Wesel/Hünxe/Schermbeck/Hamminkeln. An den Flüssen stehen Wiesen und Wege unter Wasser. Schermbecker Feuerwehr sichert Jugendfreizeitstätte in Gahlen. Straßen wurden gesperrt.
Die Flusspegel sind über die Weihnachtstage auch in Wesel und Umgebung drastisch gestiegen. Der Rheinpegel erreicht die Hochwassermarke 1 und liegt am Vormittag des zweiten Weihnachtstages bei 9,22 Metern. Laut Prognosen der Hochwasserschutzzentrale Rheinland-Pfalz vom Dienstag wird der Höchststand in Wesel am Mittwochabend gegen 20 Uhr mit 9,57 Metern erwartet, bevor der Wasserstand anschließend langsam wieder sinkt. An der Weseler Rheinpromenade herrschte am Dienstagmittag Hochbetrieb. „Hochwassertouristen“ bestaunten und fotografierten den übervollen Rhein.
Seit Dienstag um 11.20 Uhr war der Löschzug Gahlen der Feuerwehr Schermbeck an der Jugendfreizeitstätte in Gahlen im Einsatz. Dort wurde Wasser, welches aus dem Boden in ein Haus gelangt war, abgepumpt. Die Einsatzkräfte, die nicht mit dem Pumpen beschäftigt waren, befüllten am Bauhof der Gemeinde Schermbeck Sandsäcke, um so die Jugendfreizeitstätte zu sichern.
Laut Lippeverband keine Gefahr
Auch an der Lippe werden die hohen Wasserstände beobachtet, teilt der Lippeverband mit. Der Lippepegel erreicht am Dienstagvormittag in Schermbeck einen Stand von über 6,30 Meter. Zum Vergleich: Am Mittwoch, 20. Dezember, lag er noch bei 3,60 Metern. In Krudenburg steigt der Wasserstand am Dienstagvormittag auf 5,68 Metern, am Messpunkt Fusternberg sind es 6,55 Meter. Laut Lippeverband besteht aktuell an keiner Stelle eine Gefahr für die Bevölkerung, heißt es am Dienstagmittag.
Erneut ein Opfer des Starkregens ist der Reitverein Wodan Damm geworden. Einen Tag vor Weihnachten wurde die Lage so brenzlich, dass der Verein entschied, die Pferde zu evakuieren und Stroh, Heut und Futter ins Trockene zu bringen. Auf Facebook bedankte sich der Verein bei den vielen Helfern, die mitanpackten.
Bewohner der Alten Fährstraße in Schermbeck sind in Sorge
Aus der beschaulichen kleinen Lippe ist in den letzten Tagen eine große Seenlandschaft geworden. Wiesen und Felder sind nicht mehr zu erkennen, an vielen Stellen ragen nur noch Spitzen von Sträuchern aus dem Wasser. Am Morgen des zweiten Weihnachtstages ist sie auf 6,40 Meter (zum Vergleich 1,80 Meter normal) angestiegen. Während sich viele Hochwassertouristen das Schauspiel anschauen, schläft Familie Jansen, die am Ende der „Alte Fährstraße“ wohnt, seit mindestens drei Tagen überhaupt nicht mehr gut.
Die Erinnerungen an das Hochwasser am 4. Januar 2003 kommen unwillkürlich wieder hoch. Den Deich hinter dem Haus haben sie damals befestigen lassen, sodass sie dort einigermaßen sicher sind. Aber auf der anderen Seite verläuft die „Alte Fährstraße“ und von dort kommt das Wasser immer näher. „40 Zentimeter haben wir noch“, heißt es aus der Familie. Zittern heißt es bereits jetzt für die Anwohner am Anfang der „Alte Fährstraße“. „Das Wasser hat unsere Grundstücksgrenze erreicht“, berichten die Bewohner.
Sehr glücklich sind alle darüber, dass die Unternehmen Besten aus Schermbeck und Speidel aus Gahlen am ersten Weihnachtstag spontan das weihnachtliche Heim verlassen und geholfen haben, Sand entlang der Straße aufzuschütten. Traurig sind die Feldbahnfreunde in Gahlen, denn das neue 500 Meter gelegte Gleisbett entlang der Lippe ist seit gestern komplett im Wasser verschwunden. Der Campingplatz Vengels in Gahlen hatte ebenfalls mit Hochwasser zu kämpfen. Ein Bach der von der Lippe gespeist wird, hatte sich ordentlich verbreitert, sodass der Besitzer am Morgen einen Sandwall aufgeschüttet hat und Wasser abpumpte.
In Hünxe werden Sandsäcke gegen das Lippe-Hochwasser gefüllt
Sorgen bereitet dem Deichverband Bislich-Landesgrenze auch der steigende Grundwasserspiegel: „Das seit sechs Wochen parallel ablaufende Rhein-Hochwasser drückt spürbar in den Grundwasserkörper und verändert die Grundwasserfließrichtung“, teilt der Verband mit. Ehrenamtliche und hauptamtliche Beschäftigte beobachten die Lage an den Deichen und im Hinterland, die Schöpfwerke sind in Betrieb, um überschüssiges Oberflächenwasser in den Rhein abzuführen, heißt es.
Wiesen und Wege entlang der Flussufer an Rhein, Issel und Lippe sind überschwemmt. Mitarbeiter des Hünxer Bauhofes und Einsatzkräfte der Feuerwehr füllen am Dienstag Sandsäcke, um für den Ernstfall gerüstet zu sein. Sie sind bereits an verschiedenen Stellen im Gemeindegebiet im Einsatz, teilt die Feuerwehr mit. In Krudenburg sind einige Häuser vom Lippe-Hochwasser betroffen.
Aufgrund der nassen Böden sind nicht nur Bereiche an den Flüssen betroffen: In Hünxe ist die Wilhelmstraße zwischen der Bergerstraße und dem Hohen Wardtweg wegen Überflutung gesperrt, teilt die Feuerwehrleitstelle am Dienstagmorgen mit. In Hamminkeln-Mehrhoog ist Wasser durch den Starkregen in mehrere Keller eingedrungen. (rme/auf/geg)