Hamminkeln. Bei einem Infotermin zum Thema ZUE für Flüchtlinge in Dingden gab es hitzige Diskussionen. Was die Teilnehmer und der Bürgermeister sagten.

Die Dingdener Bevölkerung ist aufgerüttelt. Das zeigte sich am Montagabend bei der Informationsveranstaltung zum Thema „ZUE in Dingden?“ im Saal Hoffmann, zu der die Wählergemeinschaft USD eingeladen hatte. So wurde heiß diskutiert, was für und was gegen eine künftige Zentrale Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge (ZUE) in Dingden spricht.

Dabei hatte Bürgermeister Bernd Romanski keinen leichten Stand. USD-Ratsherr Dieter Stiller moderierte souverän die zweistündige Debatte, ohne Partei für Befürworter oder Gegner einer künftigen ZUE zu ergreifen. Aufmerksam verfolgten die Zuhörer im komplett besetzten Saal den Sachverhalt: Die Flüchtlinge werden auf die Kommunen verteilt, die weder Einfluss auf die Anzahl noch auf die Nationalität der zugewiesenen Personen haben. Die Kommunen müssen Lösungen schaffen. Eine davon, so Bürgermeister Bernd Romanski, sei eine ZUE. Diese allerdings müsse Platz für 450 Personen bieten, so die Bezirksregierung.

Platz dafür befände sich nur auf einem städtischen Grundstück, am Ißhorst. Wofür eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wurde, deren Kosten die Bezirksregierung trage. Sollte die Machbarkeit positiv beschieden werden, müsste Planungsrecht geschaffen werden. „Hier kommt die Politik ins Spiel. Ohne einen entsprechenden Ratsbeschluss passiert hier gar nichts. Niemand zwingt uns“, beschwichtigte Romanski einen Zuhörer, der ihm seine Zustimmung für eine Machbarkeitsstudie vorwarf. Dass der Bürgermeister überhaupt eine ZUE ins Spiel gebracht hat, wurde ihm wiederholt vorgeworfen. „Wir müssen alle Alternativen prüfen“, so Romanskis Antwort. Zumal nun Landesministerin Josefine Paul in Aussicht gestellt habe, dass auch ZUE mit nur 300 Personen möglich werden könnten.

Anne Bollmann trägt ihre Stellungnahme vor.
Anne Bollmann trägt ihre Stellungnahme vor. © FUNKE Foto Services | Sabine Stein

Flüchtlinge in Hamminkeln: Argumente für und wider ZUE

Nach der Erstunterbringung von ein bis zwei Tagen in Bochum werden die Flüchtlinge auf eine ZUE im Land verteilt, wo sie im Schnitt drei bis neun Monate verbleiben, in Extremfällen sogar bis zu zwei Jahren. Hier, und das ist Bernd Romanski besonders wichtig, werden sie geordnet erfasst, auch diejenigen, die ausreisepflichtig sind. In der ZUE wird für Verpflegung, Unterbringung, erste Bildungsangebote, medizinische Dienste und Freizeitangebote gesorgt. Dagegen sprechen eine Überfremdung im Ortsteil, Sicherheitsbedenken und damit verbundene Ängste und Sorgen in der Bevölkerung.

Diese Sorgen wurden vielfach im Plenum vorgetragen. Insbesondere Beispiele aus Mehrhoog wurden benannt, Beispiele von Straftaten von Bewohnern der ZUE im Depot Haldern, die aber, laut Polizei, nur in geringer Zahl aktenkundig sind. Diese Information hatte sich Bernd Romanski tagesaktuell bei der Weseler Kreispolizei eingeholt. „Wir dürfen die Bewohner nicht unter Generalverdacht stellen“, mahnte er an.

Was dann folgte, unterstrich die Sorgen der Anwesenden. Eine ehemalige Mitarbeiterin der Bezirksregierung, die von 2016 bis 2018 in der ZUE in Rees beschäftigt war, trug höchst emotional vor, „dass wir angewiesen waren, fernmündlich nicht so oft die Polizei zu rufen.“ Sie wusste von Kriminalität, betitelte die ZUE in Haldern sehr wohl als „Störereinrichtung“.

ZUE-Pläne in Hamminkeln: Kritik an der Art der Unterbringung

„Wir Dingdener wollen keine ZUE mit 450 Personen“, lautete der Tenor der Anwesenden. Auch wenn die Kosten – Kämmerer Robert Graaf sprach von 6,2 Millionen Euro – um eigene Unterkünfte zu bauen, den Haushalt massiv belasten, präferierten die Teilnehmer die Verteilung auf vier Standorte. „Dass kriegen wir hin wie beim ersten Flüchtlingsstrom“, versicherte ein Zuhörer, bereit, sich dann auch als Integrationshelfer zu engagieren. Anne Bollmann, die Am Hövel wohnt und in Dingden aufgewachsen ist, verlas ein dreiseitiges Pamphlet, in dem sie die Sorgen der Bewohner aufzeichnete. „Die Art der Unterbringung überfordert unser Dorfleben.“

Bürgermeister Bernd Romanski (links) und Beigeordneter Robert Graaf standen Rede und Antwort.
Bürgermeister Bernd Romanski (links) und Beigeordneter Robert Graaf standen Rede und Antwort. © FUNKE Foto Services | Sabine Stein

Die Flüchtlinge würden keine Integration erfahren, sondern nur Unterbringung, es mangele im Dorf an Freizeitangeboten und Verkehrsmitteln. „Es geht um die Form der Unterbringung“, so Anne Bollmann, „nicht um die Flüchtlinge“. Würden die Flüchtlinge auf mehrere Standorte verteilt, ließe sich die Last auf vielen Schultern tragen. Auf die letzte Frage mit dem Vorwurf, warum, wenn klar sei, dass die Bürger keine ZUE wollen, man den Prozess nicht abkürze und auf die Machbarkeitsstudie verzichte, gab Bernd Romanski eine klare Antwort: „Das wurde in der Ratssitzung abgelehnt!“

Bernd Romanski macht deutlich: „Es geht um gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir leisten uns in Deutschland Behördenstrukturen weit weg von den Menschen. Die Flüchtlinge landen bei uns in den Kommunen, es fehlt das Gefühl dafür, was das mit uns macht!“ Klar wurde trotz der zeitweise hitzigen Diskussion, dass die Dingdener sich ernsthaft um eine Lösung bemühen und sie sich nicht in eine rechte Ecke gestellt sehen möchten.

So viele Flüchtlinge leben derzeit in Hamminkeln

Aktuell sind 1007 Flüchtlinge in Hamminkeln untergebracht, „wir sind mit 190 noch im Soll“, so Bürgermeister Romanski. So seien in der Gaststätte Kamps in Hamminkeln 50, im Hotel Elmer 70 Plätze möglich. Aber die Flüchtlingsströme reißen nicht ab.