Hamminkeln. Die Dingdener Heide ist ein rarer Rückzugsort für nachtaktive Tiere, weil es wenig Kunstlicht gibt. Den sollen auch Naturliebhaber entdecken.

„Denn die einen sind im Dunkeln. Und die anderen sind im Licht. Und man siehet die im Lichte. Die im Dunkeln sieht man nicht.“ Mit diesem Zitat von Bertolt Brecht begann der Vorstandsvorsitzende der Biologischen Station im Kreis Wesel, Norbert Meesters, die Vorstellung eines Projektes, das sich in den nächsten drei Jahren unter dem Titel „Nacht in der Büngerner/Dingdener Heide“ mit einem Thema beschäftigt, das zunehmend gewürdigt werden müsse.

Deshalb freuten sich die Projektteilnehmer - neben der Biologischen Station, dem Naturpark Hohe Mark und der Stiftung Büngerner/Dingdener Heide - dass sowohl der Landschaftsverband Rheinland (LVR) als auch der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Kreis- und Verbandsgrenzen übergreifend zu gleichen Teilen knapp 200.000 Euro für das Projekt bereitgestellt haben. Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger (LWL) beklagte die zunehmende Lichtverschmutzung, die sowohl die Natur- als auch die Kulturlandschaft beeinträchtige, und Dr. Martina Gelhar (LVR) war sich sicher: „Das heute vorgestellte Vorhaben zum Schutz der Dunkelheit bearbeitet ein absolutes Zukunftsthema und hilft dabei, den Wert der natürlichen Nacht auf vielfältige Weise zu verdeutlichen.“

Die Dingdener Heide

Noch im letzten Jahrhundert erstreckte sich nordöstlich von Dingden eine fast 500 Hektar große Heidelandschaft mit anmoorigen bis moorigen Teilflächen. Zu Beginn der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts tobte ein großer Flächenbrand in dem Gebiet. In der Folge begannen einheimische Landwirte mit der Kultivierung der Flächen. Anfangs wurden die Landstriche extensiv bewirtschaftet, später, in den 70er Jahren, dann auch intensiv. Seit 1987 steht die Dingdener und Büngernsche Heide unter Naturschutz. Die schrittweise Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung bietet zahlreichen vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten ein neue Zuflucht.

Das Projektgebiet im Übergangsbereich von Rheinland und Westfalen weise, wie Projektleiterin Martina Erzner erläuterte, noch weitgehend „natürliche Nacht“ auf und fragte: „Welche Lebewesen sind nachts aktiv und abhängig von der Dunkelheit; welche Lebensräume brauchen die Bewohner der Nacht?“ Naturschutzbemühungen sollten daher nicht nur eine Geschichte des Tages, sondern auch der Nacht erzählen. Und die Büngerner/Dingdener Heide biete für das Aufgreifen dieser Idee beste Bedingungen. Denn abseits der sehr erhellten Ballungsräume herrsche hier ein noch geringer Einfluss des Kunstlichts. Daher liege es nahe, dass hier eine Vielfalt an nachtaktiven und von geringem Lichteinfluss abhängige Arten ihren Lebensraum fänden, zum Beispiel Fledermäuse und Nachtfalter.

Schutzkonzept für nachtaktive Tiere in der Dingdener Heide

Das Projekt verfolgt drei grundsätzliche Ziele: in einem ersten Schritt wolle man die vorhandenen Grundlagenkenntnisse über Lebewesen, die die „natürliche Nacht“ brauchen, erweitern. In einem zweiten Schritt solle der Wert der „natürlichen Nacht“ vermittelt und die Lichtverschmutzung als ein wesentlicher Faktor wahrgenommen werden, der die Natur und die menschliche Gesundheit beeinträchtige. In einem letzten Schritt solle ein Schutzkonzept erarbeitet werden, mit dem nachtaktive Tiere und deren Habate erhalten oder entwickeln werden könnten. Denn, so die Projektteilnehmer, „im privaten Bereich - Wohnen und Freizeit - oder auch im Bereich alter Beleuchtung an Gebäuden und Verkehrseinrichtungen kann beim Faktor „ künstliches Licht“ noch viel getan werden“, zum Beispiel durch die Verwendung insektenfreundlichen Lichts.

Zielgruppe des Projektes sei das sehr breite Publikum an wander- und naturinteressierten Menschen, die die Büngerner/Dingdener Heide besuchten. Zwar wolle man keinen Tourismus-Rummel entfachen, so Martina Erzner, aber vielleicht gelinge es ja, junges Publikum aus Schule und Freizeit „für die besondere Erlebnisqualität der Nacht“ zu gewinnen.