Wesel. Die Initiative Foodsharing Wesel und Hamminkeln hat den Ehrenamtspreis bekommen. In drei Jahren hat sie 400 Tonnen Lebensmittel gerettet.
Seit etwas mehr als drei Jahren kämpft die Initiative Foodsharing Wesel und Hamminkeln gegen Lebensmittelverschwendung. Als Botschafter sind Monika Hülser und ihr Mann Markus Hülser-Kusch die Gesichter dieses Foodsharing-Bezirks und hinter ihnen stehen noch weitere Ehrenamtliche – derzeit sind es rund 65 aktive Foodsaver –, die regelmäßig bei 46 Betrieben Nahrungsmittel, die sonst im Müll gelandet werden, retten und kostenlos verteilen. Dafür gab es nun den Ehrenamtspreis der Stadt Wesel.
400 Tonnen gerettete Lebensmittel in drei Jahren
„Es fühlte sich schon ein bisschen komisch an“, berichtet Monika Hülser von der Preisverleihung, bei der die Lebensmittelretter neben neun weiteren Einzelpersonen und Initiativen ausgezeichnet wurden. Schließlich ist der Foodsharing-Bezirk Wesel und Hamminkeln noch relativ jung. Allerdings hat er bereits eine beachtliche Bilanz vorzuweisen: Seit September 2020 verzeichnet man hier rund 17.000 Rettungseinsätze, bei denen insgesamt rund 400 Tonnen Lebensmittel gerettet worden sind.
In einer Facebook- und mehreren Whatsapp-Gruppen sind die Foodsaver vernetzt, für die Rettungen bei Supermärkten und Discountern gibt es Zeitfenster, für die sich die Lebensmittelretter online eintragen können. Dabei gilt das Prinzip „Tafel first“, die Lebensmittelretter kommen also erst nach den Tafeln, um nichts wegzunehmen, das dort gebraucht werden könnte.
Lebensmittel werden kostenlos vor der Tür verteilt
Für die einzelnen Foodsaver heißt es dann: Wer Lebensmittel rettet, ist auch für deren Verteilung verantwortlich. „Der größte Teil der Foodsaver verteilt vor der eigenen Haustür“, erklärt Markus Hülser-Kusch dazu. Das gilt auch für ihn und seine Frau. Sie stellen die geretteten Lebensmittel unter ihrem Carport bereit, der direkt an der Straße liegt. Wer will, kann sich bedienen oder auch etwas dazustellen, was übrig ist. Das sei in der Nachbarschaft mittlerweile ebenso gelebte Praxis, berichten die beiden. Mehrere Kisten stehen hier bereit, sind je nach Rettung mal mehr, mal weniger üppig befüllt. Ein großer Anteil der geretteten Lebensmittel sind Obst und Gemüse, auch Backwaren bleiben in den Betrieben oft übrig.
Allerdings kann grundsätzlich fast jedes Lebensmittel gerettet und verteilt werden – je nachdem, was in den Betrieben, zu denen auch drei Tafeln und die Kantine des evangelischen Krankenhauses zählen, übrigbleibt. Wichtig ist allerdings: Auch die Foodsaver müssen sich an die Regeln halten, die für die Lebensmittel-Industrie gelten. Bei Fleisch zum Beispiel darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden und es darf nach dem Verbrauchsdatum nicht mehr abgegeben werden.
Als die NRZ zu Besuch ist, finden sich in den Kisten unter dem Carport der Hülsers mehrere Tütchen mit Tandoori-Gewürzmischung, Tütchen für Hummersoße sowie Marmelade. Letztere dürfte schnell vergriffen sein, prognostizieren die Lebensmittelretter, doch auch die eher exotischen Tütchen werden Abnehmer finden. Denn wer regelmäßig gerettete Lebensmittel verarbeitet, muss zwangsläufig in der Küche kreativ werden.
Lebensmittelretter sind kreativ in der Küche
„Foodsaver kommen auf die verrücktesten Ideen“, erklärt Markus Hülser-Kusch und berichtet von Bananenketchup, Pilzsalz oder sauer eingelegten Radieschen. Auch habe fast jeder Foodsaver selbst gemachtes Gemüsebrühe-Pulver im Schrank – selbst gedörrt aus gerettetem Suppengemüse. Schließlich ist die ist die Idee des Foodsharings, die Verschwendung von Lebensmitteln zu verhindern.
Daher hat sich die Initiative – abgesehen vom eigentlichen Retten der Lebensmittel – auch der Aufklärung über Lebensmittelverschwendung verschrieben. Schließlich, erinnert Markus Hülser-Kusch, werden mehr als 50 Prozent der Lebensmittel, die in Deutschland in der Tonne landen, in Privathaushalten weggeworfen.
VHS-Kurse übers Kochen mit geretteten Lebensmitteln
So geben Mitglieder der Initiative zum Beispiel VHS-Kurse, in denen mit geretteten Lebensmitteln gekocht wird oder in denen Techniken zur Haltbarmachung vermittelt werden. „Foodsaver machen Dinge wie Einkochen, Dörren und Trocknen“, sagt Markus Hülser-Kusch. „Das sind Dinge, die werden heute nicht mehr weitergegeben“, erläutert seine Frau Monika.
Besonders glücklich sind die beiden auch über einen kooperierenden Kindergarten, dessen Leiter selbst Foodsaver ist und das Thema Lebensmittelverschwendung auf die Agenda gesetzt hat. Hier entscheiden die Kinder dann, was sie aus den geretteten Lebensmitteln machen wollen und backen dann zum Beispiel mit den Erziehern ein Bananenbrot. „Der Vorteil ist, dass die Kinder das mit nach Hause tragen“, sagt Markus Hülser-Kusch. „So wird es in der Familie zum Thema.“