzende.

Mit den Investitionen in Grünstrom sollen auch Gewinn und Dividende steigen

Das soll aber nicht nur das Image des Konzerns aufbessern, sondern auch mehr Geld in die Kasse bringen und so für höhere Dividendenausschüttungen an die Aktionäre sorgen. Dies, nachdem RWE bereits zuletzt enorme Gewinnsprünge gemacht hatte. Das „Growing Green“ genannte Investitionsprogramm werde jedes Jahr zu einer Steigerung des operativen Gewinns (bereinigtes Ebitda) von durchschnittlich 14 Prozent bis 2030 führen, versprach RWE den Kapitalgebern. Der bereinigte Nettogewinn werde jährlich um durchschnittlich zwölf Prozent steigen.

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Daran sollen die Aktionärinnen und Aktionäre kräftig mitverdienen: „Wir planen, unsere Dividende jedes Jahr um 5 bis 10 Prozent zu erhöhen“, erklärte RWE-Finanzchef Michael Müller. Für 2023 beträgt sie einen Euro, 2024 soll die auf 1,10 Euro steigen.

Von den 55 Milliarden Euro will RWE zehn Milliarden in Deutschland investieren – 20 Prozent mehr als bisher geplant. Weitere Schwerpunkte sind Großbritannien (acht Milliarden) und vor allem die USA, in denen die Essener 20 Milliarden Euro in Ökostrom und begleitende Technologien stecken wollen. Die Essener nutzen die von US-Präsident Joe Biden mit seinem Mega-Förderprogramm Inflation Reduction Act (IRA) günstigen Investitionsbedingungen gerade für Windstrom in den Vereinigten Staaten. „Wir wollen in den USA unsere führende Marktposition stärken“, sagte Krebber vor Journalisten.

Ausbau vor allem von Solarkraft und Meereswindparks

Beschleunigt werden soll vor allem der Ausbau grüner Energien, drei Viertel der Gesamtsumme sind dafür reserviert. Der Rest soll in Batteriespeicher, Wasserstoffprojekte und „flexible Erzeugungskapazitäten“. Dazu gehört der Bau einiger neuer Gaskraftwerke in Deutschland, die später mit grünem Wasserstoff betrieben werden können. Sie sollen Grundlaststrom liefern, wenn 2030 die letzten RWE-Kohlekraftwerke wie geplant vom Netz gehen.

Beim Grünstrom setzt RWE besonders auf Solarstrom, will seine weltweite Erzeugungskapazität hier bis 2030 auf 16 Gigawatt (GW) vervierfachen. Bei den Meereswindparks (offshore) will RWE seine Kapazität von 3,3 GW auf 10 GW verdreifachen, bei den Windkraftanlagen an Land von 8,6 auf 14 GW bis 2030 ausbauen. Insgesamt sollen bis Ende dieses Jahrzehnts 30 GW Ökostromkapazitäten hinzukommen.

RWE: Auslastung der Braunkohlekraftwerke sinkt durch Ökostrom-Offensive

Damit sinkt zum einen zwangsläufig der Kohleanteil am Strommix von RWE. Die versprochene Beschleunigung der Dekarbonisierung meint aber auch eine Senkung der absoluten CO2-Emissionen der Braunkohlekraftwerke im rheinischen Revier, wie Konzernchef Krebber auf Nachfrage betonte. Das liege daran, dass durch den schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland die Auslastung der Kohlekraftwerke bereits in den kommenden Jahren sinken werde.

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Nach wie vor nicht gesichert ist der Bau der Ersatzkraftwerke, die anfangs Gas, später Wasserstoff verfeuern sollen, um den wegfallenden Kohlestrom zu ersetzen. Denn bisher fehlen die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür. Ohne die „werden wir die Kraftwerke nicht bauen können“, stellte Krebber klar. Die Stromkonzerne fordern einen Kapazitätsmarkt, was bedeutet, dass die vorgehaltenen Kapazitäten und nicht die tatsächliche Stromerzeugung vergütet werden. Anders würden sich die Kraftwerke, die aller Voraussicht nach nur selten laufen werden, aber bei Engpässen gebraucht werden, nicht rechnen.

Lindner stellt Kohleausstieg 2030 infrage – RWE: Dann auf Rechnung des Bundes

Zuletzt war dieses System vom Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) indirekt infrage gestellt worden. Nachdem er im Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger den geplanten Kohleausstieg als unrealistische grüne „Träumerei“ abgetan hatte, bekräftigte er zwar, dass es für den Übergang neue Gaskraftwerke in Deutschland brauche. Schränkte dann jedoch ein: „Aber die Frage ist, wie dies so effizient marktwirtschaftlich gelingt, dass die Strompreise nicht weiter steigen.“

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Krebber betonte, das Ende der Braunkohleverstromung im rheinischen Revier sei mit der Bundesregierung klar vereinbart. Sollten die Kraftwerke nach 2030 trotzdem noch gebraucht werden, könnten sie natürlich weiterlaufen, erklärte Krebber, „aber dann auf Rechnung der Bundesregierung“.