Wesel. Die Evangelische Kirchengemeinde sucht einen Investor für das Gebäudeensemble an der Korbmacherstraße. Doch der Erwerb ist an Vorgaben geknüpft.
Die Überlegung, sich vom sanierungsbedürftigen neuen Lutherhaus zu trennen, gibt es schon seit zwei Jahren. Doch nun haben die Verantwortlichen der Evangelischen Kirchengemeinde und des Kirchenkreises neu nachgedacht und sind zu dem Entschluss gekommen, für das gesamte Gebäudeensemble – also das historische und das neue Lutherhaus sowie für die benachbarte Kita – im Rahmen eines Wettbewerbs einen Investor zu suchen. Allerdings unter ganz bestimmten Bedingungen.
Die 1729 errichtete ehemalige Kirche soll erhalten bleiben und das Familienzentrum wird weiterhin in Trägerschaft der Evangelischen Kirche bleiben, so dass der Betrieb dort unverändert weiterlaufen kann.
Weiternutzung überfordert die Gemeinde finanziell
Die Weiternutzung des historischen Lutherhauses würde die finanziellen Kräfte der Kirchengemeinde überfordern, erklärte der Presbyteriumsvorsitzende Pfarrer Christoph Kock in einem Pressegespräch am Freitag. Der Schritt, das Haus nach fast 300 Jahren in Besitz der evangelischen Kirchengemeinde zu verkaufen, falle natürlich nicht leicht, betont Kock.
Das denkmalgeschützte Gebäude, das seit dem Wiederaufbau 1950 keine Kirche mehr ist, werde für kirchliche Anlässe eher selten genutzt. Im gut 400 Quadratmeter großen Erdgeschoss befinden sich Beratungsstellen des Diakonischen Werkes, das gut 500 Quadratmeter große Obergeschoss mit dem historischen Saal dient gelegentlich für Veranstaltungen. „Wir müssen schauen, wofür wir unsere Mittel ausgeben“, erklärt Kock.
Investor muss Kriterien der Evangelischen Kirchengemeinde erfüllen
Gemeinsam mit dem angrenzenden neuen Lutherhaus, in dem auf knapp 1000 Quadratmetern Büros des Kirchenkreises und der Gemeinde untergebracht sind, plus dem Familienzentrum soll es nun in Erbbaurecht an einen Interessenten vergeben werden. Mit dem Projektentwickler Diedrichs aus Wuppertal wurde dafür eine Konzeptvergabe entwickelt. Das bedeutet, dass Bewerber einen Entwurf vorlegen müssen, der zu den von der Kirchengemeinde festgelegten Kriterien passt.
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Ganz oben auf der Liste stehen dabei: Der Erhalt des historischen Lutherhauses, eine Nachnutzung für Zwecke, die „mit den Grundsätzen der Evangelischen Kirche vereinbar sind“ und der Verbleib des Familienzentrums in Trägerschaft der Kirchengemeinde.
Das könnten, so Kock zur Nachnutzung, zum Beispiel soziale oder kulturelle Zwecke sein. Welcher Bewerber den Zuschlag am Ende bekommt, richte sich nicht nach der Höhe der gezahlten Summe, sondern nach den Perspektiven für das Gebäude und der Erfüllung der festgelegten Kriterien. Lediglich beim neuen Lutherhaus läge es am Investor, ob er es abreißt und neu baut – etwa als Wohnhaus – oder saniert.
Gemeindeversammlung am 8. Oktober
Die Situation sei ähnlich wie die der katholischen Kirche in Flüren, erklärte Superintendent Thomas Brödenfeld mit Blick auf die dortigen Umbau- und Neubaupläne. „Das sind Entscheidungen, die viele Kirchengemeinden in Zukunft treffen müssen.“ Das historische Lutherhaus bindet Finanzmittel, die woanders benötigt werden, sagt Christoph Kock. Denn es gibt dort noch weiteren Sanierungsbedarf: So muss die Dachkuppel für geschätzt 300.000 Euro saniert werden. Die Fassade wurde gerade überarbeitet, das Innere des Hauses vor gut 15 Jahren kernsaniert.
Ab Oktober sollen sich mögliche Investoren bei der Kirchengemeinde mit ihren Idee bewerben können. Für das Diakonische Werk und die Büros des Kirchenkreises wird derzeit einer neuen Bleibe gesucht, berichtet Thomas Brödenfeld. Rund 1300 Quadratmeter Bürofläche werden dafür benötigt.
Die Pläne werden am 8. Oktober, 19 Uhr, im Willibrordidom der Gemeinde bei einer Versammlung erklärt und diskutiert. Eine Anmeldung 0281/156145 ist notwendig.
>> Neuer Kirchenmeister im Amt
Bereits im März hat es in der Evangelischen Kirchengemeinde einen Wechsel gegeben: Reiner Weyer hat das Amt des Kirchenmeisters von Günter Freßmann übernommen und ist nun zuständig für die Finanzen. Er ist seit zehn Jahren bereits in verschiedenen Gremien der Gemeinde aktiv.
Das Gebiet der Finanzen ist dem 61-Jährigen nicht fremd: Er war 40 Jahre lang bei der Sparkasse beschäftigt und lange Zeit in der Hauptstelle in Wesel für das Kreditgeschäft zuständig. Als stellvertretender Vorsitzender des Presbyteriums unterstützt er Pfarrer Christoph Kock im Leitungsteam.