Wesel steht auf: Demo gegen rechts zieht 5000 Menschen an
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Wesel. „Vesalia hospitalis – Wesel gegen rechts“ war das Motto einer Demonstration in der Innenstadt. Teilnehmer wollen ein Zeichen setzen.
Nach dem Schock über das von einigen als „Wannseekonferenz 2.0“ apostrophierte Geheimtreffen von AfD- und CDU-Politikern und anderen bekannten Rechtsextremisten war für die Repräsentanten öffentlicher Vereine und Parteien aus Wesel sehr schnell klar: „Wir müssen ein Zeichen setzen gegen Hass und Hetze, gegen die AfD und andere Rechtsextremisten.“ So kam man vergangenen Dienstag zusammen, den Demoablauf zu planen und einen öffentlichen Aufruf zu starten. Am Sonntag war es dann soweit. Um 11 Uhr ging es am Hauptbahnhof los und ein riesiger Zug von Demonstranten setzte sich in Bewegung – einmal durch die gesamte Fußgängerzone Richtung Dom. Vorne weg lief Bürgermeisterin Ulrike Westkamp (SPD) hinter dem Banner mit nicht nur dem Motto der Demo, sondern der Stadt selbst: „Vesalia hospitalis – Wesel gegen rechts“.
Neben allen im Rat der Stadt vertretenen Parteien waren auch viele der großen Vereine dabei: der jüdisch-christliche Freundeskreis, Verdi, Hanse-Gilde, der Stadtjugendring, um nur einige zu nennen; aber auch Vertreter der evangelischen und katholischen Gemeinden nahmen teil. Der weit überwiegende Teil der Demonstranten aber waren Menschen wie du und ich; Leute aus der Mitte der Gesellschaft, die – kommt man mit einigen ins Gespräch – echte Angst davor haben, dass die Gesellschaft einen Rechtsruck erfährt. „Die Deportationsphantasien auf dieser Konferenz zeigen doch, was passieren wird, sollte die AfD jemals an die Macht kommen“, sagt ein resoluter älterer Herr.
Menschen allen Alters, auch die „Omas gegen rechts“ waren dabei, und ganze Familien mit zum Teil noch kleinen Kindern brachten ihre Besorgnis über die sich verändernden politischen Verhältnisse zum Ausdruck. Auf zahlreichen Plakaten ging es gegen die AfD: vom einfachen „No AfD“ bis „Alternative für Dumme“. Aber auch nachdenklichere Sätze wie „Demokratie braucht uns alle – jeden Tag“. Ein Demonstrant mahnt auf seinem Schild an, dass trotz klarer Kante gegen Rechts aber auch immer ein Interesse für die Probleme der Rechtswähler da sein müsse, zu klären in persönlichen Gesprächen. Auf dem Großen Markt angekommen, wurde es richtig eng und die mehr als 5000 Demoteilnehmer mussten dicht zusammenrücken, damit alle auf den Platz passen.
Bewegen Ansprache der Weseler Bürgermeisterin
Dort hielt Bürgermeisterin Westkamp eine bewegende Ansprache, in welcher sie daran erinnerte, dass hier auf diesem Platz vor wenigen Jahrzehnten jüdische Geschäfte erst boykottiert, dann geplündert und schließlich Menschen deportiert wurden. Genau hier habe damals „der Hass seine hässliche Fratze gezeigt!“ Pfarrer Thomas Bergfeld berichtete sichtlich angefasst von Familien mit Migrationsgeschichte, deren Kinder ihn angsterfüllt fragen, ob sie noch in Deutschland bleiben dürften, oder ob sie zurück in ihre Heimat müssten, zurück in Krieg und Not.
Und ein weiterer Redner fordert auf: „Lasst uns keine Mauern, sondern Brücken bauen!“ Bei den Statements der Redner brandete immer wieder großer Beifall auf und zustimmendes (Triller-)pfeifen. So war diese Demonstration - wie so viele dieser Tage landauf, landab - nicht nur eine Demo gegen etwas, sondern ein klares Bekenntnis für ein offenes und gastfreundliches Wesel, in welchem jeder Mensch ohne Ansehen der Person gleich willkommen ist.
Weseler Bündnis für Freizeit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
Rafael Lorberg, einer der Organisatoren der Demo und SPD-Stadtverbandsvorsitzender, war nach der Demonstration überglücklich. Dass 5000 Menschen in Wesel gegen rechts demonstriert haben, sei ein fantastisches Zeichen für die Demokratie gewesen. „Es war eine tolle Stimmung“, so Lorberg, der das Engagement gegen den Rechtsextremismus in der Hansestadt nun verstetigen will. „Wir werden ein Bündnis für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ins Leben rufen. Alle demokratischen Akteure sind aufgerufen, sich daran zu beteiligen“, sagte der neue SPD-Chef am Sonntag.
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