Essen. Beim Essener Konzern RWE hat sich der Gewinn fast verdoppelt. Von den Geschäften mit Strom und Gas profitieren Revierstädte und das Emirat Katar.
Florierende Geschäfte mit der Stromerzeugung und im Energiehandel haben dem Essener Energiekonzern RWE einen kräftigen Gewinnzuwachs beschert. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres verdoppelte sich das Nettoergebnis beinahe und erreichte rund 3,8 Milliarden Euro, wie aus der aktuellen Zwischenbilanz des Unternehmens hervorgeht. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte RWE unter dem Strich rund 2,1 Milliarden Euro als Gewinn erwirtschaftet. „Unsere Bilanz nach den ersten neun Monaten 2023 ist hervorragend“, sagte RWE-Finanzchef Michael Müller in einer Telefonkonferenz. „RWE wächst – und das sehr profitabel.“
Davon sollen auch die Aktionäre des Konzerns profitieren, darunter Ruhrgebietsstädte wie Dortmund, Essen und Mülheim sowie der neue Großaktionär Katar. Die Dividende soll um mehr als zehn Prozent auf einen Euro je Aktie steigen – wie bereits vor einigen Monaten angekündigt.
Vor gut drei Wochen hat RWE den 125. Firmengeburtstag gefeiert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist dafür in die Essener Grugahalle gekommen. Nach der Rede des Regierungschefs gab es eine Party für die Belegschaft mit Popstar Robbie Williams als Überraschungsgast. Rund 10.000 Mitarbeiter seien dabei gewesen – etwa jeder zweite Beschäftigte von RWE, berichtete das Unternehmen. „In meinen Augen war das ein großer Erfolg“, sagte Finanzchef Müller nun rückblickend. Es sei vor allem darum gegangen, den Beschäftigten Wertschätzung zu zeigen. Aus der Belegschaft habe es ein „sehr positives Feedback“ gegeben.
Nachfragen gab es in der Telefonkonferenz mit dem RWE-Finanzchef auch zum Emirat Katar. Die staatliche Qatar Investment Authority (QIA) ist mittlerweile mit 9,1 Prozent die größte Einzelaktionärin des Essener Energiekonzerns. Katar werden enge Beziehungen zur Terrororganisation Hamas nachgesagt. RWE-Finanzchef Müller äußerte sich zurückhaltend. Das Unternehmen beobachte den Konflikt „nur aus externen Quellen“, so der Manager. Zum Einfluss einzelner Länder – Katar eingeschlossen – wolle er sich daher nicht äußern.
Längerer Betrieb von RWE-Braunkohlekraftwerken möglich
Im Blickpunkt steht bei RWE nach wie vor auch die Braunkohle. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) prüft einen verlängerten Weiterbetrieb von nordrhein-westfälischen Braunkohle-Kraftwerken des RWE-Konzerns, wie das Ministerium Ende Oktober auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes erklärte. Es geht um die RWE-Kraftwerksblöcke Neurath D und E in Grevenbroich.
Im sogenannten Kohleverstromungsbeendigungsgesetz ist Ministeriumsangaben zufolge vorgesehen, dass die Bundesregierung in diesem Jahr entscheidet, ob die Anlagen zum 31. März 2024 stillgelegt oder ein Jahr länger – bis Ende März 2025 – weiterbetrieben werden. Ob das für die Versorgungssicherheit erforderlich sei, prüfe die Regierung gegenwärtig.
RWE warte auf die Entscheidung aus Berlin, sagte Finanzchef Müller bei der Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen des Konzerns. Das Unternehmen hoffe auf eine zeitnahe Entscheidung, da bei einem Weiterbetrieb die notwendigen Mitarbeiter zur Verfügung stehen müssten.
RWE will Strategie „Growing Green“ aktualisieren
Erwartungen schürt RWE mit Blick auf einen „Kapitalmarkttag“ am 28. November in London. Zu diesem Anlasse werde das Unternehmen „eine Aktualisierung“ der Strategie „Growing Green“ präsentieren, so Müller. „Wir haben viel vor“, fügte der Manager hinzu, ohne schon jetzt auf Inhalte einzugehen.
Vor zwei Jahren hatte RWE-Vorstandschef Markus Krebber das Programm „Growing Green“ vorgestellt – bei einer Pressekonferenz in Essen. Eine Kernbotschaft: Bis zum Jahr 2030 werde RWE 50 Milliarden Euro investieren, um das Geschäft mit erneuerbaren Energien auszubauen. Pro Jahr sollen durchschnittlich fünf Milliarden Euro insbesondere in Windkraft-, Solar-, Speicher- und Wasserstoffprojekte fließen. Das Ziel sei, „grüner, größer und werthaltiger“ zu werden. Mit dem Abbau und der Verstromung von Braunkohle im Rheinischen Revier gehört RWE derzeit noch zu den größten Emittenten von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) in Deutschland.
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