Hamminkeln. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, will die Stadt mehr Solaranlagen haben. Neben den Dächern nimmt sie jetzt Freiflächen ins Visier.

Hamminkeln will jetzt beim Thema Solarenergie zweigleisig fahren und auch Freiflächen ins Auge nehmen. Bisher hatte sich die Stadt vor allem auf die Dachflächen der städtischen Gebäude konzentriert. Hier sah die Stadtspitze bisher das größte Potenzial für den Ausbau der regenerativen Energie aus Sonnenstrahlen. Bei Neubauten wie der Grundschule Mehrhoog oder dem Lehrhaus an der Gesamtschule ist es mittlerweile selbstverständlich, Photovoltaik-Anlagen auf den Dachflächen direkt mitzuplanen. Auch bei der neuen Grundschule in Hamminkeln ist ein modernes und energiesparendes Konzept – auch mit Photovoltaik-Anlagen – mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Doch es gibt Probleme im Bestand.

Denn gerade bei älteren Gebäuden fehlt oft die Statik der Dächer, sodass nicht klar ist, ob so ein Dach stabil genug für eine PV-Anlage ist. Bei einigen der städtischen Gebäude stehen auch Dachsanierungen an, weshalb es Sinn macht, PV-Anlagen erst nach der Sanierung zu installieren.

Bei Dächern in Hamminkeln fehlt oft die Statik

Ein Beispiel dafür ist der Gebäudekomplex Gesamtschule mit Juze und Hallenbad. Hier auf den Dächern PV-Anlagen zu errichten, hatte die USD im Juli 2022 beantragt. Doch die Verwaltung bremste, weil ein Teil der Dachflächen erst saniert und verstärkt werden müsste, bevor PV-Paneele installiert werden können. Da müsse dann sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch der mögliche Ausführungszeitraum beachtet werden. Die Stadt überprüft weiterhin ihre Gebäude auf Tauglichkeit und führt weitere Untersuchungen durch, um zu schauen, ob sich weitere PV-Anlagen auf städtischen Gebäuden umsetzen lassen. Doch das dauert halt seine Zeit.

Planungsausschuss

Der Hamminkelner Ausschuss für Umwelt, Planung und Stadtentwicklung wird das Thema am Mittwoch, 31. Januar, ab 16 Uhr zum ersten Mal in seiner Sitzung im Ratsaal behandeln. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Politik die Prüfung unterstützen wird. Bereits in der Vergangenheit hatten Fraktionen gefordert, dass die Verwaltung bei diesem Thema proaktiv tätig wird.

Dabei ist Hamminkeln beim Thema Photovoltaik auf Dächern laut einer Auswertung des Regionalverbands gar nicht schlecht unterwegs, wenn nicht nur die städtischen Dächer betrachtet werden. Der Regionalverband Ruhrgebiet hat – basierend auf Zahlen von 2022 – für seine Mitgliedskommunen ausgerechnet, wie viel Prozent Dachfläche in Hamminkeln schon mit PV-Anlagen bestückt sind und für wie viel Prozent insgesamt sich eine PV-Anlage lohnen würde. Lohnen würde sich das in Hamminkeln bei 17,5 Prozent der Dachflächen, belegt sind 12,8 Prozent. Damit liegt die Stadt im RVR-Gebiet im oberen Drittel.

Nun hat auch der Bund als Gesetzgeber beim Thema Solarenergie reagiert und das Erneuerbare-Energien-Gesetz geschaffen. Bis 2030 sollen Photovoltaikanlagen im Umfang von insgesamt rund 215 Gigawatt installiert werden, davon jeweils die Hälfte auf Dach- und auf Freiflächen. Die Erfüllung dieses Zieles setzt einen kurzfristigen massiven Ausbau erneuerbarer Energien voraus.

Auf Äckern hätte ich da große Schmerzen. Dann lieber an Autobahnen und Bahnlinien
Bürgermeister Romanski - Bereits im September 2022 zu Freiflächen-Photovoltaikanlagen

Hamminkeln war bisher vor allem beim Thema Freiflächen-Anlagen immer zurückhaltend, verwies oft auf den Flächenverbrauch. Doch die Zeiten ändern sind. Das Textilunternehmen Setex aus Dindgen beispielsweise darf eine große Freiflächen-Anlage auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche in der Nähe des Betriebs bauen, um die eigene Energieversorgung auszubauen.

Viele Unternehmen haben schon lange den Vorteil von PV-Anlagen auf ihren Dächern erkannt, wie hier im Gewerbegebiet Dingden-Nord in Hamminkeln.
Viele Unternehmen haben schon lange den Vorteil von PV-Anlagen auf ihren Dächern erkannt, wie hier im Gewerbegebiet Dingden-Nord in Hamminkeln. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Der Gesetzgeber hat mittlerweile auch das „Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht“ erlassen. Dieses sieht vor, dass PV-Freiflächenanlagen baurechtlich privilegiert sind, wenn sie auf einer Fläche längs von Autobahnen und mehrgleisigen Schienenwegen des übergeordneten Bahnnetzes gebaut werden.

Wo Flächen als privilegiert für PV-Freiflächen-Anlagen gelten

Privilegiert sind allerdings nur Flächen mit einem maximalen Abstand von 200 Metern vom äußeren Fahrbahnrand. Für solche Bereiche muss kein Bebauungsplan erstellt werden. Ein Zulassungsverfahren ist allerdings notwendig, bei dem geprüft wird, ob öffentliche Belange oder Ziele der Raumordnung entgegenstehen. Ansonsten sind auf solchen Arealen PV-Freiflächen-Anlagen grundsätzlich zulässig.

Hinein in diese neuen Regelungen spielt auch der Entwurf des Landesentwicklungsplans, der diese Angelegenheit etwas großzügiger handhaben will. Sie sehen sogar bis zu 500 Metern Entfernungen von Bundesfernstraßen, Landesstraßen und überregionalen Schienenwegen vor, wobei Autobahnen und überregionale Schienenwege bevorzugt genutzt werden sollen. Bei anderen Straßen und kleineren Schienenwegen sowie angrenzender Wohnbebauung sollen vorzugsweise nur 200 Meter für Freiflächen-PV-Anlagen zur Verfügung stehen.

Flächen entlang der Betuwe-Linie und der Autobahn 3 möglich?

Nun will Hamminkeln diese groben Vorgaben von Bund und Land für das eigene Stadtgebiet konkretisieren. Infrage kommen erst einmal Flächen entlang der Betuwe-Linie und der Autobahn 3. Interessant sind aus Fläche im Bereich der Bocholter Bahnstrecke in einem Abstand von 200 Metern von der Bahnstrecke beziehungsweise der B 473 oder L 602 (Bocholter Straße). Hier ist der Raum bereits durch zwei parallel verlaufende Verkehrsbänder (Bocholter und L 602 nördlich und südlich von Dingden sowie Bocholter und B 473 südlich von Hamminkeln) belastet, sodass sich dieser Bereich am ehesten anbietet.