Wesel. Der Umsatz des Spezialchemiekonzerns Altana ist 2023 um neun Prozent gesunken. Dennoch will das Unternehmen weiter investieren – auch in Wesel.
Die Chemiebranche erwartet erneut ein schwieriges Jahr, doch der Altana-Konzern setzt seinen Investitionskurs fort. Das kündigte der Vorstandsvorsitzende Martin Babilas bei der Bilanzpressekonferenz an. Eines der größten geplanten Neubauprojekte des Unternehmens soll ab 2025 am Hauptstandort in Wesel entstehen: An der Abelstraße will das Unternehmen für 25 Millionen Euro ein modernes Laborgebäude mit 5100 Quadratmetern Fläche bauen.
Die Fertigstellung des Neubaus, für den ein bestehendes Laborgebäude weichen muss, ist für das zweite Quartal 2028 geplant. Die Großinvestition bezeichnete Martin Babilas als „Bekenntnis zum Standort Wesel.“ Auch wenn die Umsätze im vergangenen Jahr gegenüber 2022 um neun Prozent auf 2,74 Milliarden Euro gesunken sind, vertraue die in Europa, Asien und Amerika aktive Altana AG weiter auf ihre Finanz- und Investitionskraft, so Babilas. Als Grund für den gesunkenen Umsatz nannten er und Finanzvorstand Stefan Genten unter anderem die rückläufige Nachfrage. Die erwartete Verbesserung im zweiten Halbjahr 2023 sei ausgeblieben, erklärte Genten.
Der Neubau in Wesel soll nicht nur moderne Labore für den Geschäftsbereich Byk beherbergen, sondern auf einer Etage auch Platz für Kundenseminare bieten, die laut Altana sehr gefragt sind. Heizung und Kühlung werden komplett durch Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen gespeist. In dem Laborgebäude sollen künftig auch weitere Arbeitsplätze entstehen, es bietet Platz für insgesamt 100 Mitarbeitende. Derzeit sind am Standort in Wesel für Altana und Byk rund 1200 Menschen tätig. Zu den geplanten Investitionen gehört auch ein neues Werk für Drahtlacke in China für 40 Millionen Euro sowie die Planung eines ganz neuen Standortes in Indien.
Altana hat drei Unternehmen erworben und ist weiter gewachsen
In seiner Bilanz bezeichnete Martin Babilas 2023 mit Blick auf weltweite Krisen, Inflation und hohe Zinsen als „wertvolles Jahr“ mit großen Herausforderungen, in dem der Altana-Konzern große Chancen ergreifen konnte. Gemeint sind damit die Zukäufe von drei Unternehmen, darunter der zweitgrößte Erwerb in der Unternehmensgeschichte: Der Schweizer Hersteller für Isoliersysteme Von Roll habe bereits positiv zum Ergebnis beigetragen und sorgte so dafür, dass der Umsatz des Geschäftsbereiches Elantas mit fünf Prozent deutlich weniger schrumpfte als es bei den Firmen Byk, Eckart und Actega der Fall war.
Byk beispielsweise verzeichnete nach dem Zukauf des Unternehmens Imaginant (ein Hersteller von Hochfrequenz-Ultraschallmessgeräten) einen Umsatzrückgang um zehn Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Die Übernahme des Unternehmens Von Roll, dessen Produkte in Windkraftanlagen zum Einsatz kommen, nannte Babilas eine „perfekte Kombination.“ Im Januar hatte Altana außerdem die US-amerikanische Silberline-Guppe gekauft, die Effektpigmente produziert. Durch die neuen Unternehmen ist die Belegschaft um fast 1000 Mitarbeitende auf insgesamt knapp 8000 Beschäftigte gewachsen.
Altana-Aufsichtsrat wählt neuen Vorsitzenden
Der Altana-Aufsichtsrat hat einen neuen Vorsitzenden: Er heißt Prof. Dr. Frank Richter und ist seit 2020 Mitglied in dem Gremium, teilt die Altana AG mit. Der Wirtschaftsingenieur und Geschäftsführer der Skion GmbH löst Dr. Matthias Wolfgruber ab, der aus Altersgründen ausscheidet. Er war seit 2020 im Amt. Neu in den Aufsichtsrat gewählt wurde Ruud Joosten, der seit 2020 Vorstandsvorsitzender der Royal BAM Group ist. Ulrich Gajewiak und Dr. Susanne Klatten bleiben stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende.
Die Bemühungen auf dem Weg zur Klimaneutralität schreiten weiter voran. Die Kapazität für die Gewinnung von Grünstrom soll in den kommenden Jahren verdoppelt werden, berichtete Babilas und wies darauf hin, dass Altana in den vergangenen zehn Jahren die Treibhausgasemissionen bereits um 70 Prozent reduziert habe. Im Bereich Forschung und Entwicklung sind die Ausgaben im vergangenen Jahr nochmals um zwei Prozent auf 197 Millionen Euro gestiegen.
Für das laufende Jahr rechnet Martin Babilas trotz weiterer Krisen mit besseren Ergebnissen. Er erwartet eine positive Nachfrageentwicklung und ein Umsatzwachstum im „mittleren einstelligen Prozentbereich“. Durch den Erwerb der neuen Unternehmen und durch die Investitionen habe die Altana AG „wichtige Weichen für die Zukunft gestellt“. Allerdings wünscht sich der Vorstandsvorsitzende bessere Voraussetzungen für die Industrie in Deutschland und Europa. Dazu gehört der Bürokratieabbau, aber auch Verbesserungen bei Bildung und Wissenschaft, da Unternehmen wie Altana dringend auf Fachkräfte angewiesen seien.