Wesel. Geschäftsführer Jürgen Orts verlässt das Diakonische Werk des Kirchenkreises Wesel zum Jahresende. Es gibt eine Nachfolgerin.
Nach ziemlich genau 32 Jahren als Geschäftsführer verlässt Jürgen Orts zum Jahresende das Diakonische Werk des Kirchenkreises Wesel. Ein überraschender Schritt, bedenkt man, dass Orts mit seinen 63 Jahren nicht mehr allzu weit von der Rente entfernt ist. Die Entscheidung zur Kündigung habe er aus persönlichen Gründen getroffen, erläutert der scheidende Diakonie-Chef, eine neue Stelle hat er noch nicht: „Ich lass‘ mich überraschen.“ Als seine Nachfolgerin übernimmt nun Kerstin Hohagen die Geschäftsführung.
Und das tut die 37-Jährige „mit respektvoller Vorfreude“, wie sie sagt: „Nach 30 Jahren Geschäftsführung ist so ein Diakonisches Werk stark geprägt.“ In den vergangenen zwei Jahren war sie bereits Orts Stellvertreterin, war zuständig für die Abteilung Kinder und Familie und hat sich mit ihm die Geschäftsführung geteilt. Ganz neu im Geschäft ist sie also nicht. Ursprünglich war Hohagen Sozialarbeiterin, hat ihren Master in Sucht-Therapie gemacht und bis zu ihrem Stellenantritt in Wesel (im Oktober 2021) auch in diesem Bereich gearbeitet.
Auszug aus dem Lutherhaus steht nun doch an
Als eine der größeren bevorstehenden Aufgaben identifiziert sie die organisatorische Neuausrichtung des Diakonischen Werkes. Zwar sollen die Arbeitsbereiche, die ihr Vorgänger in den vergangenen 30 Jahren aufgebaut und ausgebaut hat, die gleichen bleiben, aber „wir werden dann nicht mehr alle unter einem Dach sitzen.“ Denn was bereits mehrfach angekündigt, jedoch bislang nie vollzogen worden war, ist die Aufgabe des Lutherhauses. Der Komplex an der Korbmacherstraße gehört der evangelischen Kirchengemeinde und beherbergt deren Büros, Büros des Kirchenkreises und eben das Diakonische Werk, dessen Beratungsstellen im Erdgeschoss liegen. Bald nun also nicht mehr, der Umzug steht fest, nur wohin es geht, ist noch nicht ganz klar. „Es gibt Optionen, aber keine Verträge“, bleibt Hohagen vage, nur so viel: Man will weiterhin in Wesel bleiben. Die Zukunft des Lutherhauses ist weiterhin ungewiss.
Mit dem Weseler Diakonischen Werk übernimmt Hohagen ein sehr großes. Als ihr Vorgänger Orts Anfang der 1990er-Jahre hier anfing, arbeiteten insgesamt fünf Personen in den Arbeitsbereichen Familien-Bildungsstätte, Betreuungsverein und Seniorenerholungen. Ende 2023 sind es nun 130 Beschäftigte, die in wesentlich mehr Bereichen aktiv sind. Mit all seinen Angeboten hat das Diakonische Werk im Vorjahr (2022) mehr als 11.000 Menschen erreicht.
Diakonisches Werk hat sich in 32 Jahren weiterentwickelt
Unter Orts‘ Leitung kam 1994 als erstes die Schuldner- und 1999 die Insolvenzberatung dazu. Außerdem die Ehe-, Familien- und Lebensberatung, die Fachberatung für Kindertageseinrichtungen sowie die Schwangerschaftskonfliktberatung. Ebenfalls im Laufe der Zeit dazu kamen die Flüchtlingsberatung, ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und Suchterkrankungen sowie – neu seit Oktober 2023 – eine spezialisierte Beratung gegen sexuelle Gewalt bei Kindern und Jugendlichen.
Rund 80 der 130 Beschäftigten sind an Schulen im Einsatz. Schon in den 90ern hatte das Diakonische Werk Hausaufgaben-Betreuung an Schulen angeboten, in den frühen 2000ern kamen die ersten Offenen Ganztags-Angebote an zwei Schulen dazu, mittlerweile bietet das Diakonische Werk den Offenen Ganztag an sechs Schulen in drei Kommunen (neben Wesel auch Hamminkeln und Schermbeck) an sowie Schulsozialarbeit an zwei Schulen und mehr als 20 FSJ-Stellen (von denen aber nicht alle besetzt sind).
Dass sich das Angebot derart ausgeweitet hat, schreibt Superintendent Thomas Brödenfeld vor allem Jürgen Orts als Person zu. Er sei „jemand, der vier Ideen im Kopf hat und die fünfte wabert schon irgendwo.“ Das Diakonische Werk verliere mit ihm „eine Gallionsfigur, einen Charakterkopf“. In seine Nachfolgerin habe er aber ebenfalls „volles Zutrauen.“ Allen Dreien ist bewusst, dass es vor allem die sozial-karitativen Angebote sind, die die Bindung zwischen der Kirche und den Menschen aufrechterhält. Die Geschäftsführung des Diakonischen Werkes ist also eine besonders verantwortungsvolle Position. Seiner Nachfolgerin rät Orts: „Offenbleiben für alles, ein offenes Ohr für Kolleginnen und Kollegen haben und Durchsetzungsvermögen in alle Richtungen.“