Wesel. Im LVR-Niederrheinmuseum Wesel läuft jetzt die Lego-Ausstellung „Hanse steinreich“. Was Besucherinnen und Besucher erwartet.

„Hanse steinreich“ lautet der Titel der neuen Ausstellung, die noch bis Anfang August im LVR-Niederrheinmuseum zu sehen ist. Und „steinreich“ ist die Wanderausstellung auch selbst: Aus schätzungsweise 1,4 Millionen Lego-Steinen bestehen die Exponate, die Besucherinnen und Besucher auf eine Zeitreise durch die Geschichte der Hanse mitnehmen – bewusst kindgerecht und familienfreundlich.

„Zwei große Dinge zeichnen die Hanse aus“, erklärt Museumsleiterin Corinna Endlich: Die Hansekogge und der Hansekontor. Beide sind als große Einzelelemente in der Ausstellung zu finden und für sich genommen schon beeindruckend. Das Schiff, bestehend aus 180.000 Legosteinen, zieht schon beim Betreten der Ausstellungsfläche den Blick auf sich: Mit einem Stoffsegel ausgestattet steht es mitten im Raum, an Bord sind Fässer und Säcke, natürlich ebenfalls aus den beliebten Bausteinen zusammengesteckt. Etwas kleiner, aber immer noch sehr wuchtig, ist der Nachbau des Kaufmannshauses aus dem 14. Jahrhundert. Einblick bietet es in die verschiedenen Räume und Flächen des Kontors, 50.000 Legosteine waren dafür nötig.

Die Hansekogge aus 180.000 Legosteinen ist schon für sich beeindruckend.
Die Hansekogge aus 180.000 Legosteinen ist schon für sich beeindruckend. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Die Versuchung diese Bauten anzufassen ist immens, erlaubt ist das natürlich nicht. Das gilt allerdings nicht für die detailverliebt gebauten Stadtansichten unter Plexiglas, die die beiden größeren Exponate an beiden Seiten flankieren, im Gegenteil: „Je mehr wir die Plexiglashauben putzen müssen, weil Kinderhände dran sind, desto größer ist der Erfolg der Ausstellung“, freut sich Corinna Endlich schon jetzt auf zahlreiche Fingerabdrücke.

Vom 12. bis ins 18. Jahrhundert

Den chronologischen Anfang macht eine Szene in Nowgorod um 1193. Ein Kontor gab es damals noch nicht, im Mittelpunkt stand die Schifffahrt. Die Vegetation am Fluss Newa wirkt ursprünglich, die kleinen Häuser verschwinden fast zwischen den hohen Bäumen. Hier sind die Händler noch stark bewaffnet, gehandelt werden vor allem Rohstoffe, wie Kupfer und Silber. Gute 150 Jahre später sieht das schon ganz anders aus: Die „Alte Halle in Brügge“ im Jahr 1358 zeigt, wie sich langsam die Infrastruktur in den Hansestädten entwickelt: „Man baut Marktplätze und Hallen, teilweise überdacht“, weiß Corinna Endlich. Und auch die Handelsgüter haben sich verändert, mittlerweile wird vor allem mit Tuch gehandelt.

Vielfältiger wird es im 15. Jahrhundert: Am Stalhof in London im Jahr 1478 stehen neben Tuch nun Holz und Lebensmittel im Fokus der Kaufleute, deren Schiffe zugleich immer größer werden. Im- und Export sind jetzt das Thema, so kommt Reichtum in die Hansestädte. Dort werden die Häuser größer und zunehmend aus Stein gebaut. Eine Szene am Kontor in Bergen im Jahr 1764 zeigt dann bewusst mehr der mittlerweile eng bebauten Stadt und weniger Hafen. „Hier kommen produzierte Waren an, die dann ins Hinterland gehen“, erläutert die Museumsleiterin. „Hier können wir das Zwischenhändlerwesen sehen.“

Öffnungszeiten, Preise und Programm

Entwickelt und konzipiert wurde die Ausstellung 2021 in Lübeck, Wesel ist erst der vierte Standort, an dem sie gastiert. Zuvor war sie auch in Braunschweig und Kampen (Niederlande) zu sehen, letzteres führt praktischerweise dazu, dass die Texttafeln, die zu den Exponaten gehören, bereits in Deutsch und Niederländisch vorliegen – genau passend also für das Niederrheinmuseum mit seinem niederländischen Schwerpunkt.

Geöffnet ist die Ausstellung im LVR-Niederrheinmuseum dienstags bis sonntags und feiertags, jeweils von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene 4,50 Euro (ermäßigt: 3 Euro). Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren haben freien Eintritt.

Zum Internationalen Museumstag am 19. Mai gibt es einen Lego-Wettbewerb in der Ausstellung. Ein Filmabend mit dem Störtebeker-Film „12 Meter ohne Kopf“ gibt es am Freitag, 14. Juni. Für Sonntag, 30. Juni, haben sich die RTL-Lego-Masters Christoph und Philipp angekündigt, die auch einige Großmodelle im Gepäck haben, und am Sonntag, 14 Juli, läuft im Museum der Workshop „Mein Hansecomic“.

Ergänzt wird diese Zeitreise durch zwei Einzelansichten, die eindrucksvoll zwei Folgen der Hanseschifffahrt zeigen: Zum einen die Hansetage in Lübeck im historischen Rathaus. Bunt ist das Treiben im Jahr 1518, aber vor allem geht es bei der Tagung der Kaufleute darum, Handelsangelegenheiten zu klären, Probleme zu besprechen und Konflikte untereinander zu lösen. Auf der anderen Seite wütete auch die Pest in den Hansestädten, weil hier mehr Menschen auf engerem Raum lebten. Die Szene aus dem Lübeck des Jahres 1367 ist im Gegensatz zu den anderen eher bedrückend, wenngleich nicht weniger spannend.

Viele Interaktionsmöglichkeiten

Rund anderthalb Stunden sollten für den Besuch der Ausstellung eingeplant werden, „weil man sich schon im Detail verlieren kann“, erklärt die Museumsleiterin. Und es stimmt. Einzelne Elemente kehren wieder, verändern sich im Laufe der Zeit. Speziell für Kinder gibt es die Figur Juna, ein Lego-Mädchen mit lilafarbenem Haar, das als neuzeitliches Element in jeder Szene versteckt ist und sie entsprechend kontrastiert: So ist sie etwa neben einer Markthalle aus dem 14. Jahrhundert zu sehen – mit Laptop und Versandkartons.

Diese kleinen Easter Eggs sind nicht das einzige interaktive Element der Ausstellung. Wen selbst das Baufieber packt, hat die Möglichkeit, eigene Figuren zu bauen und sie auf eigens vorbereitete Wandsockel zu stellen, „sodass die eigenen kreativen Modelle zum Ausstellungsstück werden“, erläutert Endlich. Und auch an Social Media ist gedacht: Ein X am Boden markiert den Punkt, an dem die Besucher die besten Fotos mit Winni Warendorp machen können, einem historischen Hansekaufmann aus tausenden Legosteinen. Er darf, im Gegensatz zu den beiden anderen großen Legobauten, auch angefasst werden und bietet auf einem großen Holzfass sogar einen Selfie-Spot zum Hinsetzen. Beide Figuren, Juna und Willi, kommen außerdem in einem Kinder-Quiz zur Ausstellung vor, in dem sie unter anderem lernen, woher der Ausdruck „steinreich“ kommt.