Wesel. Nach einem Jahr ziehen die Gründer eine positive Bilanz: Sie haben in 2400 Einsätzen 62 Tonnen noch brauchbare Ware von 30 Geschäften geholt.
Freudestrahlend blickt Markus Hülser-Kusch auf ein Jahr Lebensmittelrettung in Wesel zurück. Im Oktober 2020 hatte er gemeinsam mit seiner Frau Monika Hülser das „Foodsharing“ in Wesel begonnen – nach zwölf Monaten zieht er eine überaus positive Bilanz: „Wir sind sehr gut gewachsen!“ Er untermauert den Erfolg mit einigen beachtlichen Zahlen: „Wir haben mittlerweile 50 aktive Foodsaver und konnten insgesamt in rund 2400 Einsätzen 62 Tonnen Lebensmittel retten. Davon profitierten schon mindestens 2500 bis 3000 Menschen“, so der 37-Jährige Vertriebsingenieur aus Lackhausen.
Er berichtet, dass es im Lauf der ersten zwölf Monate einiges zu optimieren gegeben habe: „Im Juni haben wir unser Gebiet dann aufgeteilt – schließlich beretten wir inzwischen rund 30 Betriebe.“ Jetzt agieren die Foodsaver in den beiden Bezirken Wesel und Hamminkeln. „Wir versuchen ja auch, das ganze ökologisch sinnvoll zu gestalten – da sind weite Fahrwege, eventuell sogar mit dem Auto, nicht so sinnvoll“, erklärt Hülser-Kusch.
Ein Retter ist mit dem Lastenfahrrad unterwegs
Einer der Retter in Wesel sei fast ausschließlich mit einem Lastenfahrrad unterwegs, doch wenn ein Geschäft bei einer „Großrettung“ 20 Kisten auf einmal abzugeben habe, komme man mit dem Fahrrad logischerweise an Grenzen.
Der Initiator schildert, dass sich der Kreis der Betriebe, die bereit sind, ihre Ware zum Weiterverschenken abzugeben, erfreulich ausgeweitet habe. „Wir haben mittlerweile alles dabei – vom großen Discounter bis zum kleinen Tante-Emma-Laden.“ Und sogar die Weseler Tafel melde sich bei ihm, wenn deren Kunden brauchbare Nahrung übrig lassen.
Das Ziel der Lebensmittelretter sei klar: Es soll möglichst nichts in der Mülltonne landen. Ganz zu 100 Prozent sei dies zwar nicht möglich, aber fast, versichert Markus Hülser-Kusch. Nach seinen Angaben wurden nur rund fünf Prozent der noch genießbaren Waren nicht verspeist – diese Reste werden dann (in einer zweiten Sortierung) zum allergrößten Teil an Tierhöfe weitergegeben und dort verfüttert. Letztlich im Müll lande nur etwa ein Prozent, rechnet der 37-Jährige vor.
Rezept-Austausch-Gruppe gebildet
Er berichtet von spannenden Entwicklungen, die sich aus dem Foodsharing im Laufe des ersten Jahres ergeben hätten: „Viele Leute probieren einfach mal neue Gerichte aus, weil sie auf einmal irgendwelche Lebensmittel bekommen, mit denen sie vorher noch nie Kontakt hatten“, schildert der 37-Jährige und nennt Beispiele: „Plötzlich stehen sie da mit Meerrettich oder Radieschen, kennen aber kein Rezept dafür.“
Von einem Bauernhof aus der Region hätten die Foodsaver einmal gleich 50 Kisten Spargel bekommen. Die Folge waren intensive Diskussionen unter den Rettern über Spargelgerichte. „Mittlerweile haben wir eine Rezepte-Austausch-Gruppe“, sagt Hülser-Kusch und bestätigt, dass sich bei den meisten Helfern durch das Lebensmittel-Retten der „kulinarische Horizont“ deutlich erweitert habe.
Weiter Wunsch nach zentralem Raum
Der Vertriebsingenieur hat mit seiner Frau Monika, die Lehrerin ist, zu Beginn des Foodsharings sehr viel Zeit für die Organisation aufgebracht, aktuell schätzt er die Zeit immer noch auf 20 bis 25 Stunden für beide zusammen. Doch das Ehepaar ist überzeugt von dem, was es tut, hat es sich doch schon immer für Nachhaltigkeit stark gemacht.
Weiterhin wünschen sich die beiden aber einen zentralen Raum in der Weseler Innenstadt, wo die geretteten Lebensmittel an Jedermann verschenkt werden könnten. Das würde die Rettungsaktion noch weiter optimieren.